LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4724 06.01.2014 Datum des Originals: 30.12.2013/Ausgegeben: 09.01.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1804 vom 29. November 2013 der Abgeordneten Peter Preuß und Walter Kern CDU Drucksache 16/4555 Wie begründet das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter die Reduzierung der Gelder aus der Umlage zur Altenpflegeausbildung? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 1804 mit Schreiben vom 30. Dezember 2013 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Zum 1. Juli 2012 wurde in Nordrhein-Westfalen ein Umlageverfahren im Bereich der Altenpflegeausbildung als zentrale Maßnahme gegen den Fachkräftemangel in der Pflege eingeführt . Ziel war die solidarische Beteiligung aller Pflegeeinrichtungen und ambulanten Dienste an den Kosten der Ausbildung und die Refinanzierung der Ausbildungsvergütungen. Die Zahlungen an die ausbildenden Einrichtungen wurden jetzt um 3 % gekürzt. Frau Ministerin Steffens führte im Plenum am 28.11.2013 zum Einzelplan 15 aus, dass grundsätzlich alle Pflegeeinrichtungen die Umlage zahlen müssen, die dann auf die ausbildenden Träger verteilt wird. Die Kürzung um 3 % sei erfolgt, weil teilweise die Umlagezahlungen nicht erfolgt sind. „Wenn die Gelder eingetrieben sind, werden sie weiterverteilt.“ Vorbemerkung der Landesregierung Zum 01. Juli 2012 startete in Nordrhein-Westfalen das Umlageverfahren zur Finanzierung der Ausbildungsvergütungen in der Altenpflege. Das Verfahren stellt einen wichtigen Baustein in der Gesamtstrategie des Landes zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Pflege dar. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4724 2 Das Umlageverfahren ist seit seiner Einführung ein großer Erfolg, der sich in der über alle Erwartungen hinausgehenden Steigerung der Ausbildungsplatzzahlen in NordrheinWestfalen zeigt. Während die Anzahl der landesgeförderten Ausbildungsplätze im Dezember 2011 noch bei rund 10.000 lag, stieg sie bis Dezember 2013 auf mehr als 14.500 an. Dies bedeutet eine Steigerung um rund 45% innerhalb von nur zwei Jahren – eine herausragende Erfolgsgeschichte dank des großen Engagements aller Beteiligten. Ende des Jahres 2013 befinden sich damit in Nordrhein-Westfalen einschließlich der von der Bundesagentur für Arbeit finanzierten Umschülerinnen und Umschüler insgesamt rund 17.200 Auszubildende in der Altenpflegeausbildung. Mit der erfreulicherweise sehr großen Steigerung der Anzahl der Ausbildungsverhältnisse ist in diesem Jahr auch die bedauerliche Gefahr einer Kürzung der Erstattungszahlungen aus der Umlage verbunden. 1. Welche Rechtsgrundlage erlaubt die Kürzung der Umlagezahlungen um 3 %? Die Rechtsgrundlage für die Kürzung der Erstattungsbeträge im vierten Quartal 2013 findet sich in § 11 Absatz 5 Satz 2 Altenpflegeausbildungsausgleichsverordnung (AltPflAusglVO). Bei dem Ausgleichsverfahren zur Finanzierung der Ausbildungsvergütungen handelt es sich um ein geschlossenes, von den Haushalten des Landes und der Landschaftsverbände unabhängiges Finanzierungssystem. Das bedeutet, dass nur der Gesamtbetrag im Rahmen von Erstattungszahlungen auf die ausbildenden Pflegeeinrichtungen und ambulanten Dienste umgelegt werden kann, der von den Einrichtungen über die Umlagebeträge in die Ausgleichsmasse eingezahlt wurde. Für das 4. Quartal 2013 standen bei den Landschaftsverbänden eingegangene Ausgleichsbeträge in Höhe von 52.679.248 Euro für Erstattungszahlungen zur Verfügung. Der aufgrund der angemeldeten Erstattungen auszuzahlende Betrag belief sich hingegen auf 54.688.945 Euro. Es bestand somit eine