LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4925 31.01.2014 Datum des Originals: 31.01.2014/Ausgegeben: 05.02.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1774 vom 21. November 2013 der Abgeordneten Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/4477 Wie erklärt die Schulministerin den Zusammenhang zwischen einer – offenbar eher schleppenden – Entwicklung des neuen Übergangsmanagements in den Referenzkommunen und dem gleichzeitigen Abbau von Stellen an Berufskollegs als Folge einer vermeintlich erfolgreichen rot-grünen „Präventionspolitik“? Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 1774 mit Schreiben vom 31. Januar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung, dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bereits im Sommer 2013 hatten Ministerin Löhrmann und Minister Schneider erklärt, dass die Landesregierung die Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule-Beruf in NRW“ „konsequent umsetze“. In den sieben Referenzkommunen würden im – zu diesem Zeitpunkt – laufenden Schuljahr 2012/13 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler durch Potentialanalyse erreicht. Künftig würden darüber hinaus alle Schülerinnen und Schüler im Rahmen von betrieblichen Berufsfelderkundungen Einblick in unterschiedliche berufliche Arbeitsfelder erhalten. Dies seien ca. 62 Prozent aller Schülerinnen und Schüler in den angesprochenen 8. Klassen. Die Zahlen wurden in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 16/4301) weitgehend bestätigt. Allerdings fällt auf, dass eine Vielzahl von Schülerinnen und Schülern offenkundig – selbst in den Referenzkommunen – bisher nicht erreicht wird. Auch unterscheiden sich die Ergebnisse zwischen den jeweiligen Referenzkommunen und den Schulformen teilweise erheblich. Die Landesregierung begründet Verzögerungen bei den Berufsfelderkundungen in den Referenzkommunen mit Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Potentialberatung, ohne die Schwierigkeiten dezidiert zu erläutern. Offensichtlich laufen auch in den Referenzkommunen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4925 2 die Maßnahmen des neuen Übergangsystems teilweise nur schleppend an, gleichzeitig werden jedoch in den „rot-grünen Landeshaushalten“ kontinuierlich Stellen an Berufskollegs abgebaut. Als Begründung verweist Rot-Grün immerzu auch auf ihre vermeintlich erfolgreiche „Präventionspolitik“, obwohl sie zum Beispiel in Antworten auf schriftliche Fragen zum Haushaltsentwurf 2014 (Einzelplans 05) – zum wiederholten Male – einräumen musste, dass sie einen empirischen belegbaren Zusammenhang zwischen ihrer vermeintlich erfolgreichen „Präventionspolitik“ und dem Abbau dieser Stellen gar nicht herstellen kann. 1. Warum wurden in den Referenzkommunen bisher lediglich 90 Prozent der Schü- lerinnen und Schüler der 8. Jahrgangsstufe durch Potentialanalysen erreicht? 2. Um welche Verzögerungen hat es sich bei der Umsetzung der Potentialberatung in den Referenzkommunen genau gehandelt, die zu den Verzögerungen bei den Berufsfelderkundungen geführt haben? 3. Worauf sind die sehr unterschiedlichen Umsetzungsstände in den Referenz- kommunen zurückzuführen (bitte aufgrund der unterschiedlich stark eingebundenen Schulformen sowie in Gesamtheit zwischen den Kommunen erläutern)? 4. Wie genau erfolgt für die weitere Umsetzung der Maßnahmen gerade auch in an- deren Kommunen eine Identifizierung von Verbesserungsbedarfen, wenn offenbar eine verbindliche Rückmeldung zur Umsetzung der Standardelemente nicht vorgesehen ist? Die Fragen 1 bis 4 stehen in einem engen inhaltlichen Zusammenhang, sie werden deshalb zusammen beantwortet. Zum Schuljahr 2012/2013 ist „Kein Abschluss ohne Anschluss - Übergang Schule – Beruf in Nordrhein-Westfalen“ in 7 Referenzkommunen gestartet. Da es sich dabei um die Umstellung von vielen Einzelansätzen und -projekten verschiedener innerhalb ihrer Zuständigkeiten handelnder Akteure auf einen systemischen Ansatz unter der Koordination der Kommunalen Koordinierungsstellen handelt, ist der Aufwand entsprechend hoch. Die Landesregierung ihrerseits hatte mit ihren Partnern auf Landesebene die für eine Umsetzung notwendigen Mittel bereitgestellt und ist vor dem