LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4719 06.01.2014 Datum des Originals: 03.01.2014/Ausgegeben: 09.01.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1762 vom 15. November 2013 der Abgeordneten Peter Preuß und Holger Müller CDU Drucksache 16/4395 Fachkräftemangel versus Anerkennungsverfahren – Warum ist eine zeitnahe Anerkennung der Berufsqualifikation nicht möglich? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 1762 mit Schreiben vom 3. Januar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales, dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie , Mittelstand und Handwerk und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bereits heute kommt es im Bereich der Pflege zu personellen Engpässen. Davon betroffen sind auch Krankenhäuser in NRW. Es besteht Einigkeit darüber, dass diesem Fachkräftemangel auch mit der Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland entgegen gewirkt werden muss. Am Heilig-Geist-Krankenhaus in Köln-Longerich hat man reagiert. Dort haben im September dieses Jahres drei qualifizierte Pflegekräfte aus Bosnien ihren Dienst angetreten. Diese drei neuen Mitarbeiter haben eine auf drei Monate befristete Aufenthaltsgenehmigung. Innerhalb dieses Zeitraums müsste die Anerkennung der Ausbildung bzw. der Berufsqualifikation von Seiten der Bezirksregierung Düsseldorf erfolgen. Die personellen Möglichkeiten des zuständigen Referats bei der Bezirksregierung Düsseldorf sind jedoch auf dem Stand von 2008. Damals ging man von 300 Anträgen pro Jahr aus, für 2013 erwartet man schon ca. 1.200 Anträge. Daraus ergibt sich aktuell eine Bearbeitungszeit von mindestens 5 Monaten. Zudem ist für Anerkennungsverfahren in ganz NRW ausschließlich die Bezirksregierung Düsseldorf zuständig. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4719 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Aussage in der Kleinen Anfrage, dass die Personalsituation des Landesprüfungsamtes für Medizin, Pharmazie und Psychotherapie bei der Bezirksregierung Düsseldorf für den Bereich der Berufsanerkennung der Gesundheitsfachberufe auf dem Stand von 2008 sei, ist nicht zutreffend. Dies gilt ebenso für die Ausführungen, dass man 2008 von 300 Anträgen pro Jahr ausgegangen sei und dass aktuell eine Bearbeitungszeit von mindestens 5 Monaten bestehe. Die folgende tabellarische Aufstellung zeigt die Antragsentwicklung und die Personalverstärkung seit 2008 auf: Jahr Anträge Vollzeitanteil hö- herer Dienst Vollzeitanteil gehobener Dienst Vollzeitanteil mittlerer Dienst 2008 521 0,2 – 0,3 2 0 2009 550 0,2 – 0,3 2 1 ab 09/2009 2010 633 0,2 – 0,3 2 0,5 2011 661 0,2 – 0,3 2, 2,4 ab 09/2011 0,6 2012 946 0,2 – 0,3 2,4 0,6 2013 1.124 0,2 – 0,3 2,4 3,4 ab 08/2013 1,6 2014 1.400 – 1.600 (lt. Prognose der Bezirksregierung Düsseldorf) 0,2 – 0,3 4,3 ab 01/2014 1,6 Das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen vom 6. Dezember 2011 hat in den Jahren 2012 und 2013 zu einer deutlichen Steigerung der Antragszahlen geführt. Diese Entwicklung wird sich voraussichtlich in den Folgejahren fortsetzen. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat ihr Personal seitdem deutlich verstärkt. Nach Mitteilung der Bezirksregierung Düsseldorf hat die deutliche Steigerung der Antragszahlen bis Mitte 2013 zu einer langen Bearbeitungszeit geführt. Es dauerte 7 bis 8 Monate, bis der Antrag erstmals bearbeitet werden konnte. Infolge der Personalverstärkung konnte die Situation deutlich verbessert werden. Die Bearbeitungszeit bis zur ersten Prüfung der Anträge beträgt nach einer aktuellen Auskunft der Bezirksregierung Düsseldorf derzeit nur noch 1 bis 2 Monate. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4719 3 1. Wie steht die Landesregierung zur Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken? Nach Auffassung der Landesregierung kann die Lösung für den Fachkräftemangel in der Pflege nicht im Ausland gefunden werden. Der direkte Weg, den Fachkräftemangel zu verringern , besteht darin, im Inland die Ausbildungsanstrengungen weiterhin zu verstärken. Gerade in dem in der Kleinen Anfrage angesprochenen Berufsfeld Pflege geht es darum, das Berufsbild aufzuwerten sowie die Rahmenbedingungen in den Pflegeberufen zu verbessern . Deshalb hat die Landesregierung die Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege unterzeichnet, mit der sich Bund, Länder und Verbände am 13. Dezember 2012 erstmals auf eine gemeinsame, bundesweite Initiative zur Fachkräftesicherung im Bereich der Altenpflege in insgesamt zehn