LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/436 26.07.2012 Datum des Originals: 25.07.2012/Ausgegeben: 31.07.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 77 vom 25. Juni 2012 der Abgeordneten Christina Schulze Föcking und Josef Wirtz CDU Drucksache 16/117 Fortführung des Schulobstprogramms Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 77 mit Schreiben vom 25. Juli 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien und der Ministerin für Schule und Weiterbildung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit Frühjahr 2010 nimmt das Land Nordrhein-Westfalen an dem Schulobstprogramm der EU teil. Gestartet mit 355 Schulen und 75.000 Schülerinnen und Schülern nehmen nunmehr 521 Schulen und 100.000 Schülerinnen und Schüler teil. Ziel ist, den Kindern ein gesundheitsförderliches Ernährungsverhalten nahe zu bringen und Lust auf den Verzehr von Obst und Gemüse zu machen. Die interessierten Schulen werden nach mehreren Auswahlkriterien ausgesucht. Dazu gehören beispielsweise pädagogische Faktoren, wie etwa zusätzliche Begleitmaßnahmen in den Schulen, aber auch soziale Faktoren, wie z.B. die besondere Situation der Schule und klar identifizierte Bedarfe. Ein Evaluationsbericht der Universität Bonn stellt dem EU-Schulobstprogramm und damit auch der das Programm seinerzeit unterstützenden Landesregierung ein insgesamt gutes Zeugnis aus. Die Studie spricht jedoch auch Punkte an, die optimiert werden könnten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/436 2 1. Wie gedenkt die Landesregierung, dem von der Mehrheit der Schulen geäußerten Wunsch nachzukommen, das Schulobstprogramm durch mehr Unterrichtsmaterialien und mehr externe Fachkräfte besser ernährungspädagogisch einzubetten? Der unkomplizierte, regelmäßige und vor allem kostenlose Zugang von 110.000 Grundschulbzw . Förderschulkindern zu frischem Obst und Gemüse ist ein entscheidender Faktor, um eine Veränderung des Ernährungsverhaltens bzw. die Erhöhung des Obst- und Gemüsekonsums der Schulkinder zu erreichen. Darüber hinaus ist das Wissen über eine gesunde Ernährung und insbesondere der Erwerb von Alltagskompetenzen für den Erfolg gleichermaßen von Bedeutung. Deshalb nimmt die pädagogische Begleitung des EUSchulobstprogramms im nordrhein-westfälischen Modell eine gewichtige Rolle ein. Schulen werden grundsätzlich nur in das Schulobstprogramm aufgenommen, wenn sie versichern, pädagogische Begleitaktionen durchzuführen. Die Ausgestaltung und die Durchführung dieser Begleitmaßnahmen liegt in der Verantwortung der Schule; auf diese Weise können die Maßnahmen optimal auf die schulinternen Lehrpläne ausgerichtet werden. Die Landesregierung lässt die Schulen bei dieser wichtigen Aufgabe aber nicht allein; sie bietet umfangreiche Unterstützung und Förder- maßnahmen an. Besonders hingewiesen sei hier darauf, dass die Landesregierung auch bereits neue, erweiterte Zusatzangebote für „Schulobst-Schulen“ eingeführt hat, um deren Wunsch nach mehr Unterstützung zu erfüllen; die Richtigkeit dieses Vorgehens wurde durch die Evaluierung bestätigt. 1. Im Schuljahr 2011/2012 wurden Unterrichtseinheiten externer Fachkräfte zum Thema „Gesundes Schulfrühstück“ für Schulobst-Schulen konzipiert und angeboten. Die Schulen hatten die Möglichkeit, ihr Interesse im Rahmen einer Abfrage anzumelden; 119 Schulen haben bereits im Schuljahr 2011/2012 von dem Angebot profitiert. Die Unterrichtseinheiten werden von speziell geschulten Landfrauen durchgeführt; der praxisnahe Unterricht kommt bei den Kindern gut an und stellt eine Abwechslung zum regulären Unterricht dar. Auch im kommenden Schuljahr werden wir diese Angebot fortführen, so dass weitere Schulobst-Schulen von den externen Fachkräften profitieren können. 