LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4513 28.11.2013 Datum des Originals: 27.11.2013/Ausgegeben: 03.12.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1725 vom 23. Oktober 2013 der Abgeordneten Birgit Rydlewski PIRATEN Drucksache 16/4304 Rechte Gewalt bei Fußballfans in NRW, insbesondere in Duisburg Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1725 mit Schreiben vom 27. November 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 19.10.2013 kam es im Rahmen eines Heimspiels des Drittliga-Vereins MSV Duisburg zu Ausschreitungen zwischen Fangruppen des MSV. Hierbei wurden Mitglieder der Gruppierung "Kohorte Ultras" nach dem Spiel von anderen Fans des Vereins, vor allem von Mitgliedern der Gruppe "Division Duisburg“, auf dem Parkplatz des Wedaustadions massiv attackiert . http://www.derwesten.de/sport/fussball/msv/von-banner-provoziert-rechte-msvhooligans -schlugen-auf-ultras-ein-id8580378.html Auslöser des Angriffs war ein Spruchband mit der Aufschrift "Täter-Opfer-Rolle vertauscht? Schäm dich Eintracht Braunschweig", mit dem die Mitglieder der "Kohorte Ultras" nach eigenen Angaben Bezug auf das Verbot der „Ultras Braunschweig“ genommen hatten. Diese waren zunächst während des Auswärtsspiels zwischen Eintracht Braunschweig und Borussia Mönchengladbach am 20.09.2013 von anderen Eintracht-Fans verprügelt und rassistisch beleidigt und dann vom eigenen Verein mit Stadion-Verbot belegt worden waren. http://www.spiegel.de/sport/fussball/borussia-moenchengladbach-bezwingt-eintrachtbraunschweig -a-923633.html http://www.spiegel.de/sport/fussball/eintracht-braunschweig-belegt-linke-ultra-gruppemit -stadionverbot-a-925014.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4513 2 Medienberichten zufolge geht es bei den Auseinandersetzungen in Braunschweig „nicht ausschließlich um Politik, aber sie spielt eine große Rolle. Schließlich fordert UB rechte Gruppen heraus, die seit Jahren fester Bestandteil der Eintracht-Fanszene sind. Allein die bloße Existenz von UB ist für sie eine Provokation.“ http://www.spiegel.de/sport/fussball/braunschweig-ultras-beim-spiel-gegenmoenchengladbach -attackiert-a-924537.html Auch bei der Auseinandersetzung in Duisburg sollen neben Angehörigen der „Division Duisburg “ Personen auf Seiten der Angreifer beteiligt gewesen sein, „die nach Einschätzung der Polizei aus dem Umfeld des mittlerweile verbotenen ‘Nationalen Widerstands Dortmund‘ und der Parallelgruppierung aus Duisburg kommen.“ http://www.spiegel.de/sport/fussball/rechte-gewalt-gegen-ultras-des-msv-duisburg-a- 929166.html Ungeachtet dieser von der Polizei selbst festgestellten Ausgangslage mag der Verein selbst keine politisch motivierte Tat erkennen und beim Einsatz der Polizei, bei dem diese die FanGruppen mit starken Kräften und unter erheblichem Pfefferspray-Einsatz trennen musste, http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/ausschreitungen-nach-msv-spiel-polizeisetzt -traenengas-ein-id8578745.html ist es auch gegenüber den angegriffenen Ultras zum „defensiven Einsatz von Schlagstöcken “ gekommen. Dies sei, so angeblich der Polizei-Sprecher „nichts Besonderes“, sondern „sieht nur etwas brutal aus“. Auch auf die generelle Frage „ob man Unterschiede zwischen Angreifern und Angegriffenen gemacht habe, sagte er: ‚Alle wurden mit Schlagstöcken und Pfefferspray weggeschoben, das kann schon mal wehtun‘ " http://www.spiegel.de/sport/fussball/hooligans-attackieren-duisburger-ultras-a- 928848.html 1. Wie viele verletzte Menschen gab es auf Seiten der Fangruppe „Kohorte Ultras“? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Verletzung und Verursacher -angreifende Fangruppierung /Polizei) Der Polizei wurden auch im Nachgang zu dem Einsatz keine verletzten Personen bekannt, die der Ultragruppierung „Kohorte“ zuzurechnen sind. Jedoch wurde der Polizei Duisburg mit Stand vom 12. November eine verletzte Person anlässlich der Auseinandersetzung bekannt, die sich nachträglich gemeldet hatte. Diese Person ist Mitarbeiter des Fanprojektes Duisburg. Darüber hinaus wurde bei den polizeilichen Maßnahmen zur Trennung der Kontrahenten ein Polizeibeamter leicht verletzt. 