LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4530 02.12.2013 Datum des Originals: 02.12.2013/Ausgegeben: 05.12.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1738 vom 4. November 2013 der Abgeordneten Ralf Witzel und Dirk Wedel FDP Drucksache 16/4327 Widersprüchliche Angaben zum Containerdorf an der FHF Nordkirchen – Welche genauen Kalkulationen und Beteiligungen der Personalvertretungsgremien liegen den Planungen des Finanzministers tatsächlich zugrunde? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1738 mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In ihrer Koalitionsvereinbarung für die 16. Legislaturperiode haben SPD und Grüne fest verabredet , die Ausbildungskapazitäten für die Finanzverwaltung um 50 Plätze zu erhöhen. Aufgrund der parallelen Unterbringung zweier aufeinanderfolgender Jahrgänge erfordert dies eine Ausweitung der Beherbergungskapazitäten um 100 Betten und die Bereitstellung von mindestens vier zusätzlichen Lehrsälen am Standort der Fachhochschule für Finanzen (FHF) in Nordkirchen. Die bisherigen überschlägigen Kalkulationen rechnen für die Ausweitung der Ausbildungskapazitäten mit einem einmaligen Investitionsbedarf von rund 5 Millionen Euro, der nach der Gebäudeerrichtung als dauerhafte werthaltige Investition für die nächsten Jahrzehnte weiter zur Verfügung stehen würde und für Zwecke der Nachwuchsausbildung auch tatsächlich benötigt wird. Auch der Finanzminister bestätigt in LT-DS 16/3889 daher: „Absehbar ist, dass die Einstellungsquoten der nächsten Jahre die Unterbringungsmöglichkeiten in der Fachhochschule für Finanzen (FHF) überschreiten werden. Die erwarteten Bedarfsspitzen lassen sich nicht durch weitere Anmietung von Privatquartieren in vertretbarer Nähe zum Campus decken.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4530 2 Vor diesem Hintergrund bleibt es auch nach allen bisherigen Erörterungen unverständlich, warum gerade eine provisorische Unterbringung in Leasingcontainern günstiger sein sollte als eine dauerhafte Investition. Containerunterbringungen erscheinen nur dann ökonomisch sinnvoll, wenn es darum geht, einen rein temporären oder schwankenden Mehrbedarf für wenige Jahre abzudecken. Dass es im Falle einer Gebäudeerweiterung zu remanenten Kosten für schon bald nicht mehr benötigte Unterbringungskapazitäten kommt, ist außerordentlich unwahrscheinlich. Die Altersdemographie in der Finanzverwaltung spricht dafür, dass die heutigen Anwärterzahlen dauerhaft benötigt werden. Und selbst wenn die Anzahl der Neuzugänge langfristig wieder abnehmen sollte, könnten die auf diese Weise freiwerdenden Gebäudekapazitäten sinnvoll verwendet werden, um die zuletzt bei 53 privaten Vermietern extern angemieteten bis zu 122 Quartiere wieder aufzugeben, was den Betroffenen lästige Wegstrecken ersparen würde. Es ist mithin nicht zu erkennen, warum ein wirtschaftliches Risiko in der Errichtung eines neuen Gebäudekomplexes bestehen sollte, es sei denn, die Landesregierung würde ihre bisherigen Anwärtereinstellungsplanungen grundlegend revidieren. Für das Parlament ist es daher von großem Interesse, vom Finanzminister im Detail den konkreten Rechengang seiner alternativen Kalkulationen mit all ihren genauen Annahmen zu erfahren, für wie viele Unterbringungsplätze bei welcher Nutzungsdauer die zwei Szenarien geplant worden sind. Zu bedenken ist hierbei, dass das parallele Vorhandensein zweier um 50 Plätze aufgestockten Jahrgänge die Unterbringung von 100 Personen erfordert und dass neben den reinen Wohnräumen auch Funktionsräume wie Lehrsäle notwendig sind. Dem Landtag sollte daher die Vollkostenrechnung transparent dargestellt werden, die