LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4906 29.01.2014 Datum des Originals: 29.01.2014/Ausgegeben: 03.02.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1854 vom 20. Dezember 2013 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/4716 Ausscheiden von Beschäftigten aus dem öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen – Wie haben sich die Fallzahlen und Ursachen der Dienstaustritte von Landesbeamten und Tarifangestellten in den letzten Jahren entwickelt? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1854 mit Schreiben vom 29. Januar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der öffentliche Dienst wird nicht nur in Nordrhein-Westfalen als Arbeitsbeziehung gesehen, die eine hohe Beschäftigungssicherheit bietet. Tatsächlich ist die Fluktuation im öffentlichen Sektor bei Landesbeamten wie Tarifangestellten geringer als in der privaten Wirtschaft. So sind insbesondere betriebsbedingte Kündigungen selbst bei öffentlichen Angestellten ohne Beamtenstatus eher eine Ausnahme. Dem öffentlichen Arbeitgeber ist eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses in der Regel beamtenrechtlich wie tarifvertraglich verstellt. Dennoch unterliegt auch der öffentliche Dienst einem steten Strukturwandel. Anforderungen an Arbeitsplätze verändern sich ebenso wie Beschäftigungsbedürfnisse insgesamt. Daher spielen betriebsbedingte Kündigungen beispielsweise in Beteiligungsgesellschaften des Landes wie der Portigon AG eine Rolle, und werden möglicherweise in der Zukunft noch stärker in den Fokus rücken. Seit jeher gibt es jedoch auch einzelne Fälle, in denen ein Beamter oder Angestellter des öffentlichen Dienstes aufgrund von persönlichem Fehlverhalten vorzeitig und unfreiwillig aus dem Beschäftigungsverhältnis entlassen wird. Für den Fall einer solchen Dienstentlassung erfolgt die Entfernung aus dem Arbeitsleben zumeist unter Verlust des bisherigen Titels und der Pensionsansprüche, oder zumindest eines Teils der über Jahre erworbenen Ansprüche. Die Gründe für eine Dienstentlassung sind in den Beamtengesetzen geregelt. Sie kann vom Dienstherrn auf Grund einer strafgerichtlichen Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe von mehr als einjähriger Dauer, auf eine schwerere Strafe, auf Verlust der bürgerlichen Ehre, auf eine LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4906 2 zeitweilige Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte, auf immerwährende oder zeitige Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter oder ebenso auf Stellung unter Polizeiaufsicht veranlasst werden. Eine Entfernung aus dem Dienst kann auch mittels eines Disziplinarverfahrens erfolgen. Die Dienstentlassung wird dann als Disziplinarstrafe ausgesprochen. Die Einzelheiten hierzu regelt das „Disziplinargesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesdisziplinargesetz - LDG NRW)“. Die Dienstentlassung wird dann im disziplinarischen Wege bei groben Dienstvergehen verhängt. In den Disziplinargesetzen selbst sind diese Dienstvergehen meist nicht aufgeführt, da es dem Ermessen der Disziplinarbehörde überlassen bleiben soll, zu entscheiden, in welchem Falle ein dienstliches Verschulden als so erheblich anzusehen ist, dass es mit dieser schwersten Disziplinarstrafe geahndet werden müsse. Eine grobe Ungebührlichkeit gegen Vorgesetzte, Beamte oder gegen Bürger, dienstlicher Ungehorsam oder Widersetzlichkeit gegen Vorgesetzte, wiederholte Dienstvernachlässigung, unsittlicher Lebenswandel, leichtfertiges Schuldenmachen, fortgesetzte Trunkenheit oder Veruntreuung sind beispielsweise Gründe, die ursächlich sein können für ein Disziplinarverfahren, das letztlich mit der Folge einer Dienstentlassung endet. Mitunter tritt auch der Fall ein, dass ein Beschäftigter den öffentlichen Dienst auf eigenen Wunsch verlassen möchte, um beispielsweise eine besser dotierte Tätigkeit in der privaten Wirtschaft aufzunehmen. Zumindest bei Beamten ergibt sich für diesen Fall einer solchen Entscheidung in Nordrhein-Westfalen die Problematik, dass die aus diesem Beschäftigungsverhältnis begründeten versorgungsrechtlichen Ansprüche sämtlich verfallen. Der Bund hat dafür im Juli 2013 für seine Beamten eine Lösung geschaffen. Die Neuregelung eröffnet nun die Möglichkeit, anstelle der bislang obligatorischen Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber dem vorherigen Dienstherrn im Bund einen Anspruch auf die Gewährung von Altersgeld geltend zu machen. Nach eigener Aussage der Landesregierung in der LT-DS 16/3999 sieht der Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes eine Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstrechts vor, ohne dass dieser Gestaltungsanspruch bislang hinreichend konkretisiert