LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4773 15.01.2014 Datum des Originals: 15.01.2014/Ausgegeben: 20.01.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1818 vom 11. Dezember 2013 der Abgeordneten Angela Freimuth FDP Drucksache 16/4615 Zahlreiche Vergleiche der Geschäftsbanken in Sachen Libor-Manipulation und USHypothekenverbriefung – verpasst hier die EAA bzw. der Finanzminister ein Zeitfenster durch Vergleiche noch Schaden vom Steuerzahler abzuwenden bzw. zumindest den Schaden zu begrenzen? Wie begründet der Finanzminister die Tatenlosigkeit der EAA? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1818 mit Schreiben vom 15. Januar 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bereits am 23. Oktober 2008 hat der nordrhein-westfälische Landtag das „Gesetz zur Errichtung eines Fonds für eine Inanspruchnahme des Landes Nordrhein-Westfalen aus der im Zusammenhang mit der Risikoabschirmung zugunsten der WestLB AG erklärten Garantie (Risikofondsgesetz)“ verabschiedet und damit ein Sondervermögen "Risikoabschirmung WestLB AG" geschaffen. Dies erfolgte, da das Land Nordrhein-Westfalen sich vertraglich verpflichtet hat, disquotal den Löwenanteil des Ausfallrisikos von zunächst fünf Milliarden Euro für jene Finanzinstrumente zu übernehmen, deren Risiko die WestLB AG am 31. Dezember 2007 getragen hat und die auf eine Zweckgesellschaft namens Phoenix light Ltd. übertragen worden sind. Das Sondervermögen dient der Ansammlung von Mitteln zur Abdeckung möglicher Inanspruchnahmen aus diesen Garantien sowie den Verpflichtungen des Landes aus der beabsichtigten Auslagerung der nicht-strategienotwendigen Geschäftsbereiche und Risikopositionen der WestLB AG auf eine Bad Bank als Erste Abwicklungsanstalt. Macht diese EAA also beim Verkauf der Risikopositionen Verluste, werden diese aus dem Risikofonds beglichen. Insofern hat die EAA eine große Verantwortung die ihr anvertrauten Vermögensgüter möglichst gewinnbringend bzw. verlustbegrenzend zu verwerten. Dazu gehört auch eine aktive Handlungsweise der EAA. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4773 2 In jüngster Zeit häufen sich die Meldungen, dass zahlreiche internationale Geschäftsbanken Vergleiche mit den US- bzw. britischen, niederländischen und schweizer Behörden in den Angelegenheiten „Verbriefte Hypotheken“ und „Libor / Euribor“ Manipulation geschlossen haben. So hat sich die niederländische Rabobank nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg vom 23. Oktober mit den zuständigen Behörden auf eine Strafzahlung in Höhe von 1 Mrd. US Dollar geeinigt. In der gleichen Meldung werden zudem Vergleiche der UBS (1,2 Mrd. USD, 160 Mio. GBP und 59 Mio. SFR) und der Barclay´s Bank (290 Mio. GBP) sowie der Royal Bank of Scotland (612 Mio. GBP) zitiert. Für die Deutsche Bank rechneten zunächst von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten im Skandal um die Manipulation von Interbanken-Zinsen im nächsten Jahr mit einem Vergleich. Dabei hätte auf die Deutsche Bank eine "hohe Geldstrafe" zukommen können, wie sie im Quartalsbericht auch gewarnt hat. Auch die EU-Kommission hatte sich in die Thematik eingeschaltet. Laut Reuters-Meldung vom 21. Oktober will „EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia Vergleichsverhandlungen mit den Banken bis Jahresende abschließen. “ Laut einer Meldung der Rheinischen Post vom 25. September hatte angeblich die