LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4707 02.01.2014 Datum des Originals: 30.12.2013/Ausgegeben: 07.01.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1777 vom 25. November 2013 des Abgeordneten Jens Kamieth CDU Drucksache 16/4480 „Versehentliche“ Tattoo-Entfernung bei Untersuchungshäftling Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 1777 mir Schreiben vom 30. Dezember 2013 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bereits am 26.07.2013 berichtete das Solinger Tageblatt, dass sich ein unter Mordverdacht stehender Untersuchungshäftling der JVA Wuppertal-Vohwinkel an verhandlungsfreien Tagen auf Staatskosten seine Tätowierungen entfernen lasse. Zu diesem Zweck werde der 38- Jährige regelmäßig zu kostspieligen Laserbehandlungen in das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg im Kreis Unna gefahren. Auf Antrag der CDU-Fraktion befasste sich der der Rechtsausschuss am 18.09.2013 mit dem Vorfall. Dabei musste Justizminister Kutschaty einräumen, dass der Mann keinen Anspruch auf eine entsprechende Behandlung habe. Zitat: „Bei dem in der Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Vohwinkel lnhaftierten, der zu der benannten Presseberichterstattung Anlass gegeben hatte, handelt es sich um einen Untersuchungsgefangenen. Personen, die nach dem Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Untersuchungshaft in Nordrhein-Westfalen (Untersuchungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen - UVollzG NRW) inhaftiert sind, haben keinen Leistungsanspruch im Hinblick auf eine medizinische Behandlung, die eine soziale Eingliederung fördern. Im Hinblick hierauf ist die Behandlung zwischenzeitlich unterbrochen worden“ (Vorlage 16/1137). Ein Sprecher des Justizministeriums ergänzte später, die TattooEntfernung sei bei dem Mann „versehentlich schon während seiner Zeit in Untersuchungshaft “ begonnen worden (BILD vom 13.11.2013). Der Leiter der Abteilung „Justizvollzug“ im NRW-Justizministerium hatte bezüglich der Kosten von rechtsgrundlosen Behandlungen eines Untersuchungshäftlings Folgendes ausgeführt : „Wenn sich bei einem Untersuchungsgefangenen im Nachhinein herausstelle, dass er letztlich keinen Anspruch auf die von ihm erbetene und für sinnvoll gehaltene Maßnahme LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4707 2 gehabt habe, dann müssten im Rahmen einer Prüfung, ob er an den Kosten beteiligt werden solle, dieselben Abwägungen vorgenommen werden wie sonst auch. Es müsse also geprüft werden, ob die Behandlung im Einzelfall sinnvoll gewesen sei oder nicht“ (APr 16/237, S. 30). Darüber hinaus sei ggfs. zu prüfen, „ob er [der Untersuchungshäftling] möglicherweise einen Anspruch gegen den Staat habe. Ein solcher könne sich beispielsweise aus Gesichtspunkten des § 839 BGB ergeben, wegen des Beginns dieser Maßnahme, die nicht beendet worden sei; oder es könne vielleicht ein Anspruch auf Grundlage des Strafrechtsentschädigungsgesetzes bestehen“ (APr 16/237, S. 31 f.). 1. In welchem Umfang sind dem o.g. Untersuchungshäftling bis zum Abbruch der Behandlung Tätowierungen entfernt worden? (Bitte Anzahl, Motiv, Größe, und Position der Tätowierungen angeben.) Wie öffentlich bekannt ist, sind an den Unterarmen des Inhaftierten mehrere Tätowierungen vorhanden, die teilweise entfernt worden sind. Eine Preisgabe weiterer Einzelheiten des dermatologischen Befundes und der medizinischen Behandlung des Inhaftierten durch medizinische Einrichtungen des Justizvollzuges wäre ohne Einwilligung des Betroffenen nicht zulässig. 2. Zu welchem Ergebnis ist die Landesregierung bei der vom Abteilungsleiter „Jus- tizvollzug“ angekündigten Prüfung einer Beteiligung des Untersuchungshäftlings an den Kosten der rechtsgrundlosen Tattoo-Entfernung gekommen? Die Frage einer Beteiligung des Untersuchungshäftlings an den Kosten der Entfernung der Tätowierungen ist von der zuständigen Anstaltsleitung geprüft worden. Eine Kostenbeteiligung kommt demnach nicht in Betracht. 3. Inwieweit bestehen nach Ansicht der Landesregierung wegen der „versehent- lich“ begonnenen, später abgebrochenen Behandlung Ansprüche des Untersuchungshäftlings gegen den Staat? Der Inhaftierte hatte als Untersuchungsgefangener gemäß den Vorgaben des Untersuchungshaftvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen keinen Anspruch auf Maßnahmen der sozialen Eingliederung. Durch die begonnene Entfernung von Tätowierungen entstehen dem Gefangenen keine medizinisch relevanten Nachteile. Daher bestehen keine Ansprüche des Untersuchungsgefangenen gegen das Land Nordrhein-Westfalen. 4. Welche jährlichen Kosten sind im Zusammenhang mit der Tattoo-Entfernung für Strafgefangene seit 2010 für das Land Nordrhein-Westfalen angefallen? Die in Rede stehende Enttätowierung ist eine vollzugliche Maßnahme der sozialen Eingliederung , die seit 1998 im Justizvollzugskrankenhaus Nordrhein-Westfalen durchgeführt wird. Diese Behandlungsmaßnahmen wurden unter der späteren schwarz-gelben Landesregierung fortgeführt. Die Entfernung von Hautzeichnungen geschieht unter Nutzung eines ohnehin vorhandenen Gerätes und unter Einsatz ebenfalls vorhandenen Personals des medizinischen Dienstes. Vor diesem Hintergrund ist eine Bezifferung der Kosten nicht möglich.