LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4743 09.01.2014 Datum des Originals: 07.01.2014/Ausgegeben: 14.01.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1798 vom 29. November 2013 der Abgeordneten Dietmar Brockes, Ralph Bombis und Holger Ellerbrock FDP Drucksache 16/4541 Wirtschaftsentwicklung 2013 in Nordrhein-Westfalen Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1798 mit Schreiben vom 7. Januar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Land Nordrhein-Westfalen liegt zentral in der sogenannten Blauen Banane, dem europäischen wirtschaftlichen Verdichtungsraum, der sowohl von der Bevölkerungszahl als auch bei Wachstumskennzahlen wirtschaftlich an der Spitze Europas steht. Die guten Anbindungen an den internationalen Markt mit dem flächendeckenden Netz aus Straßen, Bahntrassen und Wasserwegen bieten Unternehmen in NRW einen guten Standort. Die aktuellen Entwicklungen stellen dieses doch positive Gesamtbild infrage. Während die Bundesregierung, wie auch der Internationale Währungsfond und die OECD Deutschland insgesamt, ein Wirtschaftswachstum von +0.5% für 2013 prognostizieren, sind die Konjunktur-Aussichten für Nordrhein-Westfalen unverändert bei voraussichtlich 0,4 Prozentpunkten unter dem Bundesdurchschnitt - trotz eines im Landeshaushalts von 2012 angesetzten Investitionsvolumen von 5,5 Milliarden Euro. So mahnte in diesem Zusammenhang auch die McKinsey Studie „NRW 2020 – Unser Land – Unsere Zukunft“ eine fehlende Ausschöpfung von Potentialen an. So schlägt sich der Negativtrend vor allem auf die Industrie nieder, das wichtigste Standbein des nordrhein-westfälischen Exports. So kündigt nach RWE, Bayer, Lanxess nun auch Evonik aus Mangel an guten Investitionsbedingungen und unsicheren Zukunftsperspektiven den Abbau tausender Stellen an. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4743 2 1. Wie bewertet die Landesregierung das schlechte Abschneiden des Landes im Vergleich zum Bund? Aktuell gibt es keine offiziellen Schätzungen zur Höhe des Wirtschaftswachstums in Nordrhein -Westfalen im gesamten Jahr 2013. Im ersten Halbjahr 2013 lag der Wachstumsrückstand nach den Berechnungen des Arbeitskreises Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder bei 0,3 Prozentpunkten. Er lag damit exakt auf der Höhe des Durchschnitts der in den letzten zehn Jahren zu beobachtenden Abweichungen. Im Vergleich zu davor liegenden Jahrzehnten haben sich die Wachstumsrückstände Nordrhein-Westfalens gegenüber dem Bund spürbar verkleinert, die Schere hat sich aber noch nicht vollständig geschlossen. 2. Welche Ursachen konnte die Landesregierung in diesem Zusammenhang dafür er- mitteln? Ursache für die Wachstumsrückstände sind vor allem Schwächen im Verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe. Der Dienstleistungsbereich entwickelt sich so gut wie der Bundesdurchschnitt . In Nordrhein-Westfalen, dem traditionellen industriellen Kern Westdeutschlands, gab und gibt es neben dynamisch aufstrebenden auch Wirtschaftsbereiche mit abnehmender Bedeutung . Politik und Sozialpartner in Wirtschaft und Gesellschaft haben diesen Strukturwandel sozialverträglich gestaltet; die Menschen haben den Wandel akzeptiert und ihm folgen können. Hierin liegt ein wichtiger Erfolg der Politik in NRW. Aktuell ist die wirtschaftliche Lage stabil. Nach allen Prognosen wird sich die Konjunktur im Jahr 2014 weiter beleben. Davon profitieren auch die Beschäftigten; mit über 8,9 Millionen Erwerbstätigen sind gegenwärtig mehr Menschen in Nordrhein-Westfalen in Lohn und Brot als jemals zuvor. 