Differenz von insgesamt – 2.009.697 Euro. Aufgrund der nicht ausreichenden Ausgleichsbeträge wurden folglich gemäß § 11 Absatz 5 Satz 2 AltPflAusglVO alle Erstattungsbeträge im 4. Quartal 2013 um 3,75 Prozent gekürzt. Eine abschließende Berechnung der Erstattungsansprüche 2013 erfolgt erst im Rahmen der Jahresendabrechnung, die im Frühjahr 2014 durchgeführt wird. Die hierfür maßgeblichen Meldungen müssen von den Einrichtungen bis zum 20. Januar 2014 vorgenommen werden. Erst zu diesem Zeitpunkt steht abschließend fest, wie hoch die eingegangenen Ausgleichsbeträge tatsächlich und wie hoch demgegenüber die zur Erstattung angemeldeten Ausbildungsvergütungen sind. In dieser Abschlussrechnung wird sich der Kürzungsbetrag von 3,75 % für das 4. Quartal 2013 bezogen auf das gesamte Erhebungsjahr 2013 aller Voraussicht nach deutlich reduzieren. Ob ein vollständiger Ausgleich der vorgenommenen Kürzungen erfolgen kann, kann auf Grundlage der derzeit vorliegenden Daten nicht abschließend beantwortet werden. 2. Welche Pflegeeinrichtungen kommen der Umlagezahlung nicht nach? Die Beantwortung dieser Frage würde für jede betroffene Einrichtung eine rechtliche Einzelfallprüfung voraussetzen, inwieweit das Veröffentlichungsinteresse das Interesse am Schutz personenbezogener Daten von Einzelpersonen als Einrichtungsträgerinnen und -träger bzw. von betrieblichen Informationen von Unternehmen überwiegt. Eine solche Prüfung kann im Rahmen einer Kleinen Anfrage nicht erfolgen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4724 3 Die Prüfung wäre auch insoweit komplex, als die offenen Forderungen aus unterschiedlichen Gründen bestehen: In den Fällen, in welchen die Einrichtungen gegen die Erhebungsbescheide geklagt haben, besteht für diese aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beispielsweise keine Zahlungsverpflichtung. Diese Einrichtungen erhalten jedoch auf der anderen Seite keine Erstattungszahlungen aus der Umlage. Hinzu kommen Einzelfälle, in welchen zur Vermeidung einer besonderen Härte Stundungen gewährt wurden. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Ratenzahlungsvereinbarungen mit den betroffenen Einrichtungen. Bisher sind 349 von insgesamt 5091 Einrichtungen ihren Zahlungsverpflichtungen ganz oder teilweise nicht nachgekommen. Dies entspricht einem Anteil von 6,85%. Grundsätzlich ist folglich festzuhalten, dass bei allen am Ausgleichsverfahren teilnehmenden Einrichtungen eine hohe Zahlungsmoral besteht. 3. Wie hoch sind die ausstehenden Umlageverpflichtungen? Für das Erhebungsjahr bestehen noch offene Umlageforderungen in Höhe von 1,9 Mio. Euro . Dies entspricht bezogen auf die Gesamtforderungen im Erhebungsjahr 2013 in Höhe von rund 194,1 Mio. Euro (Ausgleichsmasse in Höhe von rd. 193,3 Mio. Euro zuzüglich der Verwaltungskosten gem. § 8 AltPflAusglVO) einem Anteil von rd. 0,99 %. Die Quote der erfüllten Zahlungsverpflichtungen liegt insgesamt bei rd. 99 %. Im Verfahren besteht somit eine sehr gute Zahlungsmoral der teilnehmenden Pflegeeinrichtungen und ambulanten Dienste. 4. Wie gewährleistet die Landesregierung Planungssicherheit für die ausbildenden Pflegeeinrichtungen im Hinblick auf die zu erwartenden Zahlungseingänge aus der Umlage? Auch wenn die Kürzungssituation für die ausbildenden Pflegeeinrichtungen und ambulanten Dienste sicherlich ärgerlich ist, so ist zu beachten, dass diese mehreren Sonderkonstellationen im Erhebungsjahr 2013 geschuldet ist, die für das Jahr 2014 nicht eintreten werden. Der entscheidende Grund für die Kürzungssituation ist dabei die erfreuliche Dynamik des gesamten Verfahrens und die damit verbundene erhebliche