LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/478 02.08.2012 Datum des Originals: 01.08.2012/Ausgegeben: 07.08.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 80 vom 25. Juni 2012 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/139 Verkehrssicherheit auf der Bundesstraße B 482 im Großraum Minden – Wie beurteilt die Landesregierung die Situation? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 80 mit Schreiben vom 1. August 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Bundesstraße B 482 ist eine vielbefahrene, wichtige Verbindungsachse von der Autobahn BAB 2 (Anschlussstelle Porta Westfalica/ Minden) in Richtung Bremen. In der Vergangenheit hat es zahlreiche Aktionen auch in Zusammenarbeit mit der Deutschen Verkehrswacht gegeben, um die Verkehrsteilnehmer zu sensibilisieren. Ebenso hat es in der Vergangenheit zahlreiche bauliche Veränderungen gegeben, insbesondere so genannte „Zwei plus Eins“-Fahrstreifen, um den Verkehrsfluss und die Möglichkeit des Überholens zum Beispiel von Schwerlastverkehr, zu verbessern. Die Unfallbilanz der Strecke vom Autobahnanschluss bis hin nach Petershagen bleibt jedoch erschreckend. Vier Verkehrstote im Jahr 2006, drei Verkehrstote im Jahr 2007, zwei Verkehrstote im Jahr 2008, sieben Verkehrstote im Jahr 2010 und wiederum zwei Verkehrstote im Jahr 2011 – zu Beginn diesen Jahres erlag aufgrund eines Unfalls auf dieser Straße eine Frau Ihren schweren Verletzungen. Zu den Unfällen mit Todesfolge kommen noch etliche Unfälle mit zum Teil schweren Verletzten hinzu. Die „Neue Westfälische“ schreibt in ihrer Ausgabe vom 24.02.2012, bei der B 482 handele es sich um eine „Bundesstraße mit Todesgefahr “. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/478 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die B 482 zwischen der A 2 (Anschlussstelle Porta Westfalica) und der Landesgrenze Niedersachsen weist eine Länge von 38,5 km auf. Hiervon sind im südlichen und verkehrlich stark belasteten Abschnitt im Bereich der Städte Porta Westfalica, Minden und Petershagen (Durchschnittlicher Täglicher Verkehr ca. 10.000 bis 25.500 Kfz/24h) acht dreistreifige Verkehrsführungen 2+1 mit einer Gesamtlänge von 10,2 km gebaut worden. Dazwischen liegen diverse Knotenpunkte (Kreuzungen, Einmündungen) und drei Straßenabschnitte, die der Verflechtung ein- und ausfahrender Verkehrsströme dienen (sog. Verflechtungsstrecken). Demgegenüber ist der (nördliche) Abschnitt der B 482 zwischen Petershagen und der Landesgrenze Niedersachsen mit ca. 4.000 bis 12.600 Kfz/24h verkehrlich geringer belastet. Die dreistreifigen 2+1-Verkehrsführungen dienen der Abwicklung des schnellen Verkehrs und der hohen Verkehrsmengen. Über die wechselseitig angeordneten Zusatzfahrstreifen und die damit gegebenen Überholmöglichkeiten wird ein weitgehend ungestörter Verkehrsablauf bewirkt, werden Kolonnen hinter langsameren Fahrzeugen abgebaut, die Fahrgeschwindigkeit weitgehend harmonisiert und damit die Verkehrssicherheit insgesamt verbessert . 1. Wie beurteilt in diesem Zusammenhang die Landesregierung die Auswirkungen der ausgebauten „Zwei plus Eins“-Fahrstreifen? Von sieben Unfallhäufungsstellen lag in den letzten fünf Jahren (2007 bis 2011) nur eine im Zuge einer 2+1-Verkehrsführung, die anderen sechs Unfallhäufungen verteilten sich fünf Mal auf Knotenpunktbereiche und ein Mal auf einen Verflechtungsbereich. Daraus wird deutlich, dass auf der B 482 nicht die 2+1-Verkehrsführungen, sondern die Knotenpunkte das höchste Unfallpotential aufweisen. Von 13 Verkehrsunfällen mit 18 getöteten Personen ereigneten sich seit 2006 sechs im Zuge von 2+1-Verkehrsführungen. Dies zeigt, dass 2+1-Verkehrsführungen nicht die Hauptunfallgefahr darstellen, Unfälle hier wegen der hohen Geschwindigkeit aber häufig gravierende Folgen haben. Die örtlich zuständigen Behörden sind derzeit bemüht, wirksame und sichere Maßnahmen zu treffen, um die besonders gefährlichen Gegenverkehrsunfälle in den 2+1- Verkehrsführungen zu verhindern, z.B. durch Anlage eines „verkehrstechnischen Mittelstreifens “ (markierter Mittelstreifen nach den neuen „Richtlinien für die Anlage von Landstraßen“ - RAL). Außerdem sollen Präventivmaßnahmen getroffen werden, um die überproportional an Unfällen beteiligte Gruppe der 18-24 jährigen anzusprechen. 