worden ist. 1. Wie viele Landesbeamte, differenziert nach den einzelnen Ressorts, haben ihren Dienst jeweils in den letzten zehn Jahren einerseits durch freiwillige Eigenkündigung und andererseits ungewollt auf Veranlassung des Dienstherrn vorzeitig beendet ? (Angabe bitte stets unter Nennung der absoluten Zahlen und in Prozent) 2. Wie viele Tarifangestellte, differenziert nach den einzelnen Ressorts, haben ihren Dienst jeweils in den letzten zehn Jahren einerseits durch freiwillige Eigenkündigung und andererseits ungewollt auf Veranlassung des Dienstherrn vorzeitig beendet ? (Angabe bitte stets unter Nennung der absoluten Zahlen und in Prozent) Die Fragen 1 bis 2 werden zusammen beantwortet. Die Fragen konnten mit vertretbarem Verwaltungsaufwand in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht beantwortet werden. Die Ermittlung der erbetenen Zahlen und deren Aufschlüsselung hätte eine Prüfung der Einzelvorgänge anhand der Akten erforderlich gemacht. Auch sind seriöse Schätzungen nicht möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4906 3 3. Welches sind jeweils für Beamte sowie Tarifangestellte die wichtigsten Gründe für diese vorzeitige Beendigung der Tätigkeit im öffentlichen Dienst gewesen, bitte differenzieren nach gewollten und unfreiwilligen Austrittsfällen? Hinweis auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2. Entlassungs- bzw. Kündigungsgründe werden in der Landesverwaltung listenmäßig oder elektronisch nicht erfasst. Gleichwohl kann beispielhaft Folgendes aufgeführt werden: a. Gründe für die Entlassung von Landesbeamtinnen und -beamten auf eigenen Antrag:  Wunsch nach beruflicher Veränderung. b. Gründe für die Entlassung von Landesbeamtinnen und -beamten auf Veranlassung des Dienstherrn:  Nichtbewährung in der Probezeit,  disziplinarrechtliche Maßnahmen. c. Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Tarifbeschäftigten auf eigenen Antrag:  Wechsel in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis,  Wohnortwechsel,  Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. d. Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Tarifbeschäftigten auf Veran- lassung des Arbeitgebers:  Nichtbewährung in der Probezeit,  Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten. 4. In jeweils namentlich welchen Beteiligungsgesellschaften im Landeseigentum, Ressorts und Behörden hat es in den letzten zehn Jahren Fälle betriebsbedingter Kündigungen, bitte unter Angabe der jeweiligen Fallzahlen, gegeben? Bei den im alljährlichen Beteiligungsbericht der Landesregierung aufgeführten Gesellschaften wurden in den letzten zehn Jahren betriebsbedingte Kündigungen von Beschäftigungsverhältnissen , die sich nach der Rechtsform der jeweiligen Gesellschaft richten, im folgenden Umfang ausgesprochen: Beteiligungsgesellschaft Anzahl (letzten 10 Jahre) FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht gemeinnützige GmbH NRW.INVEST GmbH (früher Gesellschaft für Wirtschaftsförderung - GfW) Bildungszentrum für die Ver- und Entsorgungswirtschaft GmbH (BEW) Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH Internationales Konversionszentrum Bonn – Bonn International Center for Conversion (BICC) GmbH - X 6 26 X X LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4906 4 Die Kennzeichnung mit X bei drei Gesellschaften erfolgt zur Wahrung der Anonymität der betreffenden Personen, weil die Anzahl jeweils unter 3 liegt. Soweit die im Beteiligungsbericht der Landesregierung aufgeführten Gesellschaften an weiteren Unternehmen beteiligt sind, war eine Erhebung der Zahlen in der Kürze der Zeit nicht möglich. 5. Welche konkreten einzelnen Maßnahmen ergreifen jeweils die einzelnen Ressorts sowie die Landesregierung insgesamt, um einerseits für den Dienstherrn ungewollte Verluste von eigeninitiativer Fachkräfteabwanderung der Beschäftigten aus dem öffentlichen Dienst und andererseits Vorkommnisse zur notwendigen vorzeitigen Dienstentlassung bei Landesbeamten wie Tarifangestellten durch das Land zukünftig zu reduzieren? Der öffentliche Dienst ist ein attraktiver Arbeitgeber. Durch praktizierte Mitarbeiterorientierung - wie z.B. eine stetige Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie durch Maßnahmen zur Fortbildung und zum Gesundheitsmanagement, durch Personalentwicklungskonzepte und auch durch Beteiligungen nach dem Landespersonalvertretungsgesetz - werden die Motivation und die enge Anbindung der Beschäftigten an den öffentlichen Dienst sichergestellt und einer Fachkräfteabwanderung vorgebeugt. Trotz dieser Anstrengungen zur Schaffung von Zufriedenheit der Beschäftigten lässt sich in Einzelfällen eine vorzeitige Beendigung des Beamten- bzw. Beschäftigungsverhältnisses nicht verhindern .