alle Aspekte sachgerecht abbildet, um die getroffene Entscheidung nachvollziehen zu können. Interessant ist ferner das Verständnis von Mitbestimmungsminister Guntram Schneider, seines Zeichens früherer DGB-Chef, der im Plenum des 16. Oktober 2013 in bemerkenswerter Offenheit sein Verständnis für einen wertschätzenden Umgang mit den Personalvertretungsgremien dokumentiert hat. Ausweislich Plenarprotokoll 16/41 hat dieser unter anderem im Parlament dazu ausgeführt: „Das formelle personalvertretungsrechtliche Anhörungsverfahren mit dem Hauptpersonalrat wird in Kürze eingeleitet. (...) Alle Vorgespräche mit den von Ihnen genannten Gremien haben aber gezeigt, dass mit einer Zustimmung in jedem Fall zu rechnen ist.“ Bereits in LT-DS 16/3889 hat Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans erklärt: „In alle Überlegungen waren die Interessenvertretungen (Jugendvertretung, Personalvertretung und Schwerbehindertenvertretung) von Anbeginn einbezogen und haben sich einverstanden erklärt.“ Von einem Personenkreis der hier betroffenen Gremienvertreter wird dieser Einschätzung gegenüber den Fragestellern unverändert deutlich widersprochen. Auch diese divergierende Sichtweise gilt es ebenso aufzuklären wie den Umstand, dass die Landesregierung in jedem Fall den Ausgang eines Mitbestimmungsverfahrens kennt, das sie noch gar nicht begonnen hat. Auch der aktuell seitens der Landesregierung vorgelegte Haushalt 2014 enthält bislang keine Position, der sich die Mittelbewilligung für das Containerleasing, geschweige denn dessen konkrete Kalkulationsgrundlage, eindeutig entnehmen lassen kann. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4530 3 1. Aufgrund welcher genauen Erklärungen, differenziert nach den drei genannten Gremien der Interessenswahrnehmung ihres Landes-personals (also der Jugend -, Personal- und Schwerbehindertenvertretung), kann die Landesregierung zu recht von einer Zustimmung zu dieser ungewöhnlichen Unterbringungsmaßnahme ausgehen? Die Vertreter der Hauptjugend- und Auszubildendenvertretung (HJAV) waren von Anfang an in die Überlegungen zur Unterbringung der An-wärter in mobilen Wohneinheiten eingebunden und haben sie positiv begleitet. Im Frühjahr dieses Jahres fand unter Beteiligung der HJAV eine Besichtigung solcher Unterbringungsmöglichkeiten statt. Nach übereinstimmender Einschätzung der Teilnehmer bestehen gegen den vorgesehenen Unterbringungsstandard keine Bedenken. Die Hauptschwerbehindertenvertretung wurde ebenfalls frühzeitig in die Überlegungen einbezogen . Die Unterbringung schwerbehinderter Studierender ist aufgrund der vorhandenen barrierefreien Zimmer im Sundernbereich weiterhin sichergestellt. Auch das formelle Anhörungsverfahren mit dem Hauptpersonalrat gemäß § 75 LPVG ist inzwischen eingeleitet. Die Hauptschwerbehindertenvertretung wurde gem. § 95 Abs. 2 SGB IX um Stellungnahme gebeten. 2. Welches Verständnis hat Mitbestimmungsminister Guntram Schneider von einer echten, partizipativen Mitwirkung einer Personalvertretung, wenn bereits klar vor der förmlichen Ein-leitung von Beteiligungsverfahren deren Ergebnisse vorweggenommen und auch noch als in jedem Fall sicher in ihrem Entscheidungsausgang kommuniziert werden? Für den Minister für Arbeit, Integration und Soziales wie für die gesamte Landesregierung ist die Mitbestimmung wie die partizipative Mitwirkung der Personalvertretungen ein sehr hohes Gut. Wie in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, wurden die Hauptjugend- und Auszubildendenvertretung und die Hauptschwerbehindertenvertretung frühzeitig eingebunden. Das formelle personalvertretungsrechtliche Anhörungsverfahren mit dem Hauptpersonalrat wurde, wie von Herrn Minister Schneider am 16. Oktober 2013 im Plenum angekündigt, inzwischen eingeleitet. Seinem damaligen Kenntnisstand entsprechend hat Herr Minister Schneider einen positiven Ausgang der Verfahren prognostiziert, dabei aber ausdrücklich betont, dass ihm entsprechende Beschlüsse bisher noch nicht vorliegen. 