2. Hält die Landesregierung aus Gründen der Verkehrssicherheit einen Ausbau der B 482 vom Ortsteil Hausberge in Richtung BAB 2 mit weiteren „Zwei plus Eins“- Fahrstreifen für sinnvoll beziehungsweise geboten? In dem angesprochenen Abschnitt der B 482 sind mit Ausnahme der Knotenpunkte und der Verflechtungsbereiche bereits heute 2+1-Verkehrsführungen vorhanden. Eine Ergänzung von 2+1-Verkehrsführungen bietet sich von daher nicht an. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/478 3 3. Hält die Landesregierung angesichts der schweren Verkehrsunfälle die Ausweitung einer Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 70 für notwendig? Nein, weil die unfallträchtigen Knotenpunktbereiche bereits aus Verkehrssicherheitsgründen auf 70 km/h geschwindigkeitsbeschränkt und tempoüberwacht sind. Demgegenüber wäre ein Tempolimit auf 70 km/h im Zuge der dreistreifigen Verkehrsführungen 2+1 kontraproduktiv, weil damit die Möglichkeit, langsamere Kraftfahrzeuge zu überholen, eingeschränkt würde und die Gefahr von unkontrollierten, verkehrsgefährdenden Überholvorgängen an anderer Stelle zunehmen würde. 4. Strebt die Landesregierung unter Präventionsgesichtspunkten den Ausbau von vorbeugenden Kampagnen zur Reduzierung der Geschwindigkeit an? Die Landesregierung unterstützt die bundesweite Kampagne "Runter vom Gas" des Bundesverkehrsministeriums und des Dt. Verkehrssicherheitsrates. Dazu wurden beispielsweise 440 Großplakate an Landstraßen (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) mit Motiven zum Thema Geschwindigkeit aufgestellt. Im Übrigen siehe Antwort zur Frage 1. Im Bereich der Verkehrsunfallprävention hat die Kreispolizeibehörde Minden-Lübbecke in Zusammenarbeit mit den Schulen des Kreises in diesem Jahr das Landesprojekt Crash Kurs NRW für junge Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer (regelmäßig 10. Klassen) eingeführt. Hier werden Jugendliche und junge Erwachsene für die Gefahren des Straßenverkehrs sensibilisiert. Bis zum Jahresende sollen gut 75% der Zielgruppe (ca. 2.800 von 3.660 Schülerinnen und Schülern) in Veranstaltungen erreicht werden. Im kommenden Jahr wird allen Schülerinnen und Schülern der Zielgruppe Crash Kurs NRW angeboten. Die präventive Schulung der jungen Verkehrsteilnehmer, die im Kreisgebiet in hohem Maße an Verkehrsunfällen (insbesondere bei den Unfallursachen Geschwindigkeit sowie Alkohol/Drogen) beteiligt sind, stellt in der KPB Minden-Lübbecke einen Schwerpunkt in der polizeilichen Verkehrssicherheitsarbeit dar. In Zusammenarbeit mit dem Straßenbaulastträger und den Kommunen wird zudem geprüft, welche Möglichkeiten bestehen, auf die aktuelle landesweite Verkehrssicherheitskampagne "Brems Dich – rette Leben!" im fraglichen Streckenabschnitt aufmerksam zu machen. 5. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass behördliche Überwachungsmaß- nahmen zur Kontrolle der Geschwindigkeit und Verkehrssicherheit an der B 482 verstärkt werden müssen? Die B 482 von der Autobahnanschlussstelle Porta Westfalica bis Petershagen ist im Hinblick auf die Verkehrsunfalllage bereits im besonderen Fokus der Kreispolizeibehörde. Seit November letzten Jahres setzen die Kreispolizeibehörden des Landes eine veränderte Fachstrategie zur Verkehrsunfallbekämpfung um. Ziel ist die Eindämmung von Geschwindigkeitsüberschreitungen als Hauptursache für schwere Verkehrsunfälle. Im Übrigen gibt es im Zuge der B 482 heute schon eine intensive Verkehrsüberwachung: vier stationäre Überwachungsanlagen (zwei in Minden, zwei in Petershagen), zwei mobile Messstellen der Straßenverkehrsbehörden (Porta Westfalica, Petershagen), ferner 14 mobile Messstellen (mit Radar- und Lasermesstechnik) der Kreispolizeibehörde Minden-Lübbecke in Porta Westfalica, Minden und Petershagen. Auf Unfälle mit der Unfallursache „Geschwindigkeit “ wird unmittelbar reagiert. Der Streckenabschnitt wird zudem von der Polizei und den Kommunen in ständiger Abstimmung fortlaufend beobachtet und ist Gegenstand der Örtli- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/478 4 chen Unfallkommission. In diesem Gremium werden gemeinschaftlich Lösungen zur Entschärfung unfallauffälliger Örtlichkeiten erarbeitet.