LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4759 13.01.2014 Datum des Originals: 13.01.2014/Ausgegeben: 16.01.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1807 vom 6. Dezember 2013 des Abgeordneten Christof Rasche FDP Drucksache 16/4560 Temporäre Seitenstreifenfreigabe als Mittel zur verkehrlichen Entlastung Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 1807 mit Schreiben vom 13. Januar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die temporäre Freigabe des Seitenstreifens ist ein Mittel, um in Ballungsräumen Autobahnabschnitte , die zu bestimmten Tageszeiten – vornehmlich im Berufsverkehr – überlastet sind, zu ertüchtigen. Sofern sie technisch umsetzbar und mit Blick auf die Verkehrssicherheit verantwortbar ist, kann die Freigabe zu einer erheblichen Stauminderung beitragen. In Nordrhein-Westfalen gibt es mehrere Verkehrsknotenpunkte, an denen sich täglich lange Staus bilden. Ein Beispiel hierfür ist das erhöhte Stauaufkommen auf der Bundesautobahn A 2 ab dem Autobahndreieck Bottrop (A 31), das sich teilweise bis Duisburg-Kaiserberg zieht. Da der gesamte Staubereich auf diesem Streckenabschnitt (insbesondere auch das Autobahnkreuz Oberhausen als mutmaßliche Stauwurzel) für den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2015 gemeldet ist, wäre es mit Blick auf die Verkehrseffizienz denkbar, eine temporäre Maßnahme einzuleiten. In deren Verlauf könnte eine Seitenstreifenfreigabe in den Hauptverkehrszeiten im Rahmen des Verkehrsmanagements (explizit ohne Planfeststellungsverfahren , da dieses der Situation zeitlich nicht gerecht würde) umgesetzt werden. Als Beispiele für eine erfolgreiche vorzeitige Seitenstreifenfreigabe zur verkehrlichen Entlastung sind in NRW der Kölner Ring (anlässlich der Fußballweltmeisterschaft), die A 59 bei Bonn, aber auch die A 44 östlich des Autobahnkreuzes Dortmund/Unna oder die A 45 südlich des Westhofener Kreuzes zu nennen. Diese Strecken waren im BVWP 2003 für die Ertüchtigung auf acht Spuren vorgesehen, sodass frühzeitige Veränderungen mit der Zustimmung des Bundes im Vorgriff auf den Ausbau möglich waren. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4759 2 Auf positive Erfahrungen mit temporären Umnutzungen des Standstreifens verweist auch die Landesregierung in ihrer Vorlage für den Verkehrsausschuss vom 6.Juni 2013 (Vorlage 16/899). 1. Wie bewertet die Landesregierung grundsätzlich die Möglichkeit, durch die tempo- räre Freigabe des Standstreifens für Entlastung auf besonders von Stau betroffenen Streckenabschnitten zu sorgen? (Bitte bei der Beantwortung auflisten, für welche Strecken aktuell konkret eine solche Freigabe in Betracht gezogen wird.) Die temporäre Seitenstreifenfreigabe wird als eine wirksame Maßnahme angesehen, um mit vertretbarem Aufwand und im Vorgriff auf einen sechs-streifigen Ausbau bereits mittelfristig die Verkehrsabläufe auf hoch belasteten, besonders stau- und unfallträchtigen Streckenabschnitten im Autobahnnetz zu verbessern. Nach der teilweise noch erforderlichen grundhaften Erneuerung der Streckenabschnitte und den noch ausstehenden statischen Nachrechnungen verschiedener Überführungsbauwerke, die u. a. auch aufgrund der höheren Achslasten des Schwerlastverkehrs auf dem freigegebenen Standstreifen erforderlich sind, sowie vorbehaltlich der erforderlichen Zustimmung des BMVBS als Finanzgeber – könnten mittelfristig auf folgenden Streckenabschnitten temporäre Seitenstreifenfreigaben eingerichtet werden: A 3 - AK Hilden - AK Ratingen-Ost beide Fahrtrichtungen A 4 - AK Köln-Gremberg - AK Köln-Süd beide Fahrtrichtungen A 52 - AK Neersen -AS Mönchengladbach-Nord beide Fahrtrichtungen. Im Rahmen der Planung werden alle erforderlichen straßenbaulichen, technischen, sicherheitsrelevanten und lärmbezogenen Aspekte geprüft und ggfs. entsprechende Maßnahmen ergriffen. