LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4461 20.11.2013 Datum des Originals: 19.11.2013/Ausgegeben: 25.11.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1619 vom 16. September 2013 der Abgeordneten Kai Abruszat und Henning Höne FDP Drucksache 16/4006 Windkraftanlagen und Flugsicherheit: Wie stellt sich die Situation in NordrheinWestfalen dar? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1619 mit Schreiben vom 19. November 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie das Mindener Tageblatt in seiner Ausgabe vom 13. September 2013 berichtet können Windkraftanlagen nach Einschätzung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung (BAF) den Luftverkehr gefährden. Dies habe das BAF in einem gemeinsamen Pressegespräch mit der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) am 12. September 2013 in Bremen mitgeteilt. Als kritisch werde ein Radius von 15 Kilometern um Radaranlagen und sogenannte UKWDrehfunkfeuer gesehen. Nach Meinung von BAF und DFS dürften dort keine neuen Windkraftanlagen gebaut werden, da diese die Signale stören und Flugzeuge so vom Kurs abkommen könnten. In diesen Bereichen dürfen Anlagen nur mit Zustimmung des BAF gebaut werden. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung weist darauf hin, dass Windenergieanlagen entweder immissionsschutzrechtlich (über 50 m Gesamthöhe) oder baurechtlich (bis 50 m Gesamthöhe, es sei denn die Anlagen sind bis 10m Höhe freigestellt gem. § 65 Abs. 1 Nr. 44 b) BauO NRW) genehmigt werden. Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Fragen nur auf luft- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4461 2 verkehrsrechtlich relevante Windenergieanlagen beziehen, die nach Immissionsschutzrecht zu genehmigen sind. Die nach Einschätzung der Windenergiebranche in Nordrhein-Westfalen wegen luftverkehrsrechtlicher Belange derzeit nicht realisierten rund 400 MW installierter Leistung sind nicht auf Genehmigungsverfahren und Planverfahren aufgeschlüsselt. Es besteht keine zentrale Erfassung kommunaler Planungen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Ausweisung kommunaler Windenergie-Konzentrationszonen unterbleibt und es gar nicht zu Genehmigungsverfahren kommt. Dementsprechend können hier Zahlen nur in Bezug auf die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren genannt werden. Für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung und Überwachung der Windenergieanlagen sind die Kreise bzw. kreisfreien Städte als untere Umweltschutzbehörden zuständig. Die in der Antwort zu Frage 1 dargelegten Daten wurden von den Bezirksregierungen genannt . Sie beziehen sich auf Windenergieanlagen größer 50 m Gesamthöhe und auf den Zeitraum ab dem 01.01.2008 (Beginn der damals neu organisierten Umweltverwaltung NRW). 1. An welchen Standorten in NRW wurde der Bau von Windkraftanlagen aufgrund fehlender Zustimmung des BAF abgelehnt? Für den abgefragten Zeitraum wurde an folgenden Standorten der Bau von Windenergieanlagen aufgrund der fehlenden Zustimmung der Luftfahrtbehörden abgelehnt:  Bezirksregierung Köln: 1 Windenergieanlage in Geilenkirchen, Gemeinde Beeck  Bezirksregierung Detmold: 13 Windenergieanlagen in Büren, Gemarkung Brenken 1 Windenergieanlage in Paderborn, Gemarkung Dahl  Bezirksregierung Düsseldorf: 1 Windenergieanlage in Ratingen-Homberg 2 Windenergieanlagen in Meerbusch 1 Windenergieanlage in Düren 3 Windenergieanlagen in Rösrath 1 Windenergieanlage in Düsseldorf 2. Sind in der vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW im Auftrag des Klimaschutzministeriums erstellten Potenzialstudie über den Einsatz der Erneuerbaren Energien in NRW Potenzialflächen aufgeführt, für die beim tatsächlichen Bau von