3. Welche Initiativen sind seit Beginn der Wahlperiode von der Landesregierung ausgegangen , um Rahmenbedingungen für ein positives Wirtschaftswachstum zu verbessern ? Der Leitgedanke der Wirtschaftspolitik der Landesregierung heißt vorausschauende Wirtschaftspolitik . Sie fasst Innovation und Fortschritt ins Auge. Vorausschauende Wirtschafts- und Strukturpolitik fördert einen stabilen Mittelstand, holt die Akteure der Wirtschaft ins Boot, hilft Unternehmen bei der Gewinnung qualifizierter Fachkräfte , ermöglicht Innovationen für modernes Wirtschaften und unterstützt die Wirtschaft bei der Erschließung zukunftsfähiger Leitmärkte. Mit der Leitmarktstrategie entwickelt die Landesregierung die erfolgreiche Clusterpolitik weiter und setzt die Innovationsaktivitäten fort. Bei den Leitmärkten handelt es sich um Märkte mit hohem Volumen bei Umsatz, Beschäftigung und in der Regel hohen Wachstumsraten. Mit den Innovationen auf diesen Märkten ist eine Impulskraft für die zukunftsfähige Weiterentwicklung der Industrie und Wirtschaft insgesamt verbunden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4743 3 Mit dem am 29.12.2012 in Kraft getretenen Mittelstandsförderungsgesetz und der dazugehörigen Verordnung (in Kraft getreten am 6. März 2013) werden dauerhaft mittelstandsgerechte Rahmenbedingungen in Nordrhein-Westfalen sichergestellt. 4. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung in Ihrem Handeln aus dem angekündigten massiven Stellenabbau in der Industrie? Auf Grund seiner Qualitäten ist Nordrhein-Westfalen nicht nur ein bevorzugter Standort für mittelständische Unternehmen, sondern beherbergt überproportional viele Zentralen international tätiger Konzerne; vierunddreißig der hundert größten Unternehmen Deutschlands haben ihren Sitz in NRW. Wenn diese Unternehmen auf globale Nachfrageschwankungen reagieren, ihre Produktivität steigern oder ihre Strukturen auf zukünftige Erfordernisse einstellen, so werden die damit verbundenen Beschäftigungseffekte am Sitz der Konzernsitze angekündigt; sie betreffen aber nur zu einem Teil Betriebe in Nordrhein-Westfalen. Die in der Kleinen Anfrage erwähnten Stellenkürzungen liegen in der Verantwortung der Unternehmen. Die Landesregierung hat hierauf keine direkten Einflussmöglichkeiten. Die Landesregierung ist sich der großen Bedeutung insbesondere der Chemischen Industrie für NRW bewusst. Deswegen verstärkt sie den Dialog mit den Unternehmen. Um Gespräche zu vertiefen, wichtige Herausforderungen für die Branche zu identifizieren und gemeinsam Lösungen zu finden, hat die Landesregierung für Februar 2014 zu einem Chemiegipfel eingeladen . Etwa 35 Vertreter der chemischen Industrie in NRW werden daran teilnehmen. 5. Mit welchen Maßnahmen will die Landesregierung das Vertrauen in die Indust- riefreundlichkeit des Landes wiederherstellen? Unabhängig von der Einschätzung der Industriefreundlichkeit des Landes befasst sich die Landesregierung mit dem wichtigen Thema der Akzeptanz für Industrieprojekte. Die Akzeptanz von Groß- und insbesondere Industrievorhaben in der Bevölkerung sind wichtige Standortfaktoren für Unternehmen. Daher ist die Unterstützung angemessener und ausreichender Bürgerbeteiligungen für derartige Vorhaben wesentlich für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft NRWs. Denn häufig beschleunigt ein solcher Dialog die Verfahren anstatt sie zu verlangsamen. Mit der Geschäftsstelle „Dialog schafft Zukunft – Fortschritt durch Akzeptanz NRW“ wurde eine neutrale und überparteiliche Dienstleistungsagentur eingerichtet, die die Unternehmen, Bürger und Behörden über die neuen Möglichkeiten informiert.