LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4706 02.01.2014 Datum des Originals: 30.12.2013/Ausgegeben: 07.01.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1789 vom 28. November 2013 der Abgeordneten Yvonne Gebauer und Kai Abruszat FDP Drucksache 16/4518 Wie ist für Lehrerinnen und Lehrer sichergestellt, dass sie bei Fortbildungen nicht ungewollt gegen ein Neutralitätsgebot verstoßen? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 1789 mit Schreiben vom 30. Dezember 2013 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die „Welt am Sonntag“ berichtete am 17. November 2013 über die Partnerschaften mit bzw. „Fortbildungen“ für Lehrerinnen und Lehrer eines großen US-amerikanischen Computerkonzerns . Dieser verfüge über eine eigene Bildungs-Internetseite, zu dessen Angebot demnach auch Apps oder auch Unterrichtsbeispiele unterschiedlicher Fächer zählen. Die entsprechende Software sei demnach nur mit den „unabdingbaren“ Geräten zu nutzen; hierbei werde ein „Bildungsrabatt“ gewährt. Gleichzeitig biete der Konzern demnach entsprechende „Fortbildungen“ an, die laut Artikel und der dort zitierten Konzernaussagen erkennbar in einem Zusammenhang mit dessen Produktwelt stehen. Zwar ist weder z.B. ein Sponsoring durch die Wirtschaft noch generell ein Engagement von Firmen im Bildungsbereich in den hierfür zu Recht bestehenden gesetzlichen Grenzen abzulehnen . Das in dem angesprochenen Artikel dargelegte Vorgehen wird aber vollkommen zu Recht deutlich kritisch hinterfragt. So heißt es dort unter anderem, laut niedersächsischem Kultusministerium verstießen die genannten „Fortbildungen“ gegen die Antikorruptionsrichtlinien und für 10 Bundesländer sei eine Teilnahme an den angesprochenen „Fortbildungen“ verboten und weiter: „auch das Schulministerium Nordrhein-Westfalen hält von Firmen bezahlte produktspezifische Fortbildungsreisen für unzulässig“. Dennoch wird in dem Artikel ausgeführt, dass mehr als 2000 Lehrerinnen und Lehrer bislang an dem Programm teilgenommen hätten, darunter demnach laut Auskunft des Konzerns LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4706 2 auch eine dreistellige Zahl deutscher Pädagogen. Von Letztgenannten heißt es zum Beispiel , dass sie eine Erklärung hätten vorlegen müssen, wonach die Teilnahme von Vorgesetzten genehmigt wurde. Darüber hinaus wird auch auf weitere Aktivitäten anderer Konzerne hingewiesen, die von Schulen laut Darstellung „enthusiastisch aufgenommen“, von anderer Seite jedoch sehr kritisch betrachtet werden. Als eine Begründung dieser „enthusiastischen Aufnahme“ werden unzureichende IT-Fortbildungsprogramme angeführt. Des Weiteren betont der Welt-Artikel den im Vergleich der Industriestaaten erhobenen unterdurchschnittlichen Einsatz von IT im Unterricht sowie die im europäischen Vergleich begrenzten Kenntnisse. Gleichzeitig liefen Schulen Gefahr, dass die Nutzung firmenspezifischer Hardund Software – sozusagen naturgemäß – eine „Prägung“ auf die entsprechenden Konzernprodukte herbeiführen würden. Hieran anschließend drängt sich natürlich auch für die Lehrenden die Frage auf, wann eine Nutzung „unabdingbarer“ Soft- und Hardware sowie entsprechende Fortbildungen zur Unterrichtung der Kinder und Jugendlichen hin zu „produktspezifischer Fortbildung“ verschwimmen können. Daher ist es gerade auch in Anbetracht der Notwendigkeit der Stärkung der ITKenntnisse von Lehrenden wie Lernenden als auch vor dem Hintergrund der Fürsorgepflicht des Landes für seine Landesbediensteten wichtig zu erfahren, wie die entsprechenden Grenzen ausgestaltet sind; einerseits um die Landesbediensteten zu schützen, andererseits um gleichzeitig eine Stärkung der IT-Kenntnisse sicherzustellen. Vorbemerkung der Landesregierung Nach den in NRW einschlägigen Regelungen dürfen Tarifbeschäftigte und Beamtinnen und Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen grundsätzlich keine Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihre dienstliche Tätigkeit annehmen (§ 42 des Beamtenstatusgesetzes, § 59 des Landesbeamtengesetzes, § 3 Abs. 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder). Durch dieses Verbot soll jeglicher Anschein vermieden werden, dass Beschäftigte des öffentlichen Dienstes für persönliche Vorteile empfänglich oder gar bestechlich sein könnten. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung des Dienstvorgesetzten bzw. Arbeitgebers. Die Zuständigkeit liegt für Lehrkräfte auf der Ebene der Schulaufsicht. Von Firmen bezahlte produktspezifische Fortbildungsreisen sind nach Auffassung der Landesregierung generell nicht zulässig. 1. Wo zieht die Landesregierung genau die Grenze zwischen „produktspezifischer Fortbildung“ und eines – eventuell – aufgrund der Schulausstattung unabdingbaren Engagements im entsprechenden IT-Fortbildungsbereich? Die Zuständigkeit und Verantwortung für die IT-Ausstattung von Schulen liegt bei den Schulträgern , die sich somit auch für möglicherweise unabdingbare Ersteinweisungen zum Einsatz der Ausstattung entscheiden. 2. Wie wird bezüglich der unterschiedlichen IT-Fortbildungsangebote sicherge- stellt, dass Pädagogen nicht versehentlich an Fortbildungen teilnehmen, mit denen sie aufgrund mangelnder Kenntnisse gegen ein Neutralitätsgebot verstoßen ? Fortbildungsangebote und deren Inhalte im Bereich der IT, die unter staatlicher Aufsicht und Verantwortung liegen, entsprechen dem Neutralitätsgebot. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4706 3 3. Wie ist sichergestellt, dass Vorgesetzte, die laut Artikel die Teilnahme an den genannten „Fortbildungen“ offenbar genehmigt haben, über die entsprechenden Kenntnisse verfügen? Genehmigungen von Ausnahmen vom Annahmeverbot für Vergünstigungen werden durch die zuständige Schulaufsicht erteilt. Durch diese zentrale Bearbeitung von Genehmigungen sind entsprechende Kenntnisse vorhanden. 4. Wenn Pädagogen aus Nordrhein-Westfalen aus Unkenntnis teilgenommen haben und damit zu der genannten dreistelligen Zahl deutscher Lehrerinnen und Lehrer zählen würden, wären dann aus Sicht der Landesregierung Konsequenzen zu ziehen? Konkrete Fälle, in denen Pädagogen aus Unkenntnis an benannten Fortbildungen teilgenommen haben, sind nicht bekannt. Mögliche Konsequenzen würden sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls richten. 5. Plant die Landesregierung eine Initiative, die eine verstärkte Fortbildung der Leh- rerinnen und Lehrer im IT-Bereich vorsieht? Lehrkräften stehen im IT-Bereich in großem Umfang Angebote zum Erwerb von Medienkompetenz zur Verfügung und werden durch die Medienberaterinnen und Medienberater in allen 53 Kompetenzteams vorgehalten. Eine darüber hinausgehende Initiative ist nicht geplant.