2. Wie viele Strafanzeigen sind bisher in Zusammenhang mit diesen Gewalttaten gestellt worden (bitte aufschlüsseln nach Fangruppierungen)? Mit Stand vom 12. November 2013 wurde bei der Polizei eine Anzeige wegen Körperverletzung gestellt. Diese wird derzeit gegen Unbekannt betrieben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4513 3 Darüber hinaus leitete die Polizei Duisburg von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren aus Anlass der beschriebenen körperlichen Auseinandersetzung am Fancontainer ein, das derzeit noch gegen unbekannte Beteiligte geführt wird. Weitere sechs Strafverfahren wurden durch die Polizei Duisburg von Amts wegen eingeleitet, da Personen im Zuge der polizeilichen Maßnahmen zur Trennung der Kontrahenten strafrechtlich relevant in Erscheinung traten. Von diesen Verfahren werden mit Stand vom 12. November 2013 jeweils zwei Verfahren gegen Angehörige bzw. Personen aus dem Umfeld der „Division Duisburg“ und „Kohorte“ sowie gegen zwei unbekannte Täter geführt. 3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Verflechtungen zwischen rechten Fangruppen, insbesondere der „Division Duisburg“, und Mitgliedern oder Personen aus dem Umfeld der mittlerweile teilweise verbotenen Neonaziorganisation „Nationaler Widerstand“ Duisburg und auch Dortmund? Der Polizei Duisburg liegen Erkenntnisse zu einem Angehörigen der Gruppierung „Division Duisburg“ vor, der auch in der am 23. August 2012 verbotenen Vereinigung „Nationaler Widerstand Dortmund“ organisiert war. Daneben ist eine weitere Person sowohl in der Gruppe „Nationaler Widerstand Duisburg“ wie auch in der - bei Fußballspielen des MSV Duisburg auftretenden - Gruppe „Barrachos Duisburg “ aktiv. 4. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung im Umgang mit zunehmend ge- walttätiger werdenden rechten Fangruppen nicht nur in Duisburg, sondern in ganz Nordrhein-Westfalen? Der Sport lebt von gegenseitigem Respekt und Fair Play. Wenn Rechtsextreme den Sport nutzen, um Öffentlichkeit für Ihre Propaganda herzustellen, muss diesen entschieden entgegengetreten werden. Um dies in Nordrhein-Westfalen umzusetzen, findet das Themenfeld Sport bei der Entwicklung eines integrierten Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus und Rassismus der Landesregierung besondere Beachtung. Konkret leisten u. a. die sozial-pädagogischen Fußballfanprojekte bereits jetzt hierzu einen wichtigen Beitrag. Die sozial-pädagogischen Fußballfanprojekte arbeiten nach den Standards des „Nationalen Konzepts für Sport und Sicherheit“ (NKSS). Eines der Hauptziele des NKSS ist es, junge Fußballfans für ein Engagement gegen jegliche Form der Diskriminierung , insbesondere in den Fällen von Rassismus, Sexismus und Homophobie sowie Antisemitismus zu motivieren und zu unterstützen. Auch aus diesem Grund werden mittlerweile 14 sozial-pädagogische Fanprojekte (mit einem Gesamtbetrag von jährlich rd. 630.000 €) aus dem Kinder- und Jugendförderplan gefördert. Mit dem von der Landesregierung im Juni diesen Jahres verabschiedeten Kinder- und Jugendförderplan 2013-2017 ist die grundsätzliche Voraussetzung für eine weitere zusätzliche Stärkung der Infrastruktur der sozial-pädagogisch arbeitenden Fanprojekte geschaffen worden . Im Übrigen wird auf die Vorlage 16/1359 verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4513 4 5. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung, um betroffenen Vereinen stärker als bisher bei der Bekämpfung von rechten Gewalttätern innerhalb und außerhalb des Stadions in die Verantwortung zu nehmen? Zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit im Umgang mit rechtsextremistischen und rassistischen Vorfällen im Sport, bieten bereits jetzt fünf vom Land geförderte Mobile Beratungsteams gegen Rechtsextremismus professionelle Unterstützung und Beratung. Deren Angebote stehen allen Vereinen zur Verfügung. Im Übrigen wird auf die Vorlage 16/1359 verwiesen.