für die amerikanischen Genossenschaftsbanken zuständige Aufsichtsbehörde NCUA (National Credit Union Administration gegen 13 Banken eingereicht (darunter angeblich die frühere WestLB Tochter WestImmo). Im Zuge des Libor Skandals hat z.B. die Deutsche Bank laut übereinstimmenden Meldungen der Nachrichtenagentur Reuters und Spiegel Online vom 21 bzw. 20. Oktober in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young eigene Ermittlungen angestrengt und bereits 50 Mitarbeiter befragt. Zwischenzeitlich hat die Deutsche Bank in Sachen US-Hypothekenstreit im Rahmen ihres Quartalsberichts am 29. Oktober (Quelle: manager magazin online und Reuters)gemeldet, dass sie ihre Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten (hauptsächlich für Altlasten aus USHypothekengeschäften ) abermals um 1,2 Mrd. Euro auf jetzt insgesamt 4,1 Mrd. Euro erhöht hat. Von Reuters befragt räumte Finanzvorstand Stefan Krause ein, „die Kosten für die Rechtsstreitigkeiten seien frustrierend für die Aktionäre“. Die Investoren werden schon ungeduldig , warum die Deutsche Bank sich mit der Beilegung so lange Zeit lässt: "Je länger man wartet, desto teurer wird es am Ende", kritisierte einer der Top-5-Aktionäre. "Rechtskosten bleiben in den nächsten Quartalen der vorrangige Risikofaktor", resümierte Equinet-Analyst Philipp Häßler. Die US Bank JP Morgan Chase hatte sich bereits mit den US-Behörden auf einen Vergleich in Höhe von 13 Mrd. US Dollar (Quelle: Rheinische Post vom 24.10) geeinigt. Zusätzlich soll JP Morgan bereit sein, an die Vermögensverwalter Allianz Pimco und Blackrock im Rahmen eines weiteren Vergleichs 6 Mrd. US Dollar zu zahlen. Am 4. Dezember verhängte die EU-Kommission im Zusammenhang mit der Manipulation des Libor-Referenzzinssatzes ein Bußgeld von insgesamt 1,7 Mrd. Euro an sechs Banken (davon Deutsche Bank 0,7 Mrd. Euro, Société Générale , Royal Bank of Scotland, die USBanken Citigroup und JPMorgan Chase sowie RP Martin). Die britische Barclays und die Schweizer UBS bekommen ihre Geldbußen erlassen, weil sie maßgeblich zur Aufklärung der Manipulationen beigetragen haben. Obwohl zu den sog. „Panel-Banken“ gehörend wurde die WestLB in keiner Pressemeldung genannt. In die beiden Themenkomplexe Zinsmanipulationen (Libor und Euribor) und USHypothekenverbriefungen ist in jüngster Zeit eine erhebliche Bewegung gekommen. Insofern habe ich den aktuellen Halbjahresbericht der EAA mit großem Interesse gelesen. Die EAA schreibt in ihrem Zwischenbericht zum 30. Juni 2013 auf Seite 23 (1. Textblock), dass sie „weiterhin Maßnahmen zur Optimierung des Abwicklungsergebnisses mit den in Phoenix LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4773 3 involvierten Parteien“ anstrebt. „Diese Maßnahmen beinhalten sowohl die aktive Verfolgung von Rechtsmaßnahmen in Bezug auf einzelne Wertpapiere des Portfolios als auch die Umstrukturierung von notleidenden Krediten.“ 1. Bedeutet die Nichterwähnung der WestLB in der Presseberichterstattung im Zu- sammenhang mit der von der EU verhängten Strafen, dass die WestLB in den Libor -Skandal in keiner Weise verwickelt war? Laut Pressemitteilung der EU-Kommission vom 4. Dezember 2013 war Gegenstand der Untersuchungen die Teilnahme ausgewählter Finanzinstitute an illegalen Kartellen auf den Märkten für Zinsderivate im Europäischen Wirtschaftsraum. Ausweislich dieser Mitteilung hat die EU-Kommission keine Veranlassung gesehen, Schritte gegen die WestLB AG/Portigon AG einzuleiten. Die Portigon AG geht – auch vor dem Hintergrund – weiterhin davon aus, dass sich etwaige Vorwürfe im Hinblick auf eine Manipulation des LIBOR-Zinssatzes durch die ehemalige WestLB AG nicht bestätigen werden. 