LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4847 22.01.2014 Datum des Originals: 21.01.2014/Ausgegeben: 27.01.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1844 vom 18. Dezember 2013 der Abgeordneten Dr. Anette Bunse CDU Drucksache 16/4687 Überwachung des Altbergbaus in NRW Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1844 mit Schreiben vom 21. Januar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 21. November wurde bei Bauarbeiten im Bereich des Hauptbahnhofs Essen ein einsturzgefährdeter Bergbaustollen entdeckt. Während der Sicherungsmaßnahmen kam es zu erheblichen Verspätungen und Ausfällen im Bahnverkehr durch Umleitungen und Geschwindigkeitsreduzierungen im Bereich des Essener Hauptbahnhofs. Die Sanierungskosten werden wohl vom Land NRW getragen werden müssen. Der Vorfall macht deutlich, dass Gefahrenpotentiale vom Altbergbau in NRW ausgehen. Auf das Land NRW sowie auf die Rechtsnachfolger des Altbergbaus könnten in den kommenden Jahren hohe Sanierungskosten zukommen. Sofern es aufgrund des Altbergbaus zu Schäden wie in Essen kommt, ist zudem Schadenersatz zu leisten. Die Grünen kritisieren derzeit öffentlich, dass die Präventivprogramme der Unternehmen nicht der Bergaufsicht unterliegen und daher nicht standardisiert sind. Eine Aufsicht durch die Bergbehörde und eine Standardisierung der Maßnahmen sind jedoch aus Sicht der Grünen notwendig. Hierfür wollen die Grünen die gesetzlichen Rahmenbedingungen wie z.B. das OBG NRW ändern. Sie fordern außerdem eine Intensivierung des Präventivprogramms der für den Bergbau zuständigen Bezirksregierung Arnsberg. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4847 2 1. Bis wann wird die Landesregierung die Forderung der regierungstragenden Fraktion Bündnis‘90/Die Grünen, die Präventivprogramme der Unternehmen der Bergaufsicht zu unterstellen und zu standardisieren, umsetzen? 2. Welche Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen sind hierfür nach Auf- fassung der Landesregierung notwendig? 3. Welche zusätzlichen Kosten entstehen dem Land NRW, wenn die Präventivpro- gramme der Unternehmen der Bergaufsicht unterstellt werden? Die Fragen 1 bis 3 werden gemeinsam beantwortet. Der in Nordrhein-Westfalen in den vorangegangenen Jahrhunderten umgegangene und aufgrund seiner Lage im tages- oder oberflächennahen Bereich heute noch einwirkungsrelevante Altbergbau unterliegt in der Regel nicht mehr der Bergaufsicht gemäß § 69 Absatz 1 Bundesberggesetz (BBergG). Werden heute behördlicherseits Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren aus verlassenen und nicht mehr der Bergaufsicht unterliegenden Grubenbauen erforderlich , so werden diese Maßnahmen gemäß § 48 Absatz 3 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden - Ordnungsbehördengesetz (OBG) des Landes Nordrhein -Westfalen von der Bergbehörde veranlasst. Diese Maßnahmen erfolgen somit nicht unter der im Bundesberggesetz geregelten Bergaufsicht. Nur auf der Grundlage des OBG kann die Bergbehörde hier Ordnungsverfügungen gegen ordnungsrechtlich Verantwortliche richten. Diese Verfügungen bestimmen bereits konkret ein geeignetes Mittel zur Abwehr der Gefahr. Unter bestimmten Voraussetzungen ist Ordnungspflichtigen auf Antrag zu gestatten, ein anderes, ebenso wirksames Mittel anzuwenden. In der Regel schalten Ordnungspflichtige im Bereich des Altbergbaus zur Planung, Durchführung und Qualitätssicherung der Maßnahmen Sachverständige ein. Zum Teil handelt es sich um Sachverständige, die von der Bergbehörde öffentlich bestellt und vereidigt wurden. Die bautechnische Umsetzung der Sicherungsmaßnahmen erfolgt durch Spezialbaufirmen. Die Bergbehörde erhält in der Regel einen Abschlussbericht über die durchgeführten Maßnahmen. Unter