LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4924 31.01.2014 Datum des Originals: 30.01.2014/Ausgegeben: 05.02.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1839 vom 19. Dezember 2013 des Abgeordneten Bernhard Tenhumberg CDU Drucksache 16/4682 Warum ruft das Land Nordrhein-Westfalen Mittel zweistelliger Millionenhöhe für den Bundesfernstraßenbau nicht vom Bund ab? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 1839 mit Schreiben vom 30. Januar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Einem Bericht der Rheinischen Post vom 14.12.2013 zufolge hat die Landesregierung Nordrhein -Westfalen im Jahr 2013 nicht alle Fördermittel des Bundes für den Bundesfernstraßenbau abgerufen. Gemäß dieser Berichterstattung hat das NRW-Verkehrsministerium dies bestätigt . Demnach konnten Mittel für den Bundesfernstraßenbau in Höhe rund 44 Millionen Euro nicht verwendet werden. Angesichts dringend benötigter Ergänzungen und Lückenschlüsse im Bundesstraßen- und Autobahnnetz in NRW ist dies völlig unverständlich. NRW-Verkehrsminister Michael Groschek behauptete in der Vergangenheit bei jeder Gelegenheit in der Öffentlichkeit, dass das Land NRW von der Bundesregierung bei der Mittelvergabe für Infrastrukturmaßnahmen benachteiligt werde. Ferner forderte er in diesem Zusammenhang mehrfach mehr Geld von der Bundesregierung für den Bundesfernstraßenbau (z. B. „Kölner Stadtanzeiger“ vom 27.12.2012 und „WAZ online“ vom 11.01.2013). Einmal davon abgesehen, dass dies nicht zutrifft, ist das Land NRW offensichtlich noch nicht einmal in der Lage, ihm zustehende Bundesmittel abzurufen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4924 2 Vorbemerkung der Landesregierung Im Bundesfernstraßenbau hatte das Land Nordrhein-Westfalen bereits vor 2003 jährlich ansteigende Finanzmittel vom Bund zugewiesen bekommen. In der Zeit bis 2005 konnte auf dieser Grundlage eine Vielzahl von Fernstraßenprojekten planerisch so weit vorangetrieben werden, dass davon in den Jahren 2005 bis 2009 insgesamt 51 Vorhaben mit Planfeststellungsbeschlüssen Baurecht erhielten. Damit war das Land ab 2005 in der Lage, beim Bund die Finanzmittel zur Realisierung baureifer Neu- und Ausbauprojekte anzumelden. Diese Entwicklung war begleitet von einer bedarfsentsprechenden Verlagerung von Planungsressourcen in die konkreten Bauvorbereitungen. Zeitgleich wurde der Personalabbau im Landesbetrieb Straßen.NRW verstärkt. Das hatte zur Folge, dass nicht ausreichend weitere Planungen für neue Fernstraßenprojekte bis zur Baureife vorbereitet werden konnten. Zudem zeigten sich in den letzten 5 Jahren insbesondere bei Brücken gehäuft erhebliche bauliche Substanzmängel. Diese beruhen auf einer Fehleinschätzung in den 60er und 70er Jahren - während der die überwiegende Zahl der Brücken auf unseren Autobahnen gebaut wurden - bezüglich der heutigen Straßenbelastungen (Anstieg der Straßennutzer und der Fahrzeuggewichte) aus damaliger Sicht und der damit verbundenen Dimensionierung der Straßen. Den hieraus resultieren weiteren Anforderungen an den Planungsbereich für die Sanierung bzw. den Ersatzneubau solcher Brücken konnte die Zahl der Planer nicht gerecht werden, gleichzeitig wurde der Personalabbau aber fortgesetzt. Diese Defizite bei den Personalressourcen sind nunmehr erkannt. Der Umsteuerungsprozess bei Planung und dem Baugeschehen des nordrhein-westfälischen Straßenbaus nach dem Grundsatz „Erhaltung vor Neubau“ ist eingeleitet. Gleichzeitig wird Vorsorge getroffen, die Baureife von verkehrswichtigen Ausbauvorhaben insbesondere an den Engpässen im Straßennetz mit Hochdruck vorzubereiten. Für 2013 wurde der Personalabbau gestoppt. Gegen den Trend im Land werden 2014 im Planungsbereich 20 Stellen zusätzlich zur Verfügung gestellt. Die Planungsmittel sind bereits für 2013 deutlich erhöht worden. Sie werden in 2014 in gleicher Höhe zur Verfügung gestellt. 