LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/457 27.07.2012 Datum des Originals: 26.07.2012/Ausgegeben: 01.08.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 91 vom 29. Juni 2012 des Abgeordneten Dirk Schatz PIRATEN Drucksache 16/153 Polizei und soziale Netzwerke - Welche Nutzung existiert oder ist geplant? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 91 mit Schreiben vom 26. Juli 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) tagte vom 30. Mai bis zum 1. Juni im mecklenburgischen Land Fleesensee. Unter den bei diesem Treffen besprochenen Themen befand sich auch das Thema "Polizei und soziale Netzwerke". Aus einer entsprechenden Pressemitteilung vom 01.06.2012 des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Mecklenburg-Vorpommern geht hervor, dass die Innenminister und - senatoren der Länder in der Nutzung von sozialen Netzwerken, wie zum Beispiel Facebook, durch die Polizei eine sinnvolle Ergänzung ihrer Informations-, Ermittlungs- und Fahndungsarbeit sehen. Sie würden es daher, vor dem Hintergrund der auch für die polizeiliche Aufgabenerfüllung weiter zunehmenden Bedeutung der sozialen Netzwerke, für erforderlich halten, sich weiter intensiv mit dieser Thematik zu befassen. Die Innenminister und -senatoren der Länder halten es in diesem Sinn für ebenfalls erforderlich, möglichst bald bundesweite Standards , insbesondere in Bezug auf die Nutzung sozialer Netzwerke, festzulegen. 1. Wie werden bereits zu diesem Zeitpunkt soziale Netzwerke zur Informationsgewin- nung, Ermittlung oder Fahndung durch die entsprechenden, zuständigen Ermittlungsbehörden (insbesondere Polizei und Verfassungsschutz) genutzt? Bei der Beantwortung der Frage bitte ich Sie, sich auf den Umfang, die Art und Weise sowie auf die gesetzlichen Ermächtigungsrundlagen zu beschränken. Die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen bedient sich zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben − z. B. zur Informationserhebung im Rahmen von Strafermittlungsverfahren oder zu Zwecken der Fahndung − auch allgemein zugänglicher Quellen wie etwa des sozialen Netzwerks „facebook “. Hierbei werden jedermann öffentlich zugängliche Daten auf Grundlage des Polizei- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/457 2 gesetzes NRW oder der Strafprozessordnung erhoben. Das Landeskriminalamt NRW hat in diesem Zusammenhang die Broschüre „Facebook, Twitter und Co. − Recherchen in sozialen Netzwerken im Internet; ein Leitfaden für die polizeiliche Praxis“ erstellt, die den Kreispolizeibehörden des Landes NRW zur Verfügung gestellt wurde. Eine Nutzung sozialer Netzwerke durch Strafverfolgungsbehörden zu Zwecken der Öffentlichkeitsfahndung erfolgt in Nordrhein -Westfalen nicht. Der Verfassungsschutz NRW nutzt die neuen Medien zur Informationsgewinnung für die ihm als gesetzliche Aufgabe obliegende Aufklärung und Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung und die Sicherheit des Bundes und der Länder, da extremistische Bestrebungen auch in sozialen Netzwerken ihre Aktivitäten entfalten. Soweit hierbei lediglich frei zugängliche Informationen gesammelt werden oder die Kommunikation nach den durch das Bundesverfassungs-gericht aufgestellten Grundsätzen (BVerfG - 1 BvR 370/07 - Rn. 307 ff.) nicht schützenswert ist, ist eine spezielle Eingriffsnorm nicht erforderlich . Die Erhebung erfolgt nach §§ 3 Abs. 1, 7 Abs. 1 Verfassungsschutzgesetz NRW (VSG NRW). Sofern fingierte biographische oder berufliche Angaben (Legenden) verwendet werden , ist dieses Vorgehen nach § 5 Abs. 2 Nr. 8 VSG NRW zulässig. 2. Welche darüber hinausgehende Nutzungen sind durch die oben genannten Behör- den zukünftig geplant? Die Innenministerkonferenz hat in ihrer Sitzung vom 31.5./1.6.12 beschlossen, dass der Themenkomplex soziale Netzwerke bewertet wird und bundesweite Standards festlegt werden . Hierzu wurde durch den Arbeitskreis II, samt seiner nachgeordneten Gremien, eine Projektgruppe einsetzt. NRW ist an dieser Projektgruppe beteiligt, die bereits ihre konstituierende Sitzung hatte. Im Koalitionsvertrag ist die Prüfung der Nutzung sozialer Medien im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der nordrhein-westfälischen Polizei verankert. Der Verfassungsschutz prüft die grundsätzliche Möglichkeit, soziale Netzwerke im Rahmen von Aussteigerprogrammen oder zur Unterstützung von Präventionsmaßnahmen zu nutzen. Hierfür sollen entsprechende Hinweisseiten ohne Möglichkeit wechselseitiger Kommunikation eingestellt werden. 3. Durch welche Maßnahmen wird aktuell und zukünftig sichergestellt, dass bei die- sem Vorgehen die Persönlichkeits-, Datenschutz-, Zeugen- und Beschuldigtenrechte der Bürger gewahrt bleiben? Sowohl die Informationsgewinnung in sozialen Netzwerken als auch deren Nutzung im Rahmen eigener Angebote durch Polizei und den Verfassungsschutz erfolgen nur in den rechtlich zulässigen Grenzen unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes . Dadurch wird sichergestellt, dass die in der Fragestellung angesprochenen Bürgerrechte gewahrt bleiben. Der Verfassungsschutz unterliegt dabei den nach dem Verfassungsschutzgesetz NRW vorgesehenen besonderen Kontrollen. 4. Gibt es bereits Richtlinien für die Tätigkeit der Polizei in sozialen Netzwerken (bei- spielsweise landesweite oder solche einzelner KPB)? Siehe Antwort zu 2. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/457 3 5. Sollten bereits Entwürfe für die genannten, angestrebten bundesweiten Standards zur Nutzung sozialer Netzwerke durch die Polizei existieren, frage ich, wer hat daran mitgewirkt? Siehe Antwort zu 2.