bestimmten engen Voraussetzungen können das Innenministerium und im Benehmen mit ihm die Ministerien innerhalb ihres Geschäftsbereiches oder die Ordnungsbehörden zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ordnungsbehördliche Verordnungen erlassen, die für eine unbestimmte Anzahl von Fällen an eine unbestimmte Anzahl von Personen gerichtet sind (§ 25 ff. OBG). Die Frage, ob dies für ordnungsbehördlich veranlasste Maßnahmen zur Abwehr altbergbaulich bedingter Gefahren notwendig ist, wird die Landesregierung prüfen. Auch bei den in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage und in den Fragen 1 bis 3 angesprochenen Präventivprogrammen der Unternehmen, mit denen altbergbaubedingte Gefahrenpotenziale untersucht und erforderlichenfalls etwaige vorbeugende Maßnahmen gegen den Eintritt konkreter Gefahren ergriffen werden sollen, handelt es sich nicht um solche Tätigkeiten , die der Bergaufsicht unterliegen. Die Landesregierung hat ein hohes Interesse daran, dass die Bergbehörde als zuständige Ordnungsbehörde von den durch die Unternehmen präventiv veranlassten Maßnahmen Kenntnis erhält und dass diese Maßnahmen bestimmten fachlichen Anforderungen genügen. Die Bergbehörde steht dazu zwar im informellen Austausch mit Altbergbaugesellschaften; eine Verpflichtung der Altbergbaugesellschaften, die Bergbehörde über geplante oder durchgeführte Maßnahmen mit präventivem Charakter zu informieren oder diese mit ihr abzustimmen , existiert jedoch nicht. Die Landesregierung wird prüfen, ob und ggf. welche rechtlichen Regelungen geschaffen werden müssen, um dies sicherzustellen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4847 3 Zu etwaigen Kosten, die auf das Land eventuell im Zusammenhang mit dem Vollzug solcher rechtlichen Regelungen verbundenen Verwaltungsaufwand zukommen könnten, liegen der Landesregierung keine Angaben vor. Die Kosten für die von Altbergbaugesellschaften initiierten präventiven Maßnahmen werden weiterhin in vollem Umfang von ihnen selbst zu tragen sein. 4. Wie wird die Landesregierung die Forderung der regierungstragenden Fraktion Bündnis‘90/Die Grünen, das Präventivprogramm der Bezirksregierung zu intensivieren , umsetzen? Die Bergbehörde hat Ende 2010 mit dem Aufbau eines Risikomanagements für tagesbruchrelevante Hinterlassenschaften des Altbergbaus begonnen, für die keine der heute noch ordnungs - und haftungsrechtlich greifbaren Altbergbaugesellschaften verantwortlich ist. Es handelt sich um Altbergbau in bereits erloschenen Bergbauberechtigungen ohne Rechtsnachfolge und um nicht dokumentierten Altbergbau (widerrechtlich geführter oder „Uralt“-Bergbau). Die Verantwortung liegt hier beim Land NRW. Das Management beinhaltet im Wesentlichen die Identifizierung möglicher altbergbaubedingter Risiken, die Risikoanalyse und -bewertung mit Einteilung in Risikoklassen, sowie die Festlegung von Maßnahmen zur Risikobewältigung und die Einordnung in eine Prioritätenliste, nach der schrittweise die Gefahrenbereiche abgearbeitet werden. Mit Blick auf eine möglichst rasche Umsetzung des Risikomanagements hat die Landesregierung bereits für eine personelle und finanzielle Stärkung der Bergbehörde gesorgt. In den Jahren 2011 und 2012 wurden insgesamt fünf neue Mitarbeiter/-innen eingestellt. Seit 2011 stehen der Bergbehörde zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von 2 Mio. € jährlich für präventive Maßnahmen im Risikomanagement zur Verfügung. Zunächst sind Erfahrungen mit der Umsetzung des anlaufenden Risikomanagements zu sammeln. Zu gegebener Zeit wird zu prüfen sein, ob und ggf. in welcher Form und in welchem Umfang eine weitere Stärkung der Bergbehörde im Bereich präventiver Maßnahmen im Altbergbaubereich erforderlich ist.