3. Welche konkreten alternativen Vergleichsrechnungen hat die Landesregierung für die beiden Optionen von Containerleasing bzw. Gebäudeerrichtung im Einzelnen angestellt? (bitte genaue Kalkulationsbestandteile und Parameter wie Nutzungsdauern etc. in Zahlen für die jeweils nächsten Jahrgangsunterbringungen bei Wohn- und Funktionsräumen darstellen) Die Möglichkeit eines Erweiterungsbaus in Nordkirchen wurde geprüft. Die Jahresmiete wäre in etwa doppelt so hoch wie die Kosten für die Anmietung der mobilen Wohneinheiten. Darüber hinaus wäre eine mietvertragliche Bindung über 10 bis 15 Jahre zwingend. Die Anmietung der mobilen Einheiten ist dagegen zunächst auf drei Jahre, konkret auf die Dauer der Ausbildung des Einstellungsjahrgangs 2014, angelegt. Im Weiteren kann die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4530 4 Mietdauer verlängert und die Anzahl der Einheiten dabei reduziert oder erhöht werden. So kann flexibel auf die jeweiligen konkreten Einstellungszahlen der nächsten Jahre reagiert werden. 4. Da die Landesregierung nur eine kurze Nutzungsdauer der Container unterstellt und sich Handlungsoptionen in der Folgezeit offenhalten möchte: Inwieweit gilt die Zusage des Koalitionsvertrages noch, aufgrund der hohen Altersabhänge in der Finanzverwaltung die Ausbildungskapazitäten dauerhaft um 50 Plätze zu erhöhen ? Der Einstellungsbedarf in der Steuerverwaltung wird im Rahmen des jährlichen Haushaltsaufstellungsverfahrens grundsätzlich bedarfs-gerecht – unter Berücksichtigung der Demographie , der aktuellen Stellensituation und der ausgebrachten kw-Vermerke – ermittelt. Im Haushalt 2014 sind bei Kapitel 12 050 insgesamt 590 Einstellungsermächtigungen für die Laufbahn des gehobenen Dienstes ausgewiesen, 540 Einstellungsermächtigungen ergeben sich aufgrund der Bedarfsberechnung und 50 aufgrund des Koalitionsvertrages zur Stärkung der Steuerverwaltung. Die Einstellungsermächtigungen sollen auch in künftigen Haushaltsjahren entsprechend – unter Berücksichtigung des Koalitionsvertrages – veranschlagt werden. Da die konkreten Zahlen jährlich im Rahmen des Haushaltsaufstellungs-verfahrens unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen ermittelt werden, muss im Bereich der Unterbringung der Beamten-anwärter/innen die Möglichkeit erhalten bleiben, auf abweichende Einstellungszahlen zu reagieren. 5. In jeweils welcher genauen Höhe sind beabsichtigte Ausgaben für das Contai- nerleasing an der FHF, bitte unter vollständiger Benennung der jeweiligen Haushaltstitel des neuen Haushalts 2014 als Fundstelle, konkret beziffert? Die vorgesehene befristete Anmietung von mobilen Wohneinheiten zur Unterbringung von Studentinnen und Studenten an der Fachhochschule für Finanzen ist im Haushaltsplanentwurf 2014 bei Kapitel 12 090 Titel 518 01 wie folgt veranschlagt: Für die vorbereitenden Maßnahmen, wie die Herrichtung der Fläche für die Aufstellung der Wohneinheiten und für die ersten Mietzahlungen ab August 2014 ist ein Teilbetrag von rd. 153.000 Euro des Gesamtansatzes in Höhe von 2.432.000 Euro vorgesehen. Für die weitere Anmietung ab Januar 2015 ist bei derselben Haushaltsstelle eine Verpflichtungsermächtigung (VE) in Höhe von 428.000 Euro ausgebracht. Diese VE wird kassenwirksam in den Jahren 2015 und 2016 mit jeweils 162.000 Euro und im Jahr 2017 mit 104.000 Euro.