LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4548 05.12.2013 Datum des Originals: 04.12.2013/Ausgegeben: 10.12.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1737 vom 29. Oktober 2013 des Abgeordneten Frank Herrmann PIRATEN Drucksache 16/4325 Residenzpflicht und Ausschlussgründe Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1737 mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit der Änderung der Verordnung über das vorübergehende Verlassen des Bereichs der Aufenthaltsgestattung vom 21. Dezember 2010 wurde die räumliche Beschränkung für Asylsuchende in Nordrhein-Westfalen gelockert. Nach dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 30. September 2010 gilt diese Lockerung auch für geduldete Ausländer (innen). Entgegen der in Teilen irrtümlichen Presseberichterstattung wurde damit die räumliche Beschränkung jedoch nicht aufgehoben. Das gilt insbesondere deshalb, weil der Erlass vom 30. September 2010 eine Reihe von Ausnahmen bei der Erweiterung des Aufenthaltsbereichs auf das Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen vorsieht. Ausländer(innen), die straffällig geworden sind oder die das Abschiebehindernis selbst zu vertreten hätten, unterliegen weiterhin der räumlichen Beschränkung des Aufenthalts auf den Bezirk der Ausländerbehörde . Außerdem gilt die räumliche Beschränkung weiterhin für Reisen in andere Bundesländer . Vorbemerkung der Landesregierung Dem schriftlichen Bericht der Landesregierung vom 31. August 2010 (Vorlage 15/52) entsprechend , hatte das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NordrheinWestfalen mit Erlass vom 30. September 2010 die bestehenden Möglichkeiten zur Lockerung der räumlichen Beschränkungen durch Vorgaben zum Normverständnis und zur ein- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4548 2 heitlichen Ermessensanwendung zu Gunsten der Betroffenen genutzt. Zugleich wurde deutlich gemacht, wann sich Asylbewerber erlaubnisfrei oder mit einer Erlaubnis, die bei Nichtbestehen eines Anspruchs nur aus wichtigem Grund versagt werden soll, außerhalb des Geltungsbereichs der räumlichen Beschränkung der Aufenthaltsgestattung aufhalten dürfen. Durch den Erlass wurden die Ausländerbehörden außerdem aufgefordert, die aus dem Asylverfahren fortgeltenden räumlichen Beschränkungen für Geduldete im Regelfall aufzuheben und die Bewegungsfreiheit durch großzügige Erteilung von gebührenfrei auszustellenden Verlassenserlaubnissen über das Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen hinaus zu erweitern . Die am 30. Dezember 2010 in Kraft getretene „Verordnung zur Änderung der Verordnung über das vorübergehende Verlassen des Bereichs der Aufenthaltsgestattung durch Asylbewerber “ vom 21. Dezember 2010 eröffnete dann in einem weiteren Schritt den Asylbewerbern , die nicht mehr in einer Aufnahmeeinrichtung im Sinne des § 44 AsylVfG wohnen müssen und deren Mobilität bis dahin auf den jeweiligen Regierungsbezirk beschränkt war, die Möglichkeit, sich erlaubnisfrei vorübergehend im gesamten Gebiet des Landes NordrheinWestfalen aufzuhalten. Damit wurden zugleich die für Asylbewerber im Erlass vom 30. September 2010 getroffenen Regelungen gegenstandslos, soweit sie den vorübergehenden Aufenthalt im Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen betrafen. Die Verordnung regelt nur die Bewegungsfreiheit (innerhalb der Landesgrenzen). Die Verbindlichkeit der asylrechtlichen Zuweisungsentscheidung gemäß § 50 AsylVfG und die hieran anknüpfende Verpflichtung, in der jeweiligen Zuweisungsgemeinde Wohnung zu nehmen , bleiben hingegen ebenso unberührt, wie eine etwaige Wohnverpflichtung in einer kommunalen Gemeinschaftsunterkunft (§ 53 AsylVfG). Diese Wohnverpflichtung dient nicht nur der Sicherstellung der Erreichbarkeit des Asylbewerbers, um eine zügige Durchführung des Asylverfahrens zu gewährleisten, sondern auch der gleichmäßigen Verteilung der Asylbewerber und der gleichmäßigen finanziellen Belastung der Kommunen, die die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz tragen. Auch die Mittelzuweisung des Landes an die Kommunen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz knüpft an die Wohnsitznahme am Ort der Zuweisung an. 1. Wie viele Personen wurden seit dem 1. Januar 2011 von der Erweiterung des Aufenthaltsbereichs auf das Land Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen? Bitte nach Aufenthaltsstatus (Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung und geduldete Ausländer(innen)) je Jahr und Monat aufschlüsseln! 