LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4769 15.01.2014 Datum des Originals: 14.01.2014/Ausgegeben: 20.01.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1791 vom 29. November 2013 des Abgeordneten Wilfried Grunendahl CDU Drucksache 16/4524 Antrag des Wasserversorgungsverbandes Tecklenburger Land (WTL) auf Erteilung einer Bewilligung gemäß §§ 8, 10 WHG zur Entnahme von Grundwasser im Wassergewinnungsgebiet Brochterbeck Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1791 mit Schreiben vom 14. Januar 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die zuletzt wasserrechtliche Bewilligung der Bezirksregierung Münster vom 12.07.1982 zur Förderung von Grundwasser war bis zum 31.12.2012 befristet. Der WTL beantragt nun die Erteilung einer neuen Bewilligung zur Grundwasserentnahme in Höhe von bis zu 18.000 m³/d und 4.000.000 m³/a befristet bis zum 31.12.2016 sowie 15.000m³/d und 3.500.000 m³/d ab dem 01.01.2017. Die beantragte Grundwasserförderung, insbesondere die Tagesspitzenförderung, stellt einen erheblichen Eingriff für Natur und Wasserhaushalt da. Trockenschäden sind im Wasserschutzgebiet vielerorts feststellbar. 1. Warum besteht unter Beteiligung aller Fachbehörden Einvernehmen, dass eine UVP nicht erforderlich sei? Die Bezirksregierung hat eine Prüfung der UVP-Pflicht im Einzelfall nach § 3c UVPG durchgeführt . Sie hat dabei die Höhere Landschaftsbehörde bei der Bezirksregierung Münster - Dezernat 51 - sowie die Untere Landschaftsbehörde des Kreises Steinfurt beteiligt. Eine UVP-Pflicht besteht im vorliegenden Fall nach § 3c UVPG dann, wenn das Vorhaben nach einschlägiger Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Dies war im vorliegenden Fall zu verneinen, dazu im Einzelnen: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4769 2 Die beantragte Grundwasserförderung im Wassergewinnungsgebiet „Brochterbeck“ findet bereits seit ca. 80 Jahren statt Die Jahresförderung lag in den letzten 30 Jahren zwischen 2,3 und 4,6 Mio. m³/a. Die mittlere Jahresförderung in den Jahren 2004 bis 2011 betrug rd. 3,8 Mio. m³/a. Die Grundwasserganglinien der letzten 10 Jahre (2002-2011) zeigen keinen signifikanten fallenden Trend. Die Grundwasserneubildungsrate im Absenkungsbereich des Wasserwerks Brochterbeck liegt mit rd. 300 mm/a deutlich höher als die mittlere Neubildungsrate im gesamten Modellgebiet für den Ist-Zustand in Höhe von 196 mm/a. Durch die Erhöhung der Fördermenge um 0,2 Mio. m³/a für einen Übergangszeitraum bis Ende 2016 gegenüber dem Ist-Zustand (i.M. 3,8 Mio. m³/a) ist zu erwarten, dass im oberflächennahen Bereich zusätzliche Grundwasserabsenkungen von ca. 10 - 15 cm auftreten werden (im unmittelbaren Brunnenbereich < 20 cm). Diese sehr geringen zusätzlichen Absenkungen sind zeitlich und räumlich begrenzt und liegen innerhalb der jährlichen witterungsbedingten Schwankungen der Grundwasserstände in diesem Gebiet. Ab dem Jahr 2017, wenn das Wasserwerk Dörenthe nach Neubau bzw. nach Abschluss der Sanierung eine höhere Wasserlieferung in das Versorgungsgebiet des Wasserversorgungsverbandes Tecklenburger Land übernehmen kann, wird die Fördermenge sowohl gegenüber der von 2014 bis 2016 bewilligten Fördermenge (um 500.000 m³/a) als auch gegenüber dem Ist-Zustand (um 300.000 m³/a) auf 3,5 Mio. m³/a reduziert. Auf Dauer ist im Gewinnungsgebiet daher mit einer Aufhöhung des Grundwasserstandes von ca. 10 bis 40 cm zu rechnen. Die nur an wenigen Tagen im Jahr notwendige Ausschöpfung der beantragten maximalen Tagesmengen zur Abdeckung von Spitzenverbräuchen ist bezüglich ihrer Auswirkungen auf Natur und Landschaft unerheblich. Die zu erwartenden Absenkungen des Grundwasserspiegels durch kurzfristige Tagesspitzenentnahmemengen wirken sich nur in einem begrenzten Bereich unmittelbar um die Förderbrunnen aus, in dem bereits durch die "normale" Grundwasserförderung kein Grundwasseranschluss für die Vegetation mehr gegeben ist. Zusätzliche Betroffenheiten sowie landschaftsökologische Schäden sind daher - auch in den Sommermonaten - nicht zu erwarten. Die Bezirksregierung hat daher festgestellt, dass durch die beabsichtigte Grundwasserentnahme keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten sind und somit eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Vorhaben nicht erforderlich ist. 2. Sieht die Landesregierung durch die beantragte Grundwasserförderung eine Be- einträchtigung der Bereiche zum Schutz der Natur? Die Biotoptypen im Absenkungsbereich werden in Hinblick auf Artenzusammensetzung und vorhandene Habitatstrukturen für die Fauna nicht erheblich beeinträchtigt. Naturschutzgebiete , FFH-Gebiete, gesetzlich geschützte Biotope, Landschaftsschutzgebiete und Naturparke sind von den förderbedingten Absenkungen nicht betroffen. 3. Muss der WTL wasserwerksbedingte Mindererträge im Bereich der Landwirtschaft für Sonderkulturen ausgleichen, wenn der öffentlich bestellte Gutachter Schäden feststellt? Wie seit vielen Jahren praktiziert, findet weiterhin eine jährliche Begutachtung der landwirtschaftlichen Ertragseinbußen im Absenkbereich durch von der Landwirtschaftskammer NRW öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige statt. Die von den Gutachtern festgestellten wasserwerksbedingten Schäden sind vom Wasserversorger auszugleichen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4769 3 4. Ist der Einbau von Staustufen in den Vorflutern möglich, um den Grundwasserstand im Einzugsgebiet anzuheben? Bereits in der mündlichen Verhandlung zum Bewilligungsverfahren gemäß § 67 VwVfG am 16.10.2013 haben die Fachbehörden in diesem Zusammenhang auf etwaige Konflikte mit den wasserwirtschaftlichen Vorgaben hingewiesen. Über Anträge zu entsprechenden Staumaßnahmen wird die zuständige Untere Wasserbehörde des Kreises Steinfurt im jeweiligen Einzelfall entscheiden.