Windkraftanlagen eine Zustimmung des BAF einzuholen ist ? In der Potentialstudie Windenergie wurden aufgrund von fehlenden Daten zu den baulichen Anlagen der Flughäfen/Flugplätze die Flughafenflächen gemäß Regionalplanung abgebildet. Die Flugplätze/Flughäfen wurden wie folgt berücksichtigt: • Die Flughäfen /Flugplätze (bauliche Anlagen) wurden als Ausschlussbereiche in der Po- tenzialanalyse ausgeschlossen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4461 3  Die 4 km Puffer um den Startbahnmittelpunkt von Flughäfen sowie ein 1,5 km Puffer um Landeplätze und Segelfluggelände wurden in der Potenzialstudie als Einzelfallprüfungsbereiche eingestuft, da gem. §§ 12, 17 LuftVG eine Zustimmung der Luftfahrtbehörde erforderlich ist. Da keine Daten zu den Startbahnmittelpunkten zur Verfügung standen, wurde hierzu als erste Annäherung ein Punkt mittig auf jede Start-/Landebahn gesetzt. Darüber hinaus gehende Bereiche um Flughäfen und –plätze, sowie Schutzbereiche von zivilen und militärischen Flugnavigationsanlagen, die der Zustimmungspflicht der Luftverkehrsbehörden unterliegen, wurden von der Potenzialdarstellung nicht ausgenommen. 3. Wenn ja: Welche Auswirkungen hat dies auf das Windenergiepotenzial in NRW? Die Vergrößerung der Radien auf 15 km würde grundsätzlich, in Abhängigkeit von anderen Flächennutzungen, die zum Ausschluss führen, zu einer Verringerung potenzieller Flächen führen. Dieser Radius kann jedoch nicht als harte Tabuzone im Sinne der Rechtsprechung (BVerwG, Urt. vom 13.12.2012, Az. 4 CN 1.11; BVerwG, Urt. vom 11.04.2013, Az. 4 CN 2.12; OVG NRW, Urt. vom 1.07.2013, Az. 2 D 46/12.NE) gewertet werden, da die Luftverkehrsbehörden in der Einzelfallprüfung nach eigenen Angaben in einer Vielzahl von Fällen ihre Zustimmung erteilen. Dies setzt allerdings in der Regel die Prüfungsmöglichkeit konkreter Anlagenstandorte und Anlagentypen voraus. Dies ist regelmäßig im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren möglich; im Planverfahren kann über die grundsätzliche Eignung eines Gebiets für Windenergieanlagen entschieden werden. Das Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz geht dementsprechend davon aus, dass keine wesentliche Änderung des Windenergiepotenzials von 71 TWh (nach NRW Leitszenario) zu erwarten ist. 4. Wenn die Frage zu Ziffer 2 bejaht wird: Um welche Gebiete handelt es sich im Einzelnen? Im Energieatlas sind unter dem Reiter „Planungsgrundlagen Windenergie“ umfangreiche Geodaten und Karten verfügbar, die zur Identifikation potenziell geeigneter Flächen verwendet werden können. Weder im Rahmen der Potenzialstudie Windenergie noch im Energieatlas NRW werden jedoch konkrete Potenzialflächen ausgewiesen. 5. Inwiefern findet die Zustimmungspflicht des BAF für den Bau von Windkraftan- lagen in o.g. Gebieten Berücksichtigung im Windenergieerlass? Die Abarbeitung der Belange des Luftverkehrs findet an mehreren Stellen des Windenergieerlasses 2011 Berücksichtigung, in denen auch auf die zuständigen Behörden verwiesen wird. Dazu zählen insbesondere die Abarbeitung entgegenstehender Belange (Nr. 5.2.2.3 10. Spiegelstrich) sowie die Kapitel Luftverkehrsrecht (Nr. 8.2.5) und militärische Belange (Nr. 8.2.7). So ist schon im Rahmen der Bauleitplanung frühzeitig die Beteiligung der zivilen wie auch militärischen Luftfahrtbehörden (ehemals Wehrbereichsverwaltung, jetzt Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr) vorzusehen, sodass hier über die grundsätzliche Eignung eines Gebietes für Windenergieanlagen entschieden werden kann. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren erfolgt dann die Bewertung der konkreten Windenergieanlage unter erneuter Beteiligung der zivilen und militärischen Luftfahrtbehörden.