2. Wie viele Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung wurden von der Erweiterung des Aufenthaltsbereichs auf das Land Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen? Bitte nach den Fällen „Verstoß gegen Mitwirkungspflichten“, „Verurteilung wegen einer Straftat“, „Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen“, der Ausländerbehörde je Jahr und Monat aufschlüsseln! 3. Wie viele geduldete Ausländer(innen) wurden von der Erweiterung des Aufent- haltsbereichs auf das Land Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen? Bitte nach den Fällen „Verstoß gegen Mitwirkungspflichten“, „Verurteilung wegen einer Straftat“, „Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen“, „geplanter Abschiebungstermin“ der Ausländerbehörde je Jahr und Monat aufschlüsseln! Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 3 gemeinsam beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4548 3 Die Verordnung vom 21. Dezember 2010, aufgrund derer sich Asylbewerber im Gebiet des gesamten Landes Nordrhein-Westfalen vorübergehend aufhalten dürfen, enthält keine Ausschlusstatbestände . Daher finden seit dem Inkrafttreten dieser Verordnung die Regelungen nach Ziff. I.4 des Erlasses vom 30. September 2010 nicht mehr beim Verlassen des jeweiligen Regierungsbezirks, sondern nur noch bei Ermessensentscheidungen im Einzelfall (§ 58 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) über das vorübergehende Verlassen des Gebiets des Landes Nordrhein -Westfalen Anwendung. Der Aufenthalt eines geduldeten Ausländers ist kraft Gesetzes räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt (§ 61 Abs. 1 AufenthG). In begründeten Einzelfällen können weitere Bedingungen und Auflagen, also auch engere räumliche Beschränkungen, angeordnet werden. Die Anzahl der Personen, bei denen solche Anordnungen getroffen wurden, ist der Landesregierung nicht bekannt. Entscheidungen der Ausländerbehörden zu räumlichen Beschränkungen stellen keinen Speichersachverhalt des vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geführten Ausländerzentralregisters (AZR) dar. 4. In wie vielen Fällen wurden von Ausländerbehörden seit dem 1. Januar 2011 Bußgelder wegen Ordnungswidrigkeiten bei Verstößen gegen § 86 Abs. 1 AsylVfG und § 98 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG verhängt? Bitte nach Aufenthaltsstatus, Ausländerbehörde und Zentralen Ausländerbehörden aufschlüsseln! Hierzu liegen der Landesregierung mangels entsprechender Datenerfassung im AZR keine Erkenntnisse vor. 5. Wie viele Ermittlungsverfahren bei Verstößen gegen § 85 Nr. 2 AsylVfG und § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG sind bei den Staatsanwaltschaften im Land NordrheinWestfalen seit dem 1. Januar 2011 anhängig geworden? (Bitte nach Aufenthaltsstatus aufschlüsseln) In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), in der die von der Polizei bearbeiteten Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche gemäß eines zwischen dem Bund und den Ländern abgestimmten Straftatenkatalogs und die ermittelten Tatverdächtigen erfasst werden , werden Zuwiderhandlungen gegen § 61 AufenthG sowie § 56 Abs. 1 und 2 AsylVfG (räumliche Beschränkungen) nicht gesondert ausgewiesen. Zahlen zu Anzeigen wegen Verletzung der räumlichen Beschränkung durch vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer und durch Asylbewerber liegen der Landesregierung nicht vor.