LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4263 18.10.2013 Datum des Originals: 18.10.2013/Ausgegeben: 23.10.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1639 vom 20. August 2013 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/4059 Uneinheitliche Praxis in NRW bei ausufernden Krankheitskosten für Asylbewerber? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1639 mit Schreiben vom 18. Oktober 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Aachener Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 15. August 2013 über steigende Krankheitskosten für Asylbewerber in den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen. Am Beispiel der Gemeinde Simmerath wird deutlich gemacht, mit welchen Belastungen diese Kommune durch die Krankheitskosten für Asylbewerber belastet wird. Allerdings wird auch darüber berichtet, dass die Gemeinde Simmerath Entlastungen bei den Krankheitskosten durch das Land zu erwarten hätte. Die Gemeinde habe an das Land einen Zuwendungsantrag an das Land gestellt, um an den Sonderbedarfszuweisungen nach dem GFG für außergewöhnliche Belastungen für Kommunen zu stellen. Gesetzlich geregelt sind die Sonderbedarfszuweisungen in § 19 GFG. Demnach erhalten Kommunen „Zuweisungen zur Milderung von Härten, die sich aus der Durchführung des Finanzausgleichs ergeben, oder zur Überwindung außergewöhnlicher oder unvorhersehbarer finanzieller Belastungssituationen“. Dafür stellte das Land 5.774.400 Euro aus der Verbundmasse bereit. Über dieses Instrument haben vereinzelt einige Kommunen in der Vergangenheit Zahlungen für Krankheitskosten für Asylbewerber erhalten. Auch der Städte- und Gemeindebund, so der Bericht der Aachener Zeitung, erteilte die Auskunft, dass Kommunen nun die Möglichkeit hätten, Zuweisungen zu erhalten, um von den Krankheitskosten entlastet zu werden. Die Landesregierung erklärte in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage – Drs. 16/3616 -, dass neben der pauschalierten Mittelzuweisungen durch das Land ein Härtefall-ausgleich nicht LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4263 2 zweckmäßig sei. Auch die Aachener Zeitung berichtet darüber, dass aus Kommunen Anträge eingingen, das Ministerium daraufhin Zuweisungsvoraussetzungen festlegte und nun die Mittel für Belastungen aufgrund von Krankheitskosten für Asylbewerber nicht mehr zur Verfügung stünden. Das Problem der Kostenpauschale bleibt dann aber bestehen, dass die einzelnen Kommunen das enorme Risiko von erheblichen und nicht voraussehbaren Kosten hätte. Ambulante sowie stationäre Behandlungskosten für Asylbewerber können dazu führen, dass Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen massiv belastet werden. Insbesondere außergewöhnliche und exorbitante Krankenkosten sind von den Kommunen kaum zu verkraften, gerade auch, weil die Kommunen die Kosten nicht beeinflussen können. 1. Welche Kommunen haben in welcher Höhe Sonderbedarfszuweisungen nach dem GFG für außergewöhnliche Belastungen durch Krankheitskosten für Asylbewerber erhalten? Keine, allerdings wurde eine Sonderbedarfszuweisung im Zusammenhang mit außergewöhnlichen Belastungen durch Krankheitskosten eines "geduldeten Ausländers" gewährt. 2. Wie garantiert die Landesregierung eine einheitliche Anwendung der Härtefallregelung des § 19 Absatz 2 Nr. 5 GFG? Die Bewilligung von Sonderbedarfszuweisungen erfolgt nach Beurteilung des Einzelfalls durch das Finanzministerium und das Ministerium für Inneres und Kommunales. Einheitliche Beurteilungsmaßstäbe sind damit sichergestellt. 3. Für welche Kommunen leistete das Land aufgrund welcher außergewöhnlichen Belastungen in den Gemeindefinanzierungsgesetzes seit dem Jahr 2011 Sonderzuweisungen nach § 19 Absatz 2 Nr. 5 des jeweiligen Gemeindefinanzierungsgesetzes? Folgende Städte erhielten Sonderbedarfszuweisungen gemäß § 19 Absatz 2 Nr. 5 GFG aufgrund außergewöhnlicher Belastungssituationen: - Stadt Kamen Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Erdfall - Stadt Lohmar Brandfolgekosten an einer Grundschule - Stadt Lüdinghausen Krankheitskosten eines geduldeten Ausländers Darüber hinaus erhielten die Städte Barntrup, Borgentreich, Lügde und Oerlinghausen sowie die Gemeinden Kalletal und Stemwede Zuweisungen zur Milderung von Härten, die sich aus der Durchführung des Finanzausgleichs ergaben. 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit, Härtegründe nach § 19 des jeweiligen GFG für ungewöhnlich hohe Krankenkosten für Asylbewerber in Einzelfällen geltend zu machen? Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts soll durch eine Härtefallregelung, als welche auch § 19 GFG zählt, gewährleistet werden, dass in Ausnahmefällen, die wegen ihrer atypischen Ausgestaltung nicht im Einzelnen vorhersehbar sind und sich deshalb nicht mit LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4263 3 den abstrakten Merkmalen der Gesetzessprache erfassen lassen, ein Ergebnis erzielt wird, das dem Normergebnis in seiner grundsätzlichen Zielrichtung gleichwertig ist (vgl. BVerwGE 90, 202, 206). Ähnlich definiert auch das Bundesverfassungsgericht den Begriff der Härte, wenn es bei der Notwendigkeit von gesetzlichen Härtefallregelungen bestimmte Sonderbedarfe nur dann anerkennt, wenn sie nicht in ähnlicher Höhe andernorts gegeben sind, sondern nur einzelne Kommunen betreffen und nicht schon durch die Ausgestaltung des Finanzausgleichs durch abstrakte Bedarfsindikatoren abgedeckt sind (vgl. sinngemäß BVerfG, Urt. v. 19.10.2006 - 2 BvF 3/03-, NVwZ 2007, 67,70 zum Länderfinanzausgleich). Aufgrund der Anzahl von Anträgen und Anfragen im Zusammenhang mit Belastungen durch Krankheitskosten für Asylbewerber kann hierin ein Ausnahmefall im Sinne der dargelegten Voraussetzungen nicht mehr gesehen werden. 5. Vor dem Hintergrund steigender Asylbewerberzahlen, wie bewertet die Landesregierung das haushalterische Risiko für Kommunen in NRW durch Krankheitskosten für Asylbewerber? Eine solche Einschätzung ist der Landesregierung nicht möglich.