LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4521 02.12.2013 Datum des Originals: 27.11.2013/Ausgegeben: 05.12.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1727 vom 30. Oktober 2013 der Abgeordneten Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/4308 Wie soll die „Anschlussvereinbarung“ für Schülerinnen und Schüler im Rahmen des neuen Übergangssystems Schule – Beruf ausgestaltet sein? Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 1727 mit Schreiben vom 27. November 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministern für Schule und Weiterbildung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit dem neuen Übergangssystem Schule – Beruf soll auch eine sogenannte „Anschlussvereinbarung “ eingeführt werden. Hierzu heißt es in der Informationsbroschüre „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule – Beruf in NRW, Zusammenstellung der Instrumente und Angebote“ des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NordrheinWestfalen : „Als individuelles Reflexionsinstrument und als Feedback zum Prozess sowie als Planungsinstrument erarbeiten alle Schülerinnen bzw. Schüler nach individuellem Bedarf zusammen mit den in den Beratungsprozess einzubindenden Akteuren (Lehrkräfte, Eltern, Berufsberaterinnen und Berufsberater usw.) am Ende der Vorabgangsklasse bzw. zu einem möglichst frühen Zeitpunkt der Abgangsklasse eine realistische Anschlussperspektive, die in einer Anschlussvereinbarung dokumentiert wird.“ Laut dieser Ausführungen soll das Beratungsergebnis in einer „standardisierten Anschlussvereinbarung “ dokumentiert werden, die „sinnvolle Hinweise für individuelle Anschlussperspektiven gibt“. Hierbei werden der weitere Ausbildungsweg, mögliche Berufsfelder, eine individuelle Prioritätenliste für weitere Schritte, Angebote im Übergangssystem bei nicht ausbildungsreifen Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz, Ansprechpartner/-innen für die nächsten Schritte genannt. An Beratung sowie Erstellung dieser „Anschlussvereinbarung“ sollen laut Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales neben den Lehrkräften Eltern, Berufs- und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4521 2 Studienberater/-innen der Arbeitsagenturen, Studienberater/-innen der Hochschulen sowie Vertreter/-innen der aufnehmenden Systeme „in sinnvoller Weise“ beteiligt werden. Eine systematischere Übergangsgestaltung, frühzeitige Berufs- und Studienorientierung, der Ausbau von Berufsfelderkundungen sowie intensive und vernetzte Beratung für Schülerinnen und Schüler sind zweifellos sinnvoll und auch notwendig. Dennoch stellt sich bezüglich der „Anschlussvereinbarung“ die Frage, wie diese ausgestaltet werden soll. Es muss sichergestellt sein, dass sie Jugendliche nicht gezielt in bestimmte Berufe „drängt“ bzw. schlimmstenfalls eine „Dokumentation sinnvoller Hinweise für individuelle, realistische Anschlussperspektiven “ vorgenommen wird, die letztlich – indirekt – eine Einschränkung der grundgesetzlich verankerten Berufswahlfreiheit zur Folge hat. Zur letztlichen Ausgestaltung dieser „Anschlussvereinbarung “ heißt es in der oben genannten Informationsbroschüre des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales, dass ein Muster zur gegebenen Zeit zur Verfügung gestellt werden solle. In der Antwort auf die Kleine Anfrage (Drucksache 16/4111) hat die Landesregierung nunmehr erklärt, dass „für die gezielte Gestaltung des Übergangs von den Abschlussklassen in Ausbildung, in weiteren Schulbesuch oder in unterstützende Übergangs-Angebote des Landes bzw. nach SGB II, III oder VIII [.] die „Anschlussvereinbarung“ das zentrale Element“ sei und „noch im laufenden Schuljahr in zahlreichen Schulen erprobt“ werde. Daher wäre es von großer Bedeutung zu erfahren, wie diese „Anschlussvereinbarung“ ausgestaltet sein soll. 1. Wie genau definiert die Landesregierung die „realistische Anschlussperspekti- ve“ für jeden Schüler bzw. jede Schülerin (bitte die über die jeweiligen erreichten Schulabschlüsse und Berechtigungen hinausreichenden „realistischen Perspektiven “ erläutern)? Eine „realistische Anschlussperspektive“ ergibt sich daraus, dass die Schülerinnen und Schüler aufgrund ihres systematischen Berufs- und Studienorientierungsprozesses und der begleitenden Beratung einen Abgleich zwischen ihren individuellen Fähigkeiten und Neigungen und den Ansprüchen und Bedarfen des Arbeitsmarktes herstellen können. Hierdurch werden sie befähigt, Entscheidungen über ihre weiteren Anschlussperspektiven zu treffen, die im Instrument der Anschlussvereinbarung dokumentiert werden. Eine Transparenz über das regionale Angebot an Ausbildungs- bzw. Studienmöglichkeiten und die Nachfrage nach diesen ist zentrale Basis der Beratung, Begleitung und ggf. Nachsteuerung . Die Herstellung dieser Transparenz bzw. die Gestaltung einer entsprechenden Verantwortungskette ist originäre Aufgabe der an der kommunalen Koordinierung beteiligten jeweils zuständigen Partner. Zur Gestaltung dieses Prozesses gehört auch die verbesserte Steuerung ziel- und passgenauer Angebote im Übergangsbereich. 2. An der Erstellung der „Anschlussvereinbarung“ sollen neben Lehrkräften u.a. auch die Eltern „in sinnvoller Weise“ beteiligt werden: Wie definiert die Landesregierung inhaltlich die „sinnvolle“ Beteiligung? Die Beteiligung von Eltern in der Beratung und Begleitung ihrer Kinder im Prozess der Berufs - und Studienorientierung hat eine hohe Relevanz. Eltern werden von Beginn an in die systematische Berufs- und Studienorientierung in den Schulen ab der Jahrgangsstufe 8 einbezogen . „In sinnvoller Weise“ bedeutet in diesem Sinne, dass die Intensität der Zusammen- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4521 3 arbeit mit den Eltern individuell je nach Beratungs- und Unterstützungsbedarf des einzelnen Schülers bzw. der einzelnen Schülerin variieren kann. Schulen verfügen hierbei bereits über eine hohe Kompetenz in der Zusammenarbeit mit Eltern und über etablierte Beratungsstrukturen , die für die Berufs- und Studienorientierung weiter auf- und ausgebaut werden können. 3. Sollen zukünftig bei Bewerbungen – z.B. um Ausbildungsplätze – diese „An- schlussvereinbarungen“ aus Sicht der Landesregierung auch für potentielle Arbeitgeber eine Rolle spielen? Die Anschlussvereinbarung steht zur Disposition des Schülers bzw. der Schülerin und verbleibt in seinem/ihrem Besitz. Der Schüler bzw. die Schülerin entscheidet selbst, ob und wann er bzw. sie diese Anschlussvereinbarung beim Finden von Anschlussperspektiven nutzen möchte. 4. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass durch die „Anschlussvereinbarung“ nicht indirekt eine Einschränkung der Berufswahlfreiheit herbeigeführt wird? Die Anschlussvereinbarung hat keinen rechtsverbindlichen Charakter. Die Berufswahlfreiheit ist nicht berührt. Eine Anschlussvereinbarung ist darüber hinaus kein statisches Instrument, sondern spiegelt einen Entscheidungs- und Beratungsprozess zu einem bestimmten Zeitpunkt wider. Eine Fortschreibung durch wiederholendes Ausfüllen zur Dokumentation von Veränderungen und Entwicklungen ist vorgesehen. 5. Wird die Landesregierung das Muster einer Ausgestaltung einer solchen „Anschlussvereinbarung “, die laut Aussage des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales noch „im laufenden Schuljahr in zahlreichen Schulen erprobt“ wird, im Rahmen der Beantwortung dieser Kleinen Anfrage zur Verfügung stellen? Das Muster einer Anschlussvereinbarung wird zurzeit an 17 Schulen in einer Simulationsphase geprüft und im nächsten Spitzengespräch des Ausbildungskonsens im Dezember 2013 vorgelegt. Anschließend wird sie im laufenden Schuljahr an weiteren Schulen in einer Pilotphase getestet . Es bestehen daher keine Bedenken, das Muster nach dem Spitzengespräch einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.