2. Welche konkreten organisatorischen und rechtlichen Schritte hat die EAA zur Eingrenzung eines Schadens für den nordrhein-westfälischen Steuerzahler im Geschäft mit den US-Hypotheken (Phoenix) unternommen? Ein Bestandteil der Strategie der Ersten Abwicklungsanstalt ist es, Rückführungen auf das Phoenix-Portfolio zu erzielen. Entsprechend befasst sich die Erste Abwicklungsanstalt intensiv mit der Thematik Rechtsmaßnahmen. Allerdings kann die Erste Abwicklungsanstalt nicht selber klagen. Rechtsmaßnahmen sind vielmehr von dem jeweiligen Inhaber der Wertpapiere, dem Treuhänder bzw. der Verbriefungsgesellschaft zu ergreifen. Deren Durchführung kann vom Vorstand der Ersten Abwicklungsanstalt lediglich angeregt werden. Wegen weitergehender Einzelheiten wird auf die Antwort der Landesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage 308 des Herrn MdL Witzel in Landtags-Drucksache 16/780 Bezug genommen . 3. Gibt es bereits gerichtliche oder außergerichtliche Vergleichsvorschläge oder an- dere rechtlich relevante Ergebnisse (Urteile etc.)? Wesentliche Informationen zu den von den Zweckgesellschaften vor US-amerikanischen Gerichten eingereichten Klagen sind öffentlich zugänglich. Dazu gehören insbesondere auch erstinstanzliche Entscheidungen. Nach hier vorliegenden Informationen gibt es erst eine solche Entscheidung vom Supreme Court of the State of New York. Vergleichsvorschläge werden nicht öffentlich bekannt gemacht. Sie werden vielmehr zwischen den Verfahrensbeteiligten erörtert und ggf. abgeschlossen. Die Erste Abwicklungsanstalt kann kein Verfahrensbeteiligter sein (vgl. Antwort zu Frage 2). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4773 4 4. Einige Experten sehen vor dem Hintergrund der US-Verjährungsfristen nur noch ein enges Zeitfenster bis Ende 2013 zur Erreichung von Vergleichen mit den USBehörden . In welcher Höhe ist die EAA von diesem Sachverhalt gegebenenfalls betroffen? Vergleiche werden zwischen den Verfahrensbeteiligten erörtert und ggf. abgeschlossen. Dabei werden insbesondere die konkreten Umstände des Einzelfalls berücksichtigt, wie beispielsweise der gehemmte Ablauf der Verjährungsfrist oder der erfolgte Abschluss von Verjährungsverzichtsvereinbarungen . 5. Reichen die derzeitige Kapitalausstattung von Portigon, EAA und die im Landes- haushalt vorgesehenen Mittel aus, um eventuelle wirtschaftliche Konsequenzen der Hypotheken ohne zusätzliche Haushaltsbelastungen für das Land bilanziell abzubilden? Die Portigon AG trägt keine wirtschaftlichen Risiken aus dem Phoenix-Portfolio. Der Ersten Abwicklungsanstalt verbleibt am Ende des Abwicklungszeitraums nach dem aktuellen Abwicklungsplan ein positives residuales Eigenkapital. Deshalb ist derzeit nicht davon auszugehen, dass das Land Nordrhein-Westfalen aus der zugunsten der Ersten Abwicklungsanstalt übernommenen Eigenkapitalgarantie oder der eingegangenen Verlustausgleichspflicht in Anspruch genommen wird. Der Landesregierung liegen insbesondere keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die im Zusammenhang mit dem Phoenix-Portfolio ergriffenen Rechtsmaßnahmen Auswirkungen auf den Landeshaushalt haben könnten.