LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4873 27.01.2014 Datum des Originals: 23.01.2014/Ausgegeben: 29.01.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1850 vom 20. Dezember 2013 der Abgeordnete Yvonne Gebauer FDP Drucksache 16/4693 Wie erfolgt die Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes zur Inklusion im Anmeldeverfahren? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 1850 mit Schreiben vom 23. Januar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Erste Gesetz zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen (9.Schulrechtsänderungsgesetz) tritt zum 1. August 2014 in Kraft. Offenkundig in der Annahme von Rot-Grün, auf diesem Weg mögliche Klagen von kommunaler Seite bis nach der Kommunalwahl verhindern zu können – oder wie es der SPD-Fraktionsvorsitzende einmal allgemein verdeutlicht hat, geht es SPD und Grünen darum, sich „Zeit zu erkaufen“. Während das Gesetz demnach noch gar nicht in Kraft getreten ist, entfaltet es jedoch bereits Wirkung. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung richtet erhebliche Erwartungen an die Schulträger, Aspekte des Gesetzes zu vollziehen – während Rot-Grün bislang weiterhin die strikte Anerkennung der Konnexität verweigert. Unabhängig von der Frage des Inkrafttretens hat Rot-Grün mit Verweis auf Artikel 2 im Gesetzgebungsverfahren erklärt, dass unverändert gewährleistet sei, „dass die Schulaufsichtsbehörde in den dort (Absatz 1 Nummer 1) genannten Fällen den Eltern der Kinder mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes mit Zustimmung des Schulträgers eine allgemeine Schule als Ort der sonderpädagogischen Förderung vorschlägt. Dies geschieht im Anschluss an die Anmeldeverfahren für die Eingangsklassen der Grundschule (Herbst 2013) und der weiterführenden Schulen (Februar/März 2014).“ Die rot-grüne Landesregierung hat gesetzlich festgelegt, dass die Schulaufsichtsbehörde mit Zustimmung der Schulträger ein solches inklusives Lernen an einer allgemeinen Schule einrichtet, es sei denn „die Schule ist dafür personell und sächlich nicht ausgestattet und kann auch nicht mit vertretbarem Aufwand dafür ausgestattet werden“ (§ 20 Abs. 5 n.F.). Auch können Schulträger mit Zustimmung der oberen Schulaufsichtsbehörde allgemeine Schulen als Schwerpunktschulen bestimmen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4873 2 Generell hat Rot-Grün damit die Verantwortung weitgehend an die Schulträger delegiert; gleichzeitig verweigern SPD und Grüne aber bislang die notwendige finanzielle Unterstützung der Kommunen. Es stellt sich daher die Frage, wie gegenwärtig die dem Ministerium nachgeordneten Behörden sowie die Schulträger bezüglich der Aufnahmeverfahren für das kommende Schuljahr agieren. So wäre es in diesem Zusammenhang wichtig zu erfahren, wie viele Schulträger die Zustimmung nach § 20 Abs. 5 n.F. nicht abgegeben haben, weil Schulen hierfür personell und sächlich nicht ausgestattet sind und auch nicht mit vertretbarem Aufwand dafür ausgestattet werden können. Ebenso wichtig ist es hierbei zu erfahren, wie viele Schulträger bislang Schwerpunktschulen nach § 20 Abs. 6 SchulG n.F. bestimmt haben. Die rot-grüne Landesregierung hat zu Fragen der Klassen- oder Lerngruppengrößen oder auch der Anzahl der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in diesen Klassen eine klare Festlegung vermieden. Diese Frage stellt aber für viele betroffene Eltern und Pädagogen , aber auch Schulträger einen wichtigen Aspekt dar. Es herrscht laut Rückmeldungen diesbezüglich große Unsicherheit. Es besteht eine Kann-Regelung, die in der Folge aber wohl zwangsläufig bei einer Verkleinerung von Klassen „des gemeinsamen Lernens“ zu größeren (Parallel-)Klassen führt. Interessant ist daher nun, ob das Ministerium bzw. die nachgeordneten Behörden bezüglich der Höchstgrenze von Klassen- bzw. Lerngruppengrößen „Vorgaben“ als zwingend notwendig an die Schulträger/ Schulen übermitteln, wenn in diese Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufgenommen werden. Auch wäre es wichtig, welche Rolle – sollte dies erfolgt sein – die Landesregierung solchen „Vorgaben“ bezüglich der Frage der Konnexität zubilligt. Vorbemerkung der Landesregierung Durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz wurden keine Veränderungen hinsichtlich der grundsätzlichen Zuständigkeiten zwischen Land und Kommunen vorgenommen. Schulträger entscheiden über ihre Zustimmung nach § 20 Absatz 5 SchulG n.F. nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung. Die Zustimmung kann nur verweigert werden, wenn eine Schule, an der nach Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde Gemeinsames Lernen eingerichtet werden soll, dafür personell und sächlich nicht ausgestattet ist und auch nicht mit vertretbarem Aufwand ausgestattet werden kann. Dies folgt dem bereits bisher geltenden Recht (vgl. § 20 Absätze 7 und 8 SchulG und Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Oktober 1997 - BVerfGE 96, 288 - ). Die Bestimmung einer allgemeinen Schule als Schwerpunktschule beruht als Kann – Vorschrift (§ 20 Absatz 6 SchulG n.F.) auf einer Ermessensentscheidung des Schulträgers. 1. Wie viele Schulträger haben absolut seit der Verabschiedung des 9. Schulrechts- änderungsgesetzes die Zustimmung nach § 20 Abs.5 SchulG n.F. nicht abgegeben ? Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Innerhalb der Zeit, die für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung steht, können die gewünschten Auskünfte nicht beschafft werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4873 3 2. Wie viele Schulträger haben bislang Schwerpunktschulen nach § 20 Abs. 6 SchulG n.F. bestimmt? Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Innerhalb der Zeit, die für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung steht, können die gewünschten Auskünfte nicht beschafft werden. Es ist wenig wahrscheinlich, dass Schulträger in der kurzen Zeit seit der Verkündung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes und noch vor seinem Inkrafttreten die schulorganisatorischen Beschlüsse gefasst haben, die zur Bestimmung allgemeiner Schulen als Schwerpunktschulen erforderlich sind. 3. Vertreten das Schulministerium bzw. nachgeordnete Behörden gegenüber Schul- trägern die Ansicht, dass aus pädagogischen Gründen zwingende Vorgaben hinsichtlich der Höchstgröße von Lerngruppen des „gemeinsamen Lernens“ zu machen sind (wenn ja, welche)? 4. Wenn eine in Frage 3 genannte Zahl seitens des Schulministeriums bzw. nachge- ordneten Schulbehörden als verbindlich und zwingend notwendig kommuniziert worden ist: Was bedeutet dies dann im Umkehrschluss für die Größen von Parallelklassen ? 5. Wenn eine solche Zahl als verbindlich anzuwenden kommuniziert worden ist: Wie bewertet die Landesregierung die diesbezüglichen Folgen unter dem Aspekt der Konnexitätsrelevanz? Die Fragen 3 bis 5 werden zusammen beantwortet. Abgesehen von den gesetzlichen Vorschriften in § 46 Absatz 3 und 4 SchulG n.F. wäre für solche Vorgaben allein das Ministerium im Rahmen der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz zuständig. Diese Verordnung bedarf der Zustimmung der für Schulen und für Haushalt und Finanzen zuständigen Landtagsausschüsse. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung ermittelt derzeit gemäß Artikel 4 § 3 Absatz 1 des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes im Rahmen einer gesonderten, unter Beteiligung der Kommunalen Spitzenverbände zu erstellenden Untersuchung, ob und gegebenenfalls welche finanziellen Auswirkungen für die Kommunen im Rahmen ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der Veränderung des regionalen Schulangebots durch dieses Gesetz entstehen .