Handlungsfeldern verständigt haben. Zu den vielfältigen Zielvereinbarungen der Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive gehören u. a. die Steigerung der Ausbildungszahlen in jedem Jahr der Ausbildungsoffensive um zehn Prozent und die Wiedereinführung der dreijährigen Umschulungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA). Zudem haben sich die Länder verpflichtet, zu prüfen, ob Umlageverfahren zur Finanzierung der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege eingeführt werden können. In Nordrhein-Westfalen wurde bereits zum 01. Juli 2012 ein Umlageverfahren in der Altenpflegeausbildung eingeführt. Bereits im ersten Jahr konnte ein großer Erfolg erzielt werden. Die Zahl der Altenpflegeschülerinnen und -schüler ist im Zeitraum von Dezember 2011 bis Dezember 2012 um 20 Prozent bzw. über 2000 von rund 10.000 auf über 12.000 gestiegen. Für das Jahr 2013 zeichnet sich ein weiterer Anstieg der Ausbildungszahlen in einem ähnlichen Umfang ab. NRW hat daher wichtige Bausteine der Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive schon heute in vorbildlicher Weise umgesetzt. Eine aktive Anwerbung von Pflegefachkräften aus dem Ausland ist demgegenüber aus Sicht der Landesregierung kein zielführender Weg. Vielmehr ist dies vor allem dann problematisch , wenn im Herkunftsland kein Überschuss an Fachkräften vorliegt. In diesem Fall besteht durch die systematische Anwerbung die Gefahr des sog. „brain drain“. D.h. dem Arbeitsmarkt der Herkunftsländer werden dadurch wertvolle Fachkräfte, die dort selbst benötigt werden, entzogen. Zudem stellt gerade die Pflege als sehr emotions-, biographie- und persönlichkeitsbezogener Beruf hohe Anforderungen an die sprachliche und kulturelle Kompetenz und Sensibilität der Pflegekräfte. Die mit den politisch diskutierten „Anwerbungsoffensiven “ oft einhergehenden Vorschläge, die sprachlichen Anforderungen in diesem Zusammenhang abzusenken, lehne ich daher ausdrücklich ab. Anwerbeaktionen und -maßnahmen für Pflegekräfte im Ausland wird die Landesregierung daher nicht aktiv unterstützen. Wer allerdings aus eigenem Antrieb nach Deutschland kommt oder sich sogar seit längerem hier aufhält und die erforderliche fachliche und soziale Kompetenz nachweist, ist herzlich willkommen und sollte schnell das erforderliche Anerkennungsverfahren durchlaufen können. 2. Warum finden im Rahmen des Anerkennungsverfahrens für die Ausbildung bzw. der Berufsqualifikation die Fristen der Aufenthaltsgenehmigung keine Beachtung? Maßgebend für das Berufsanerkennungsverfahren sind nicht die Fristen der Aufenthaltsgenehmigung , sondern die im Berufsrecht enthaltenen Regelungen. Die Fristenregelung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege (§ 20a KrPflAPrV) regelt, dass die zuständige Behörde der antragstellenden Person binnen eines Monats nach LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4719 4 Eingang des Antrags den Antragseingang und den Empfang der Unterlagen bestätigt und ihr mitteilt, welche Unterlagen fehlen. Wie bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, beträgt die Bearbeitungszeit der Anträge auf Berufsanerkennung derzeit nach Mitteilung der Bezirksregierung Düsseldorf ein bis zwei Monate. 3. Ist eine personelle Aufstockung des zuständigen Referats der Bezirksregierung Düsseldorf geplant? Die Landesregierung unterstützt die Bezirksregierung Düsseldorf seit Jahren, das Personal entsprechend der Antragsentwicklung zu verstärken. Sofern sich der von der Bezirksregierung Düsseldorf prognostizierte Antragsanstieg 2014 (1.400 bis 1.600 Anträge) bestätigen und organisatorische Maßnahmen keine positiven Effekte auf die Verfahrensgestaltung versprechen sollten, muss eine weitere Verstärkung des Personals geprüft werden. 4. Gibt es Überlegungen, die Zuständigkeit für das Anerkennungsverfahren auf alle Bezirksregierungen in NRW aufzuteilen? Nein. Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben sich in der Konferenz am 13. Juni 2013 u.a. dafür ausgesprochen, den Verwaltungsvollzug der Anerkennungsgesetze durch weitere Bündelungen von Kompetenzen und Zuständigkeiten zu vereinheitlichen . Die Konzentrierung der Durchführung der Berufsanerkennungsverfahren für die Gesundheitsfachberufe 2008 beim Landesprüfungsamt für Medizin, Pharmazie und Psychotherapie bei der Bezirksregierung Düsseldorf hat sich bewährt. Durch die Konzentrierung dieser Aufgabe bei einer zuständigen Behörde kann am ehesten Fachkompetenz gebündelt und ein einheitliches Verwaltungshandeln sichergestellt werden.