LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4736 07.01.2014 Datum des Originals: 07.01.2014/Ausgegeben: 10.01.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1810 vom 9. Dezember 2013 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/4573 Altersdiskriminierung bei kommunalen Wahlbeamten? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1810 mit Schreiben vom 7. Januar 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Kommunale Wahlbeamte, welche anders als Oberbürgermeister, Landräte und Bürgermeister von der jeweiligen Kommunalvertretung und nicht von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählt werden, haben nach den bisherigen Regelungen eine Amtszeit von acht Jahren im Status des Beamten auf Zeit. Damit haben Beigeordnete, Kreisdirektoren und zum Beispiel die Landesräte bei den Landschaftsverbänden eine hervorgehobene kommunale Position inne, die sie von den übrigen Bediensteten der kommunalen Verwaltungen, aber auch von ihren dienstvorgesetzten Hauptverwaltungsbeamten unterscheidet. Sie führen die Ihnen zugewiesenen Aufgabenbereiche eigenständig. Sie sind Teil des Verwaltungsvorstandes ihrer Kommune. Anders als die Hauptverwaltungsbeamten müssen sie eine gesetzlich definierte Qualifikation vorweisen, um ihr Amt antreten zu können. Darüber hinaus sind sie bei Wiederwahl verpflichtet, eine zweite und dritte Amtszeit anzunehmen, wenn aus diesem Beamtenverhältnis ein Anspruch auf Ruhegehalt abgeleitet werden soll. Der Gesetzgeber hat die Altersgrenze für Oberbürgermeister, Landräte und Bürgermeister abgeschafft. Bei Beigeordneten und Kreisdirektoren ist es aber bei der bisherigen Regelung verblieben. Als Besonderheit gilt nach den landesbeamtengesetzlichen Vorschriften allerdings eine Höchstaltersgrenze für die erstmalige Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Zeit. Ein Kandidat für das Amt zum Beispiel eines Beigeordneten darf bei seiner ersten Wahl nicht älter als 56 Jahre alt sein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4736 2 Einem Bericht der Westdeutschen Zeitung vom 07.12.2013 zu Folge soll ein Beamter gegen genau diesen Regelungsinhalt eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle angestrengt haben. Im Rahmen einer sogenannten einstweiligen Anordnung soll das zuständige Verwaltungsgericht Düsseldorf dem Antrag des betreffenden Beamten entsprochen haben, der die Altersgrenze von 56 Lebensjahren als diskriminierend kritisiert haben soll. Vorbemerkung der Landesregierung Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 04.12.2013, Az. 26 L 2480/13 im Wege der einstweiligen Anordnung festgestellt, dass die Höchstaltersgrenze des § 120 Abs. 2 Satz 3 LBG NRW der Bewerbung des Antragstellers um das zum 01.01.2014 zu besetzende Amt einer/eines Beigeordneten bei der Stadt Erkrath nicht entgegensteht. Das Verwaltungsgericht führt aus, dass die Vorschrift des § 120 Abs. 2 Satz 3 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegen höherrangiges Recht, nämlich Bestimmungen der RiLi 2000/78 EG vom 27.11.2000 und des zu ihrer Umsetzung ergangenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.2006 verstößt. Zwar sei in § 31 LBG NRW in der seit dem 01.04.2009 geltenden Fassung die Regelaltersgrenze neu geregelt. Diese geänderte Regelung sei jedoch in § 120 Abs. 2 Satz 3 LBG NRW nicht berücksichtigt worden. Diese Vorschrift legt für die erstmalige Berufung eines „übrigen“ kommunalen Wahlbeamten eine Altersgrenze von 56 Jahren fest, um sicherzustellen, dass gewählte Amtsträger ihr Amt möglichst während der gesamten Amtszeit ausüben können und Zwischenwahlen vermieden werden. Der Antragsteller könne aber aufgrund der geänderten Altersgrenzen die 8-jährige Amtszeit als Beigeordneter noch vollumfänglich ableisten. Es sei daher überwiegend wahrscheinlich, dass die Bewerbung des Antragstellers im Rahmen des Auswahlverfahrens Berücksichtigung finden müsste, weil die seiner Bewerbung soweit ersichtlich allein entgegenstehende Regelung des § 120 Abs. 2 Satz 3 LBG NRW gegen höherrangiges Recht verstößt. Die Fragen 1 und 2 werden zusammengefasst beantwortet: 1. Sieht die Landesregierung die bisherige Rechtssetzung, wonach Beigeordnete bei ihrer ersten Wahl nicht älter als 56 Jahre sein dürfen noch als rechtmäßig an? 2. Sofern die Frage zu Ziffer 1 mit ja beantwortet wird: Gibt es Überlegungen in der Landesregierung, diese Altersgrenze zu verändern beziehungsweise analog der Regelungen bei den Hauptverwaltungsbeamten abzuschaffen? Die Landesregierung wird den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf sorgfältig auswerten. Bis zum Abschluss der Prüfung und eines gegebenenfalls erforderlichen Gesetzgebungsverfahrens habe ich die Kommunalaufsichtsbehörden gebeten, unter Berücksichtigung des o.a. Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 04.12.2013 bei vergleichbaren Sachverhalten von einer kommunalaufsichtlichen Beanstandung abzusehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4736 3 3. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung zum Beispiel über die Kommunalaufsicht von gleichgelagerten Fallkonstellationen über den in der Vorbemerkung zu dieser Kleinen Anfrage genannten Einzelfall hinaus? Der Landesregierung ist ein weiterer ähnlich gelagerter Fall bekannt. Die Bewerberin wurde für das Auswahlverfahren zugelassen. 4. Wäre aus Sicht der Landesregierung die Schaffung eines neuen, eigenständigen Dienstrechtes für kommunale Wahlbeamte ein geeigneter Weg, um den besonderen Herausforderungen der von diesem Personenkreis wahrgenommenen Ämter und Aufgaben Rechnung zu tragen? Für kommunale Wahlbeamte sind eigenständige Vorschriften im Dienstrecht vorhanden. Ob diese Vorschriften sinnvollerweise in einem einheitlichen Gesetzeswerk zusammenzufassen sind, wird die Landesregierung im Rahmen der Dienstrechtsmodernisierung bewerten.