LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/492 07.08.2012 Datum des Originals: 07.08.2012/Ausgegeben: 10.08.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 108 vom 10. Juli 2012 der Abgeordneten Serap Güler CDU Drucksache 16/201 Ist Integration auch in NRW messbar? Macht sich die Landesregierung auch die Mühe und befragt die Teilnehmer der Integrationskurse? Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ende Juni wurden in Berlin die Ergebnisse des Immigrant Citizens Survey, einer vergleichenden Studie zur Integrationserfahrung von Zuwanderern aus Drittstaaten in sieben EULändern , vorgestellt. Für die Studie sind insgesamt 7.473 Zuwanderer in Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, Portugal, Spanien und Ungarn befragt worden, davon 1.220 in Deutschland. Eines der Ergebnisse der Studie ist, dass Zuwanderer aus Drittstaaten Integrationskurse und Sprachtests überwiegend positiv bewerten. So geben bspw. 95,8 Prozent der Befragten an, dass sie verpflichtende Integrationskurse für eine gelingende Integration als hilfreich empfinden: Knapp zwei Drittel finden sie sehr hilfreich, ein weiteres Drittel etwas hilfreich. Dabei fällt die Einschätzung von Kursteilnehmern noch positiver aus als von Befragten, die selbst keinen Kurs absolviert haben. Auch Sprachtests für nachziehende Familienangehörige stoßen auf ein hohes Maß an Zustimmung : 96,7 Prozent finden, dass sie neu zuwandernden Familienmitgliedern helfen, sich von Anfang an in Deutschland besser zurechtzufinden. Als größtes Hindernis für eine Einbürgerung wird die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit genannt, insbesondere von türkischen Staatsangehörigen, bei denen 70°% dies als Problem nennen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/492 2 Vorbemerkung der Landesregierung Der Immigrant Citizens Survey basiert auf einer Erhebung, die in 15 Städten in 7 europäischen Ländern durchgeführt wurde. Ziel des Projektes war es herauszufinden, ob integrationspolitische Maßnahmen die Hoffnungen und Bedürfnisse von Zuwanderern in Europa erfüllen . In Deutschland erfolgte die Befragung in Berlin und Stuttgart. Für die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Nordrhein-Westfalen hat dieser Städtevergleich insofern nur eine begrenzte Aussagekraft. 1. Wie bewertet sie (die Landesregierung) die oben dargestellten Ergebnisse des Immigrant Citizens Survey? Die Landesregierung bewertet die Ergebnisse des Immigrant Citizens Survey grundsätzlich positiv. Auch wenn die Resultate aus den Städten Berlin und Stuttgart nicht unmittelbar auf das Land Nordrhein-Westfalen übertragbar sind, zeigt der Survey, dass die deutschen Integrationsmaßnahmen bei Zuwanderinnen und Zuwanderern aus Drittstaaten positiv erlebt werden . Zahlreiche Aspekte, wie z.B. die Forderung nach der Anerkennung von ausländischen Qualifikationen oder die Abschaffung der Optionspflicht, sind politische Vorhaben, die die Landesregierung bereits in der letzten Legislaturperiode in Angriff genommen und die sie als zentrale Aufgaben auch im neuen Koalitionsvertrag formuliert hat. 2. Bewertet die Landesregierung die Ergebnisse zu der Teilnahme an den Integrati- onskursen und den Sprachtests für Nordrhein-Westfalen ähnlich positiv? Das Erlernen der deutschen Sprache ist einer der Schlüssel für eine gelingende Integration. Insofern bewertet auch die Landesregierung das staatlich finanzierte Angebot für den Erwerb der deutschen Sprache, aber auch von Kenntnissen der deutschen Gesellschaft als positiv. Dies gilt sowohl für die verpflichtenden Integrationskurse als insbesondere auch für die Integrationskurse , die auf freiwilliger Basis besucht werden. Ebenso sieht die Landesregierung das Angebot von Sprachfördermaßnahmen bereits in den Herkunftsländern positiv, da hierdurch bereits Grundkenntnisse der deutschen Sprache vermittelt werden, die das anfängliche Zurechtfinden von neu Zuwandernden in Deutschland erleichtern. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Zeitspanne zwischen dem Spracherwerb im Herkunftsland und dem Zuzug nach Deutschland möglichst gering ist. 3. Hat sie ähnliche Befragungen unter den Teilnehmern der Integrationskurse vor- genommen? Nein. Die Integrationskurse nach dem Aufenthaltsgesetz liegen ausschließlich in der Zuständigkeit des Bundes, werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg administriert und von diesem auch evaluiert (beispielsweise im Forschungsprojekt "Integrationsverlauf von Integrationskursteilnehmern (Integrationspanel)", in dem die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Integrationskurse untersucht wird). Die Landesregierung hält es nicht für opportun, seitens der Länder Befragungen unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Integrationskursen vorzunehmen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/492 3 Wie bereits in der Antwort zu Frage 2 dargelegt, bewertet die Landesregierung die Integrationskurse grundsätzlich positiv. Allerdings sieht die Landesregierung insbesondere bei den Rahmenbedingungen der Integrationskurse Optimierungsbedarf, beispielsweise bei der Kinderbetreuung , bei der Fahrtkostenerstattung oder der Vergütung der Integrationskurslehrkräfte . Ebenso setzt sich die Landesregierung daher dafür ein, das Integrationskursangebot auch für die bislang ausgeschlossenen Personengruppen der Ausländerinnen und Ausländer mit Gestattung, Duldung oder vorübergehendem humanitären Aufenthalt zu öffnen. Entsprechende Beschlüsse der Konferenz der für Integration zuständigen Ministerinnen und Minister / Senatorinnen und Senatoren der Länder sind aufgrund maßgeblicher Initiative NordrheinWestfalens gefasst worden. 4. Welche Initiativen wurden von Seiten der Landesregierung in den zurückliegen- den zwei Jahren für die Einführung der Mehrstaatlichkeit konkret unternommen? Das Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatlichkeit ist Bestandteil der Regelungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes zur Einbürgerung in den deutschen Staatsverband, zur Annahme einer ausländischen Staatsangehörigkeit durch einen Deutschen sowie zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland. Die Einführung der Mehrstaatlichkeit erfordert daher eine grundlegende Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes durch den Bundesgesetzgeber. Die Landesregierung hat sich in den zurückliegenden zwei Jahren dem Aspekt der Einführung der Mehrstaatlichkeit im Zusammenhang mit dem Staatsangehörigkeitserwerb durch Geburt im Inland gewidmet. Zu diesem Zweck hat sie sich der von Baden-Württemberg ausgegangenen Bundesratsinitiative angeschlossen, die eine Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes mit dem Ziel der Abschaffung der sog. Optionspflicht verfolgte. Nach der geltenden Rechtslage sind Kinder ausländischer Eltern, welche durch ihre Geburt in Deutschland die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben, bei Erreichen der Volljährigkeit verpflichtet, die neben der deutschen Staatsangehörigkeit durch Abstammung erworbene ausländische Staatsangehörigkeit aufzugeben, wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit dauerhaft behalten wollen. Die Initiative hat im Bundesrat nicht die erforderliche Mehrheit gefunden. 5. Welche konkreten Maßnahmen verfolgt die Landesregierung, um die Zahl der Einbürgerungen zu erhöhen? Die Landesregierung beabsichtigt, im Rahmen einer Staatsangehörigkeitsoffensive aktiv um die Menschen zu werben, die die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllen.