LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/427 26.07.2012 Datum des Originals: 19.07.2012/Ausgegeben: 31.07.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 52 vom 12. Juni 2012 der Abgeordneten Josef Wirtz und Rolf Seel CDU Drucksache 16/91 Lärmbelästigung am Tagebau Inden Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 52 mit Schreiben vom 19. Juli 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die aktuellen Belästigungen durch Lärm am Tagebau Inden bereiten zahlreichen Anrainern große Sorgen. Die betroffenen Menschen klagen über extremen Lärm, der ihnen Nacht für Nacht den Schlaf raubt. Insbesondere wenn sich die Bagger der Wohnbebauung nähern, ist der Lärm unerträglich. Bekanntermaßen befindet sich die Seitenböschung des Tagebaus nur ca. 100 Meter von der Wohnbebauung entfernt. Nachts ist das Schürfen und Malmen von Steinen unüberhörbar. Es ist sehr deutlich wahrnehmbar, dass die Bodenbeschaffenheit der Ruraue eine andere ist, als beim Abbau von reinen Löß- oder Lehmschichten. Momentan ist der Indener Ortsteil Schophoven massiv betroffen. Demnächst gilt Gleiches für den Dürener Stadtteil Merken, sowie für die Indener Ortschaft Lucherberg. 1. Teilt die Landesregierung die Sorgen der betroffenen Bevölkerung? 2. Wie beurteilt die Landesregierung die gesundheitlichen Auswirkungen der Lärmbelastung? Die Landesregierung nimmt selbstverständlich die Sorgen der von den Auswirkungen der Tagebaubetriebe betroffenen Bevölkerung ernst. Die Geräusch-Immissionssituation im Bereich der Tagebaue wird von der Bergaufsicht überwacht und ggf. notwendige LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/427 2 Maßnahmen zur Sicherstellung eines dem Stand der Technik entsprechenden Immissionsschutzes werden veranlasst. Der Tagebau Inden ist ein nach Bundesberggesetz zugelassener Betrieb, der auch die in Betriebsplanzulassungen getroffenen Maßgaben zum Immissionsschutz einzuhalten hat. Immissionsschutzrechtlich handelt es sich bei einem Tagebau um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage. Gemäß § 22 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImschG) sind solche Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Zwar sind damit u. a. Tagebaue vom Anwendungsbereich der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26.08.1998 (GMBl S. 503) ausgenommen. Dennoch wird in den Richtlinien der Bezirksregierung Arnsberg zum Schutz der Nachbarschaft und der Allgemeinheit vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Immissionen aus Tagebauen vom 18. September 2003 auf diese Verwaltungsvorschrift verwiesen. Sie wird daher bei der Festlegung von Immissionswerten in Betriebsplanzulassungen von Tagebauen berücksichtigt. Geräusche, die der Mensch als störend empfindet oder die zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen, werden als Lärm bezeichnet. Grundsätzlich kann Lärm, insbesondere bei großer oder lang dauernder intensiver Ausprägung, zu Belästigungen, Schlafstörungen, Beeinträchtigungen der kognitiven Leistung und körperlichen Stressreaktionen einschließlich Blutdruckanstieg und Gehörschäden führen. Die Beurteilungspegel der Schallimmissionsprognose des Hauptbetriebsplanes des Tagebaus Inden lehnen sich an die Richtwerte der TA-Lärm für Mischgebiete sowie an die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm an. Diese Richtwerte dienen auch dem Gesundheitsschutz. Bei Einhaltung dieser Werte ist nicht von Gesundheitsgefährdungen durch Lärm aus dem Betrieb des Tagebaus auszugehen. Die RWE Power AG lässt die Geräuschbelastung bzw. die Einhaltung von genehmigten Immissionswerten im Umfeld der Tagebaue durch ein unabhängiges Messinstitut nach den Vorgaben der Bezirksregierung Arnsberg, Abt. Bergbau und Energie in Nordrhein Westfalen, regelmäßig überwachen. Die Bergbehörde führt hierzu nochmals eigene Kontrollmessungen durch. Die im Jahr 2011 durchgeführte stichprobenartige Kontrollmessung im Bereich des Ortsteils Schophoven, an der Viehövener Str. ermittelte einen äquivalenten Dauerschallpegel (Leq) von 48,1 dB(A) und einen Beurteilungspegel von 45,1 dB(A). Die Schallprognose im Hauptbetriebsplan des Tagebaus Inden geht von einem nächtlichen Beurteilungspegel von 48 dB(A) aus. Die zulässigen Geräuschpegel wurden eingehalten. Mit Hinweis auf die in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage angeführten zahlreichen Klagen über extremen Lärm ist festzuhalten, dass Beschwerden der Bevölkerung im Umfeld des Tagebaus Inden zuletzt 2009 aus dem Bereich Inden-Altdorf an die Bergbehörde gerichtet worden sind. Eine Beschwerde gab es aus dem Ortsteil Schophoven im Jahre 2010. Nach verschiedenen Maßnahmen zum Immissionsschutz im Tagebau Inden gab es gegenüber der Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde seit 2010 aus dem gesamten Umfeld des Tagebaus Inden keine Beschwerden über Lärm. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/427 3 3. Welche Maßnahmen strebt die Landesregierung grundsätzlich zur Verbesserung der Situation an? Zur Überwachung der einzuhaltenden Immissionswerte werden weiterhin entsprechend den rechtlichen Vorgaben Geräuschmessungen durch die RWE Power AG und die Bergbehörde durchgeführt. Die umfangreichen vorliegenden und ausgewerteten Messungen zeigen jedoch, dass die vom Unternehmen getroffenen Vorkehrungen zur Minderung von Lärmimmissionen derzeit ausreichen, um die Vorgaben zum Immissionsschutz einzuhalten. In Einzelfällen können Maßnahmen zur Minderung der Geräuschimmissionen erforderlich sein, obwohl die Immissionswerte eingehalten werden. Sofern das Unternehmen diese Maßnahmen nicht bereits selbst umsetzt, können dazu behördlicherseits Anordnungen nach dem Grundsatz des verhältnismäßigen Verwaltungshandelns getroffen werden. 4. Ist die Landesregierung bereit, die Rücknahme der Abbaukante an der Wohnbebauung um weitere 100 Meter von RWE-Power einzufordern? 5. Welche rechtlichen und politischen Möglichkeiten können ausgeschöpft werden, um den Bergbautreibenden zur Umsetzung der geforderten Maßnahmen zu bewegen? Die Abbauführung des Tagebaus Inden erfolgt im Einklang mit den diesbezüglichen Vorgaben des Braunkohlenplans Inden II. Im Rahmen- wie im Hauptbetriebsplanverfahren hat die RWE Power AG durch Prognosen den Nachweis erbracht, dass bei der Bekämpfung von Lärmimmissionen der Stand der Technik eingehalten wird. Derzeit ergibt sich aus der Immissionssituation am Rande des Tagebaus Inden kein Anlass zur Forderung nach weiteren Immissionsschutzmaßnahmen. Für eine an die RWE Power AG zu richtende Forderung, die Abbaukante um weitere 100 Meter zurückzunehmen, besteht daher keine rechtliche Grundlage.