LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/434 26.07.2012 Datum des Originals: 25.07.2012/Ausgegeben: 31.07.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 73 vom 20. Juni 2012 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/113 Einsatzreaktionszeiten bei der Polizei Nordrhein-Westfalen Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 73 mit Schreiben vom 25. Juli 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 15.1.2012 wurde in der JVA Münster ein Häftling leblos in seiner Zelle aufgefunden. Weil die JVA-Beamten daraufhin einen Notarzt alarmierten, erfolgte auf Seiten der Polizei keine Priorisierung des Einsatzes. Aus dem Bericht an den Justizbeirat geht hervor, dass die Polizei nach Eingang der Information um 08.04 Uhr erst um 08.27 Uhr an der JVA Münster eintraf. Für die Kreispolizeibehörde Münster nannte der Polizeipräsident der Stadt Münster in seinem Schreiben vom 16.02.2012 folgende Kennzahlen für das Jahr 2011: „Die Einsatzreaktionszeit aller außenveranlasster Einsätze im täglichen Dienst lag bei dem Wert 13,14. Alle Einsätze der Herkunft Notruf 110 haben einen Wert von 14,05. Die Einsatzreaktionszeit aller Einsätze mit Tätern am Ort hat einen Wert von 5,32. Bei den als Verkehrsunfall mit Personenschaden gemeldeten Einsätzen wurde ein Wert von 8,29 erreicht.“ Diese wesentlichen Kennzahlen für die Stadt Münster im Jahr 2011 sind nach Aussage des Polizeipräsidenten im Landesvergleich positive Ergebnisse. Diese Angabe des Polizeipräsidenten überrascht, da eine durchschnittliche Einsatzreaktionszeit von fast einer viertel Stunde im Vergleich zur Einsatzreaktionszeit der Feuerwehr sehr lang ist. Die Feuerwehr weist nach dem Eilentscheid des OVG Münster eine Einsatzreaktionszeit im innerstädtischen Bereich von bis zu acht Minuten und in ländlichen Gebieten von bis zu zwölf Minuten auf (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 05.07.2011 – 13 B 452/01). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/434 2 Vorbemerkung der Landesregierung: Die Polizei in Nordrhein-Westfalen bewältigt jährlich ca. vier Millionen Einsätze. Diese Einsätze werden überwiegend aus dem in der Fläche präsenten Streifendienst wahrgenommen. Ein Ziel dabei ist es, dass insbesondere bei Notrufen eine schnelle Reaktion der Polizei erfolgt. Zu berücksichtigen gilt hierbei jedoch auch, dass das Einsatzaufkommen bestimmten örtlichen und zeitlichen Schwankungen unterliegt. Die Einsatzreaktionszeit bildet den Durchschnitt aller außen veranlasster Einsätze. Darin enthalten sind auch Einsätze, für deren Wahrnehmung nicht immer höchste Eile geboten ist (z.B. Verkehrsbehinderungen). Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass bei einer gleichzeitigen Häufung von Einsatzanlässen und einer damit verbundenen Auslastung von Funkstreifenwagenbesatzungen eine Priorisierung der Einsatzwahrnehmung erfolgen muss. Die polizeiliche Präsenz in Problembereichen (Brennpunkte und Angsträume) durch erkennbar ansprechbare Polizeibeamtinnen und -beamte muss zielgerichtet und unabhängig von der Wahrnehmung von Notrufeinsätzen organisiert werden. Eine Reduzierung alleine auf die Einsatzreaktionszeiten würde eine unzulässige Verengung der Ziele und Erfolge polizeilicher Arbeit darstellen. 1. Wie hoch ist die durchschnittliche Einsatzreaktionszeit der Polizei bei außenveranlassten Einsätzen im täglichen Dienst in den einzelnen Kreispolizeibehörden? Die durchschnittlichen Einsatzreaktionszeiten der Kreispolizeibehörden (KPB) in NRW bei außenveranlassten Einsätzen umfassten im Jahr 2011 Zeiten von 10:57 Minuten bis 17:50 Minuten; der Landesdurchschnitt lag bei 14:57 Minuten. 2. Wie hoch ist die durchschnittliche Einsatzreaktionszeit der Polizei bei einem Notruf 110 in den einzelnen Kreispolizeibehörden? Die durchschnittlichen Einsatzreaktionszeiten der KPB in NRW bei einem Notruf umfassten im Jahr 2011 Zeiten von 11:33 bis 19:08 Minuten; der Landesdurchschnittswert betrug 15:25 Minuten. 3. Wie hoch ist die durchschnittliche Einsatzreaktionszeit der Polizei bei Einsätzen "Täter am Ort" in den einzelnen Kreispolizeibehörden? Die durchschnittlichen Einsatzreaktionszeiten der KPB in NRW bei Einsätzen "Täter am Ort" umfassten im Jahr 2011 Zeiten von 04:09 bis 08:56 Minuten; der Landesdurchschnittswert betrug 5:45 Minuten. 4. Wie hoch ist die durchschnittliche Einsatzreaktionszeit der Polizei bei einem Verkehrsunfall mit gemeldetem Personenschaden in den einzelnen Kreispolizeibehörden? Die durchschnittlichen Einsatzreaktionszeiten der KPB in NRW bei einem gemeldeten Verkehrsunfall mit Personenschaden umfassten im Jahr 2011 Zeiten von 06:21 bis 13:21 Minuten; der Landesdurchschnittswert betrug 9:29 Minuten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/434 3 5. Hält die Landesregierung es für sachgerecht, dass die Priorisierung eines Polizeieinsatzes unterbleibt, wenn der Anrufer einen Leichenfund meldet und angibt, zur sicheren Feststellung der Todesursache bereits einen Notarzt alarmiert zu haben? Der Fund einer Leiche macht aus verschiedenen Gründen ein unverzügliches Aufsuchen der Örtlichkeit erforderlich. Da es sich immer um einen Tatort im kriminalistischen Sinne handelt, sind Spuren- und Beweissicherungsmaßnahmen zeitgerecht durchzuführen. Von daher werden diese Einsatzanlässe grundsätzlich mit einer hohen Priorität vergeben. Eine bereits erfolgte Alarmierung eines Notarztes hat auf diese Priorisierung keinen Einfluss. Unabhängig von der Notwendigkeit einer zeitgerechten Einsatzwahrnehmung findet jedoch bei jedem Einsatzanlass eine individuelle Lagebeurteilung im Rahmen der Einsatzbearbeitung durch die Leitstelle der Kreispolizeibehörden statt. Im Rahmen der Beurteilung der Lage werden dabei insbesondere Aspekte erforderlicher Gefahrenabwehr, der Verfügbarkeit spezialisierter Kräfte und erforderlicher strafprozessualer Maßnahmen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund hält die Landesregierung Prioritätsentscheidungen der Leitstellen für sachgerecht.