Steigerung der Ausbildungsplatzzahlen . Denn je mehr Altenpflegeschülerinnen und -schüler im Umlageverfahren gemeldet werden, desto mehr Geld ist zur Erstattung der Ausbildungsvergütungen erforderlich. Die dem Umfang nach nicht erwartbare Steigerung der Ausbildungszahlen wurde in der Berechnung der Ausgleichsmasse für das Jahr 2013 trotz des Sicherheitszuschlags in Höhe von 15 Prozent nicht ausreichend abgebildet, da Grundlage für die Berechnung die Ausbildungszahlen vom 01.01.2012 waren – einem Termin noch vor Einführung des Umlageverfahrens. Hinzu kommt, dass seit den Stichtagen zur Berechnung der Ausgleichsmasse für das Erhebungsjahr 2013 im Geltungsbereich des Tarifvertrages für Auszubildende des öffentlichen Dienstes (TVAöD) – besonderer Teil Pflege vom 13. September 2005 zwei Tariferhöhungen wirksam geworden sind. Der Höchstbetrag an erstattungsfähigen Ausbildungsvergütungen ist hierdurch angestiegen, während bei der Berechnung der Ausgleichsmasse nur die niedrigen Werte berücksichtigt werden konnten. Zudem ist zu beachten, dass sich die Kürzung rechnerisch zunächst allein auf die Erstattungsansprüche im 4. Quartal 2013 bezieht. Eine abschließende Berechnung der Erstattungsansprüche für das gesamte Erhebungsjahr 2013 erfolgt erst im Rahmen der Jahres- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4724 4 endabrechnung im Frühjahr 2014. Erst nach dieser Gesamtabrechnung wird feststehen, wie hoch die eingegangenen Ausgleichsbeträge tatsächlich sind und wie viel Geld somit für Erstattungszahlungen im Erhebungsjahr 2013 zur Verfügung steht. Bliebe es bei dem bisherigen Defizit, würde dies auf das ganze Erhebungsjahr 2013 betrachtet eine Kürzung um rd. 1 Prozent ausmachen. Auch wenn für das Erhebungsjahr 2013 eine Kürzungssituation eingetreten ist, ist das gesamte System grundsätzlich so angelegt, dass eine ausreichend hohe Ausgleichsmasse für Erstattungen berechnet und festgesetzt wird. Hierfür sorgt zum einen der Sicherheitszuschlag gemäß § 5 Nr. 3 AltPflAusglVO, der sicherstellt, dass trotz einer wachsenden Anzahl an Auszubildenden eine auskömmliche Ausgleichsmasse für die Erstattungszahlungen vorhanden ist. Zum anderen sichert die Liquiditätsrücklage gemäß § 12 AltPflAusglVO die Auskömmlichkeit ab, die dafür sorgt, dass Überschüsse bis zu einer Höhe von 10 Prozent im System verbleiben. Eine darüber hinausgehende Absicherung des Verfahrens ist vor dem Hintergrund des § 82a des Elften Sozialgesetzbuches (SGB XI) nicht möglich. Denn nach dieser Vorschrift darf die Gesamthöhe der Umlage den voraussichtlichen Mittelbedarf zur Finanzierung eines angemessenen Angebots an Ausbildungsplätzen nicht überschreiten. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Pflegeeinrichtungen und ambulanten Dienste die Möglichkeit haben, ihren Pflegebedürftigen die Umlagebeträge in Rechnung zu stellen. Eine übermäßige Belastung der Pflegebedürftigen ist aus diesem Grund unzulässig und in jedem Fall zu vermeiden. Die Funktionsfähigkeit des Systems insgesamt erfordert eine hohe Zahlungsmoral der beteiligten Einrichtungen und wahrheitsgemäße Angaben der Einrichtungen bei den Meldungen der erstattungsfähigen Vergütungszahlungen. Neben den Landschaftsverbänden, die im Rahmen von Überprüfungen und Kontrollen einen ordnungsgemäßen Ablauf sicherstellen, sind folglich auch die beteiligen Pflegeeinrichtungen und ambulanten Dienste selbst für ein erfolgreiches Verfahren mitverantwortlich. 5. Gibt es weitere Gründe für eine 3% Reduzierung der Umlagezahlungen? Die Kürzung ist allein auf die in der Antwort zu Frage 1 dargestellte Situation zurückzuführen. Mit freundlichen Grüßen