LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4618 12.12.2013 Datum des Originals: 11.12.2013/Ausgegeben: 17.12.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1746 vom 4. November 2013 der Abgeordneten Ina Scharrenbach und Werner Jostmeier CDU Drucksache 16/4339 Unna-Massen als Symbol der Integration: Wann wird der Beschluss des Landtages endlich umgesetzt? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 1746 mit Schreiben vom 11. Dezember 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach den Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft sind mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs rund 14 Millionen Deutsche aus ihrer damaligen Heimat vertrieben worden oder geflohen. Viele von ihnen haben in Nordrhein-Westfalen eine neue Heimat gefunden. Unser 1946 gegründetes Bundesland Nordrhein-Westfalen nannte man in den 1950er Jahren auch „Flüchtlingsland der Bundesrepublik“. Im Vergleich zu anderen Bundesländern lebten hier die meisten Vertriebenen aus den ehemals deutschen Ostgebieten (etwa 2,4 Mio. Menschen) sowie Flüchtlinge aus der DDR. Bereits im Jahre 1949 war jeder neunte Bergmann in den Zechen unseres Bundeslandes ein Vertriebener. 1953 waren 12,1 % der Bevölkerung Nordrhein-Westfalens Vertriebene und Flüchtlinge, acht Jahre später, 1961, stieg der Prozentsatz auf 14,5 %. Über ein Fünftel der heutigen Bevölkerung Nordrhein-Westfalens hat seine Wurzeln in den ost-, südost- und mitteleuropäischen Ländern. Zwischen 1945 und 1951 war das Hauptdurchgangslager am Wellersberg in Siegen eine erste Aufnahmestelle für Vertriebene und Flüchtlinge. In diesem Zeitraum wurden hier LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4618 2 410.000 Personen aufgenommen und anschließend an die Gemeinden weitergeleitet. Nach einem Beschluss der Landesregierung im Jahr 1951 wurde schließlich die Landesstelle Unna -Massen errichtet, die für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler eine erste sichere Anlaufstelle in Nordrhein- Westfalen bot. Neben den Vertriebenen kamen im Laufe der Zeit zahlreiche weitere Menschen nach Unna-Massen: Deutsche aus Osteuropa, Flüchtlinge und Übersiedler aus der ehemaligen DDR und der Sowjetunion, Asylbewerber, Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien sowie jüdische Zuwanderer aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Insgesamt haben mehr als 2,5 Millionen Menschen aus über 100 Ländern in der Landesstelle eine erste Zuflucht gefunden, bevor sie von dort aus in ganz Nordrhein-Westfalen verteilt wurden. Auch heute finden Menschen wieder Zuflucht in Unna-Massen, obwohl die Landesstelle in ihrer Funktion aufgegeben werden sollte. In der Sitzung vom 27. Januar 2010 hat der Kulturausschuss des Landtages folgende Punkte beschlossen: 1. Die Landesregierung wird aufgefordert, unter Berücksichtigung der Plafonds der mittelfristigen Finanzplanung der Einzelpläne 02 und 15 ein Konzept für eine wissenschaftlich begleitete Ausstellung zu entwickeln, die die Geschichte, Entwicklung und Bedeutung der Landesstelle Unna-Massen dokumentiert. Dabei soll auch die Geschichte und Entwicklung des Hauptdurchgangslagers am Wellersberg in Siegen berücksichtigt werden. Das Konzept soll derart gestaltet werden, dass die Ausstellung sowohl als dauerhafte Ausstellung als auch als Wanderausstellung an wechselnden Orten präsentiert werden kann, um interessierte Museen und Einrichtungen zur Verfügung zu stehen. 2. Die Inhalte der Ausstellung sollen sich an der in diesem Jahr vom Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebenen Publikation „Landesstelle Unna-Massen – Ein starkes Stück Landesgeschichte “ orientieren. 3. Ein geeignetes Erinnerungszeichen auf dem Gelände der ehemaligen Landesstelle soll dauerhaft auf die Geschichte und die Bedeutung des Ortes hinweisen. 1. Hat die Landesregierung den Beschluss des Kulturausschusses des Landtages vom 27.Januar 2010 inzwischen umgesetzt? 2. Falls Frage 1 mit „Nein“ beantwortet wird: Warum wurde der Beschluss bisher nicht umgesetzt? 3. Falls Frage 1 mit „Nein“ beantwortet wird: Wann wird die Landesregierung den Beschluss des Kulturausschusses aus 2010 umsetzen? 5. Inwieweit wird die Landesregierung den Bund der Vertriebenen und den neu ge- gründeten Förderverein zur Errichtung einer Vertreibungserinnerungsstätte in Unna-Massen bei der Umsetzung des Beschlusses aus 2010 einbeziehen? Der Beschluss des Kulturausschusses vom 27. Januar 2010 (bestätigt durch Beschluss des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 3. Februar 2010) bewirkte weder eine gesetzliche Verpflichtung der Landesregierung noch eine solche haushaltsrechtlicher Art. Die Umsetzung wäre mit nicht unerheblichen Kosten verbunden gewesen. Vor diesem Hintergrund LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4618 3 wurde in den nach der Neubildung der Landesregierung im Juli 2010 inzwischen zuständigen Ressorts entschieden, die im Beschluss des Kulturausschusses vom 27. Januar 2010 genannte Maßnahme nicht weiter zu verfolgen. 4. Wird die Landesstelle Unna-Massen als Symbol der Integration Aufnahme in das Gedenkstättenkonzept der Landesregierung finden? Die im Beschluss des Kulturausschusses des Landtages vom 27.01.2010 angesprochene Konzeption betrifft Institutionen und Ereignisse aus der Zeit nach dem Ende des Nationalsozialismus . Die „Neukonzeption der Erinnerungskultur und strukturellen Absicherung der Gedenkstättenarbeit in Nordrhein-Westfalen“ (Vorlage 16/1049) dagegen betrifft die Gedenkstätten und Erinnerungsorte, die sich mit Institutionen und Ereignissen aus der Zeit bis zum Ende des Nationalsozialismus im Gebiet des heutigen Landes Nordrhein-Westfalen befassen.