1. Welche Bundesmittel für den Bundesfernstraßenbau in Nordrhein-Westfalen wurden jedes Jahr von 2003 – 2013 für Neubau und für Erhalt bewilligt? Die bewilligten Bundesmittel ergeben sich aus der Summierung der Tabellenwerte zur Beantwortung der Fragen 2 und 3. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4924 3 2. Welche Bundesmittel für den Bundesfernstraßenbau in Nordrhein-Westfalen wurden jedes Jahr von 2003 – 2013 für Neubau und für Erhalt abgerufen? Die nachfolgende Tabelle stellt die Investitionen im Bereich der Bundesfernstraßen in den Jahren 2003-2013 dar. Hierbei handelt es sich um vom Bund zugewiesene Mittel, die vom Land verausgabt wurden. Jahr 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Mio. € 559 658 667 799 774 844 947 829 879 769 735 3. Welche bewilligten Bundesmittel für den Bundesfernstraßenbau in Nordrhein- Westfalen wurden jedes Jahr von 2003 – 2013 für Neubau und für Erhalt nicht abgerufen? In 2013 hat Nordrhein-Westfalen erstmalig 41,8 Mio. € an Bundesfernstraßenmitteln im Wege des Mittelausgleichs zurückgegeben. In den Jahren zuvor hatte die Landesregierung regelmäßig unterjährig Bundesmittel aus anderen Bereichen des Verkehrshaushalts des Bundes im Wege des Mittelausgleichs zusätzlich abgenommen. In den Jahren 2008 - 2012 konnten so Bundesmittel in Höhe von insgesamt rund 303 Mio. € zusätzlich investiert werden . Die nachfolgende Tabelle weist die nicht verausgabten Bundesmittel aus. Eine Aufteilung in investive und nicht-investive Mittel ist nicht möglich. Hierbei handelt es sich um kassentechnische Ausgabenreste, die im Haushaltsvollzug jeweils zum Jahreswechsel angefallen sind. Jahr 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Mio. € 0,08 0,73 0,05 0,34 0,85 0,03 0,06 0,01 0,01 0,08 0,11 4. Welche Gründe gab es, Bundesmittel für den Bundesfernstraßenbau in Nord- rhein-Westfalen von 2003 – 2013 nicht abzurufen? Im angesprochen Zeitraum erfolgte eine Rückgabe von Bundesmitteln lediglich in 2013. In diesem Jahr führten kumulierende Effekte zu einer erforderlichen Mittelrückgabe. Mehrere geplante neue Maßnahmen konnten auf Grund externer Faktoren (Klageverfahren und fehlende Zustimmungen des Bundes zu vorzeitigen Beginnen) nicht begonnen werden. Da die Personaldecke – insbesondere in den Bereichen Planung und Bau – nach Jahren des Personalabbaus auf Grund der Beschlüsse zum kontinuierlichen Stellenabbau inzwischen sehr dünn war, verfügte der Landesbetrieb nicht mehr über ausreichend Reserveplanungen, so dass die Finanzmittel nicht für Alternativprojekte eingesetzt werden konnten. Aus demselben Grund konnten auch bereits laufende Maßnahmen nicht weiter verstärkt werden, da die dafür notwendigen Planungskapazitäten nicht zur Verfügung standen. Die Entwicklungen im Personalbereich wurden durch den Beschluss der Landesregierung ausgelöst, ab dem Jahr 2006 zur Haushalts-konsolidierung einen kontinuierlichen linearen Stellenabbau von 1,5% umzusetzen. Diese prozentuale Vorgabe wurde für den Landesbetrieb Straßenbau im Laufe des Jahres 2006 bis 2010 auf 1,8% erhöht. In dieser Zeit wurden 771 Stellen abgebaut. Ab 2010 galt wieder die Vorgabe Abbau mit 1,5 %. Für 2013 wurde der Personalabbau gestoppt. So wurden in den Jahren 2006 bis 2013 814 Stellen abgebaut. Um die Zielvorgaben zu erfüllen, musste im Landesbetrieb nahezu jede frei werdende Stelle LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4924 4 abgebaut werden. Hierdurch ist es zu einem starken Personalabbau in den technischen Bereichen des Landesbetriebes gekommen. Gegen den Trend im Land werden 2014 im Planungsbereich 20 Stellen zusätzlich zur Verfügung gestellt. 5. Welche zusätzlich abgerufenen Bundesmittel für den Bundesfernstraßenbau in Nordrhein-Westfalen gingen 2003 – 2013 jedes Jahr an NRW, weil sie andere Bundesländer nicht abgerufen hatten? Hierüber wird die Landesregierung vom Bund nicht in Kenntnis gesetzt.