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Verkehrssituation im beschriebenen Bereich der Bundesautobahn A 2? Nach den Ergebnissen der Stauauswertung des Jahres 2012 weist der Streckenabschnitt auf der A 2 zwischen dem Autobahndreieck (AD) Bottrop und dem AK Oberhausen eine - im Vergleich zu anderen BAB-Streckenschnitten in NRW - mittlere Stauhäufigkeit auf. Im weiteren Verlauf der A 2 - A 3 in Richtung AK Duisburg-Kaiserberg nimmt die Stauhäufigkeit deutlich zu. 3. Ist nach Einschätzung der Landesregierung die temporäre Seitenstreifenfreigabe (ggf. verbunden mit einer Um-Markierung der bestehenden Spuren) im Rahmen des Verkehrsmanagements kurzfristig realisierbar? Nach den Ergebnissen der o. a. verkehrswirtschaftlichen Untersuchung durch die Ruhruniversität Bochum sind auf dem Streckenabschnitt der A 2 zwischen dem AD Bottrop und dem AK Oberhausen aufgrund des geringen Nutzen-Kosten-Verhältnisses die Voraussetzungen für eine temporäre Seitenstreifenfreigabe nicht erfüllt. Die Verkehrsstörungen werden überwiegend von den starken Abbiegeverkehrsströmen in Verbindung mit der eingeschränkten baulichen Situation (enge Verbindungsradien) im AD Bottrop und von den Verflechtungsvorgängen auf der Parallelfahrbahn zwischen der AS Bottrop und dem AK Bottrop verursacht. Diese Verkehrsstörungen können mit einer Standstreifenfreigabe nicht beseitigt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4759 3 Eine temporäre oder weitere dauerhafte Umnutzung der Seitenstreifen auf dem folgende Streckenabschnitt der A 2/ A 3 zwischen dem AK Oberhausen und dem AK DuisburgKaiserberg kann aufgrund der hier fehlenden durchgehenden Seitenstreifen baulich nicht umgesetzt werden. 4. Welche damit verbundenen Maßnahmen (beispielsweise Geschwindigkeitsbe- schränkungen oder Lärmschutzmaßnahmen) sind bei einer temporären Seitenstreifenfreigabe nach Einschätzung der Landesregierung notwendig? Die Voraussetzungen zur Einrichtung und zum Betrieb von temporären Seitenstreifenfreigaben hat das BMVBS im Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau (ARS) Nr. 20/2002 zur Umnutzung von Seitenstreifen für den fließenden Verkehr geregelt. Hiernach ist u. a. vorgesehen , in den Zeiten der temporären Seitenstreifenfreigabe die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf max. 100 km/h zu beschränken. Die gemeinsame Konferenz der Verkehrs- und Straßenbauabteilungs-leiter der Länder hat anlässlich ihrer letzten Sitzung am 16./17.10.2013 in Berlin unter Beteiligung des BMVBS beschlossen, bei temporären Seitenstreifenfreigaben Lärmschutz gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutz-gesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung ) in den Fällen zu gewähren, wenn erhebliche bauliche Eingriffe vorliegen und sich der Beurteilungspegel um mindestens 3 Dezibel (A) oder auf mindestens 70 Dezibel (A) am Tag oder auf mindestens 60 Dezibel (A) in der Nacht erhöht. Das BMVBS wird die Verkehrslärmschutzrichtlinien entsprechend anpassen. 5. Welche konkreten weiteren Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um die drin- gend notwendige verkehrliche Entlastung im beschriebenen Bereich der Bundesautobahn A 2 herbeizuführen? Zur Entlastung der unter Antwort Nr. 3 dargestellten angespannten Verkehrssituation auf der Parallelfahrbahn vor dem AD Bottrop wird seitens des Landesbetriebes Straßenbau NRW zurzeit eine Trennstreifenöffnung eingerichtet, durch die der an der AS Bottrop auffahrende Verkehr früher auf die Hauptfahrbahn der A 2 in Fahrrichtung Dortmund geführt wird. Durch diese Maßnahme kann im AK Bottrop der zur A 31 in Fahrtrichtung Emden orientierte Verkehr leistungsfähiger abgewickelt werden.