beschriebenen Hintergrund mit dem Umsetzungsstand zufrieden. Dass nach Rückmeldung der Kommunen 91 % der Schülerinnen und Schüler im vergangenen Schuljahr das Angebot einer Potenzialanalyse genutzt haben, ist durchaus als Erfolg zu werten. In allen Referenzkommunen wurden zu Beginn des Schuljahres 2012/2013 die Vorgaben der Landesakteure zum Standardelement „Potentialanalyse“ unter Beteiligung der betreffenden Akteure, teilweise zielgruppenbezogen konkretisiert, Qualitätsstandards präzisiert, Trägerangebote dementsprechend gesichtet und die Termine für die Angebote zwischen Schulen und umsetzenden Trägern koordiniert. Diese umfänglichen Prozesse führten dazu, dass teilweise bis zum Schuljahresende noch Potentialanalysen durchgeführt wurden, so dass für die Umsetzung der darauf aufbauenden Berufsfelderkundungen teilweise nur wenig Zeit blieb. „Kein Abschluss ohne Anschluss - Übergang Schule – Beruf in Nordrhein-Westfalen“ ist ausdrücklich nicht als „top-down“ zu administrierendes Vorhaben angelegt, sondern setzt wesentlich auf die regional bzw. lokal zuständigen Akteure und deren Kenntnis der Besonderheiten vor Ort. Die Referenzkommunen sind dementsprechend mit jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen gestartet und haben ihre eigenen Wege gewählt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4925 3 Derzeit werden die bisherige Umsetzung in den Referenzkommunen und mögliche Ursachen für Verzögerungen eruiert, damit die weitere Umsetzung optimiert werden kann. Bei einem Vorhaben solchen Ausmaßes sind Nachsteuerungen und Anpassungen auf Grund der Erfahrungen bei der Umsetzung erforderlich und gehören zum Entwicklungsprozess. Hierbei steht das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales in enger Kommunikation mit den Kommunalen Koordinierungen und der G.I.B. NRW, die die Auswertung der Umsetzung übernimmt . Eine verbindliche Rückmeldung zur konkreten Umsetzung und Ausgestaltung der Standardelemente gegenüber dem Land existiert, soweit entsprechende Fördermittel u.a. aus dem Europäischen Sozialfonds eingesetzt werden, allerdings mit den zeitlichen Regelungen, die durch die förderrechtlichen Vorschriften gegeben sind. Insofern liegen genaue Daten immer erst nach Abrechnung aller Einzelmaßnahmen vor. Da neben diesen der Landesregierung unmittelbar zur Verfügung stehenden Mitteln auch Mittel Dritter (insbesondere des Bundesministeriums für Bildung und Forschung) verwendet werden , die über die entsprechenden Mittelgeber verausgabt und abgerechnet werden, sind zur Erfassung des Gesamtbildes auf Ebene der einzelnen Kommunen und Schulformen Einzelerhebungen notwendig, die zur Bürokratievermeidung nur sparsam eingesetzt werden. 5. Wird die Landesregierung zukünftig bezüglich des Abbaus von 500 Stellen an Berufskollegs auf die Begründung eines Erfolgs ihrer vermeintlich erfolgreichen „Präventionspolitik“ verzichten, da sie einen solchen Zusammenhang empirischseriös nach eigener Aussage überhaupt nicht belegen kann? In den Jahren 2012 bis 2015 werden insgesamt 500 Lehrerstellen abgebaut, weil die Landesregierung eine positive Wirkung der eingeleiteten präventiven Maßnahmen von „Kein Abschluss ohne Anschluss“ insbesondere am Berufskolleg in entsprechendem Umfang dergestalt erwartet, dass künftig weniger Schülerinnen und Schüler sog. Warteschleifen besuchen oder Bildungsgangwechsel bzw. -abbrüche vornehmen. Hierdurch verkürzen die Schülerinnen und Schüler ihre individuelle Verweildauer im Schulsystem , was eine Reduzierung des Lehrerstellenbedarfs bewirkt. Fest steht, dass durch die Einsparung von Lehrerstellen an keiner Schule im Schulsystem eine Standardverschlechterung stattfindet. Eine abschließende Gesamtbewertung der präventiven Wirkung des Systems „Kein Abschluss ohne Anschluss“ wird erst möglich sein, wenn die Umsetzung abgeschlossen ist und die Ergebnisse ausgewertet wurden. Ansonsten wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1488 der FDPAbgeordneten Christian Lindner und Ralf Witzel „Ergebnisse der angeblich vorsorgenden Sozialpolitik in Nordrhein-Westfalen – Welche aus der neuen Philosophie konkret resultierenden Minderausgaben bilden sich bislang im Landeshaushalt ab?“ (Drucksache 16/3921) verwiesen.