2. Weitere Unterstützung im Hinblick auf die pädagogische Begleitung des Schulobstprogramms erhalten die Schulen durch das umfangreiche Angebot an Unterrichtsmaterial, welches ihnen kostenlos durch die Landesregierung zur Verfügung gestellt wird. So wurde Material des aid infodienstes speziell für die Begleitung von Schulfruchtprogrammen entwickelt und verknüpft Praxis und Theorie. Die Kinder lernen spielerisch die verschiedenen Obst- und Gemüsearten kennen, auch die Zubereitung und das Thema Hygiene sind wichtiger Bestandteil des Materials. 3. Weitere Materialien werden den Schulen über die Projektwebsite www.schulobst.nrw.de angeboten. So hat die Technische Universität Dortmund im Rahmen eines Schulobstpilotprojektes umfassendes Material entwickelt, welches den Schulen als kostenloser Download gut aufbereitet auf der Schulobstwebsite zur Verfügung steht. Ebenso steht die Vernetzungsstelle Schulverpflegung NRW den Schulobstschulen als Ansprechpartnerin in Fragen zur Ernährungsbildung zur Verfügung. Wichtig ist es darüber hinaus, die Eltern der „Schulobstkinder“ mit einzubeziehen. Deshalb ist aktuell ein weiteres neues Zusatzangebot zur Unterstützung der Schulen bei der Elternansprache in Planung, denkbar in Form von speziellen Elterniformationsangeboten zur gesunden Ernährung oder als Unterstützung bei der Organisation eines Elternabends. Die Landesregierung verfolgt grundsätzlich die Absicht, die Begleitmaßnahmen zum EUSchulobstprogramm NRW zu verstetigen und somit auch allen neuen Schulen zur Verfügung zu stellen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/436 3 2. Wie gedenkt die Landesregierung, dem Wunsch der Schulleiter nach mehr Fortbildung in diesem Bereich nachzukommen? Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung NRW bietet ein umfangreiches Programm an Fortbildungen , Workshops und Veranstaltungen zu den Themenbereichen gesunde Schulverpflegung , Qualitätsstandards für Schulverpflegung, Hygienemanagement und Akzeptanzförderung an. Das Angebot richtet sich an alle Schulen und Schulträger und steht den Schulobst -Schulen natürlich auch zur Verfügung. Die Kooperation mit der Vernetzungsstelle Schulverpflegung NRW bietet darüber hinaus weitere Vorteile für die Schulobst-Schulen, denn die Vernetzungsstelle ist ein kompetenter Ansprechpartner rund um den gesamten Themenkomplex Schulverpflegung. Ob es sich um ein Beratungsgespräch, eine Situationsanalyse vor Ort, die Initiierung eines Qualitätszirkels, die Moderation von Fachgesprächen oder Unterstützung bei der Entwicklung von Leitlinien für gesunde Schulverpflegung handelt – neben den Fortbildungen und Veranstaltungen bietet die Vernetzungsstelle Schulverpflegung professionelle Unterstützung im gesamten Bereich der gesunden Ernährung. 3. Was wird die Landesregierung unternehmen, um dem Wunsch eines beträchtlichen Anteils von Schulen nachzukommen, die sich mehr Unterstützung in der Organisation und Abwicklung des Programms wünschen? Die Teilnahme am EU-Schulobstprogramm NRW erfordert von den Schulen zusätzliches Engagement, Das betrifft nicht nur die Organisation innerhalb der Schule sondern auch die Koordinierung mit den Lieferanten. Zu beiden Aspekten sind die Ergebnisse des Evaluationsberichts der Uni Bonn positiv. Mit der Zusammenarbeit mit den jeweiligen Lieferanten sind die befragten Schulen fast ausnahmslos zufrieden. Die Befragung zeigte, dass bereits 2011 der Aufwand von den Schulen deutlich geringer eingeschätzt wurde als noch 2010. Diese Entwicklung lässt darauf schließen, dass die Organisation und die Abwicklung des Schulobstprogrammes an den Schulen an Routine gewinnt und die Prozesse in den Schulalltag integriert werden. Diese positive Entwicklung ist insbesondere der kontinuierlichen Teilnahme der Schulen über mehrere Schuljahre hinweg zuzurechnen. Somit können einmal organisierte Abläufe und Strukturen an den Schulen bestehen bleiben und im Laufe der Zeit optimiert werden. An dieser beständigen Vorgehensweise wird auch weiterhin festgehalten, um den Schulen ein größtmögliches Maß an Kontinuität und Regelmäßigkeit zu bieten. Das gilt auch für den Arbeitsschritt der Zerkleinerung des Obst und Gemüses, der ein relevanter Aspekt im Rahmen des Schulobstprogrammes bleiben wird und sich als wesentlicher Faktor für die Akzeptanz bewährt hat. Auch bei dem Anmeldeverfahren (Neuanmeldung bzw. Rückmeldung) hat das Ministerium Vereinfachungen vorgenommen, indem auf ein reines Online-Verfahren umgestellt wurde. Ebenso werden aktuelle Informationen, nützliche Tipps und Hinweise zur Durchführung auf der Website www.schulobst.nrw.de angeboten. Eine weitere Möglichkeit, um hilfreiche Tipps zur Optimierung der Durchführung des Schulobstprogramms zu erhalten, ist das „Schulobstforum “. Schulen können sich über die Website einloggen und sich dort mit anderen Schulen austauschen und so neue Ideen und Anregungen sowie wertvolle Tipps zur Optimierung erhalten und diskutieren. Der Ideenaustausch zwischen den Schulobst-Schulen wird auf diese Weise weiter gefördert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/436 4 4. Inwieweit wird die Landesregierung die Lehrpläne überarbeiten, um die Themen gesunde Ernährung und körperliche Aktivität besser zu vermitteln? Im Jahr 2008 wurden kompetenzorientierte Richtlinien und Kernlehrpläne in allen Fächern für die Grundschule in Kraft gesetzt. Die Aspekte 'gesunde Ernährung' und 'körperliche Aktivität' sind darin explizit aufgegriffen und in einer ganzen Reihe von Fächern breit verankert und werden im Fachunterricht sowie in vielfältigen schulischen Projekten zu den Themenkomplexen Bewegung, Gesundheit und Ernährung umgesetzt. Eine diesbezügliche Überarbeitung der Richtlinien und Kernlehrpläne ist daher nicht erforderlich. 5. Wie gedenkt die Landesregierung das Schulobstprogramm an Grund- und Förder- schulen zu verstetigen? Das EU-Schulobstprogramm NRW ist so angelegt, dass die teilnehmenden Schulen zwar immer nur für ein Jahr zugelassen werden, sich aber nach Ablauf des Schuljahres über das Online-Rückmeldeverfahren wieder für das folgende Schuljahr anmelden können und auch direkt wieder ins Programm aufgenommen werden. Dank dieser Vorgehensweise ist eine dauerhafte Teilnahme über mehrere Schuljahre hinweg möglich und verspricht in Kombination mit einer regelmäßigen Belieferung mehrmals pro Woche sowie den pädagogischen Begleitmaßnahmen einen größtmöglichen Effekt auf das Ernährungsverhalten der Schulkinder. Die Landesregierung ist davon überzeugt, dass der zu erbringende EU-Kofinanzierungsanteil weiterhin vom Land übernommen werden sollte. Eine Finanzierung des Kofinanzierungsanteiles durch Eltern, Schulen oder andere Institutionen würde der kontinuierlichen Durchführung des Programms an den Schulen nicht die benötigte Stabilität sichern. Mit der Finanzierung des Kofinanzierungsanteils aus Landesmitteln ist die stetige Durchführung gesichert. Dennoch steht die kontinuierliche Durchführung des Programmes an den bereits teilnehmenden Schulen in Konkurrenz zu dem wachsenden Interesse nordrhein-westfälischer Schulen, neu in das Programm einzusteigen. Aus diesem Grund wurde für die kommende Förderperiode eine Modifizierung des Programms vorgenommen: Alle Schulen, die bislang eine Förderung an 5 Tagen pro Wochen erhalten haben, erhalten im Schuljahr 2012/2013 eine Förderung an 4 Tagen pro Woche. Die Schulen, die bereits im vergangenen Schuljahr eine 3-tägige Förderung gewählt hatten, behalten diese weiterhin bei. Alle Schulen, die neu in das Programm aufgenommen werden, bekommen ebenfalls eine 3-tägige Förderung. Ab dem Schuljahr 2013/2014 gilt dann die 3-tägige Förderung für alle teilnehmenden Schulen. Der hieraus resultierende Spielraum schafft die Möglichkeit, 1. neue Schulen mit in das Programm aufzunehmen – aktuell im Schuljahr 2012/2013 65 Grund- und Förderschulen mit insgesamt rund 10.000 Kindern – und 2. alle bereits teilnehmenden Schulen weiterhin im Programm zu halten. Das Ziel ist, ein Schulkind von der ersten bis zur vierten Klasse durchgängig und mehrmals pro Woche mit Obst und Gemüse zu versorgen. Mit dieser Vorgehensweise sind die Grundbedingungen für eine nachhaltige Erhöhung des Obst- und Gemüseverzehrs nordrhein-westfälischer Schulkinder gesetzt.