LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4955 05.02.2014 Datum des Originals: 05.02.2014/Ausgegeben: 10.02.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1838 vom 19. Dezember 2013 der Abgeordneten Christina Schulze Föcking und Hendrik Wüst CDU Drucksache 16/4681 Reform der Ausbildung zum staatlichen geprüften Lebensmittelchemiker Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1838 mit Schreiben vom 5. Februar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales, der Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie , Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Ausbildung von staatlich geprüften Lebensmittelchemikerinnen und Lebensmittelchemikern ist in NRW in der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung zur „staatlich geprüften Lebensmittelchemikerin“ und zum „staatlich geprüften Lebensmittelchemiker“ (APVOLChem NRW) vom 12.12.2005 geregelt. Nach der derzeit gültigen Verordnung absolvieren die Studierenden nach dem 1. Staatsexamen bzw. dem Abschluss MSc Lebensmittelchemie eine 12-monatige berufspraktische Ausbildung , davon 3 Monate im Rahmen eines Industriepraktikums, 2 Monate bei den Überwachungsbehörden und 7 Monate bei Chemischen Landes- und Staatlichen Veterinäruntersuchungsämtern . Nach dieser berufspraktischen Ausbildung erfolgt die Staatsprüfung zur staatlich geprüften Lebensmittelchemikerin und zum staatlich geprüften Lebensmittelchemiker. Außer in der amtlichen Lebensmittelüberwachung (in den amtlichen Laboratorien und in den Kontrollbehörden vor Ort) sind Lebensmittelchemikerinnen und Lebensmittelchemiker in den Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft oder in privaten Handelslaboratorien als Gegenprobensachverständige tätig. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4955 2 Nach unseren Informationen plant das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen eine umfassende Reform des praktischen Jahres für Lebensmittelchemikerinnen und Lebensmittelchemiker. Nach den Plänen des MKULNV sollen zukünftig statt der bisher 55 Ausbildungsplätze nur noch rund 20-25 Plätze zur Verfügung stehen. Demgegenüber stehen rund 70 - 80 Absolventen , die an den Universitäten Bonn, Wuppertal und Münster jährlich das Studium der Lebensmittelchemie absolvieren. Weiterhin soll die berufspraktische Ausbildung von bisher 12 auf 18 Monate verlängert werden , das bisherige Industriepraktikum entfallen und die Ausbildung bei den Überwachungsbehörden von 2 auf 8 Monate und am Untersuchungsamt von 7 auf 10 Monate ausgeweitet werden soll. Vorbemerkung der Landesregierung Die Ausbildung zum staatlich geprüften Lebensmittelchemiker und zur staatlich geprüften Lebensmittelchemikerin ist in der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung zur „staatlich geprüften Lebensmittelchemikerin“ und zum „staatlich geprüften Lebensmittelchemiker“ (APVOLChem NRW) vom 12. Dezember 2005 (GV. NRW. 2006 S. 23) in der derzeit geltenden Fassung geregelt. Wie auch in anderen Bereichen, wie z.B. dem Veterinärreferendariat, Umweltreferendariat oder Agrarreferendariat, verfolgt das Land mit seinem Engagement vorrangig das Ziel, seinen eigenen zukünftigen wissenschaftlichen Nachwuchs an Sachverständigen auszubilden. Das Land hat dabei im bundesweiten Vergleich mit 55 Praktikumsplätzen eine weit über dem Durchschnitt liegende Ausbildungsleistung erbracht. Engpässe bei den verfügbaren Ausbildungsplätzen und dem zur Verfügung stehenden Ausbildungspersonal lassen eine Ausbildung in diesem Umfang künftig nicht mehr zu. Hinzu kommt auch die wiederholt von den Praktikanten vorgetragene Kritik an der Höhe der Ausbildungsvergütung. Das zur Verfügung stehende Budget ermöglichte lediglich eine Vergütung in Höhe von 536,86 € im ersten Ausbildungsjahr und 790 € im zweiten Ausbildungsjahr statt der nach der Praktikatenvergütungsrichtlinie möglichen 715,81 € im ersten Ausbildungsjahr und 1050 € im zweiten Ausbildungsjahr . Insgesamt wurde bei der Erarbeitung des Vorschlags zur Änderung des berufspraktischen Jahres die Ausbildung stärker an den Anforderungen der Kontrollbehörden ausgerichtet und als Ausbildung des Kontrollpersonals im Sinne von Artikel 6 der VO (EG) Nr. 882/2004 verstanden . Nur so kann das Ziel, auch zukünftig qualitativ gut ausgebildetes Personal in der Lebensmittelüberwachung einzusetzen, langfristig eingehalten werden. 1. Wie soll die berufspraktische Ausbildung der staatlich geprüften Lebensmittel- chemikerinnen und Lebensmittelchemiker nach den Plänen der Landesregierung zukünftig konkret aussehen? Die Landesregierung hat sich angesichts der vorstehend geschilderten Ausgangslage entschlossen , eine Arbeitsgruppe einzusetzen, deren Auftrag darin bestand, verschiedene Modelle inkl. Kostenaufstellung zur Neustrukturierung der berufspraktischen Ausbildung von Lebensmittelchemikerinnen und Lebensmittelchemikern zu erarbeiten. Erste Vorschläge für die Strukturierung der neuen Ausbildung und Prüfung sowie die Lehr- und Lerninhalte liegen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4955 3 vor und sollen nun mit dem Städtetag und dem Landkreistag sowie den Universitäten diskutiert werden. Zu den Eckpunkten der Vorschläge gehört, dass die künftige Zahl der Ausbildungsplätze primär an den Einstellungsbedürfnissen der Untersuchungseinrichtungen, der Lebensmittelüberwachungsämter , MKULNV, LANUV und der freien Handelslabore (als Gegenprobensachverständige ) ausgerichtet wird. Durch die angestrebte Qualitätsverbesserung durch Ausweitung der einzelnen Ausbildungsabschnitte stehen weniger Plätze als bisher zur Verfügung . Angedacht wird zur Zeit eine Zahl von ca. 20 Ausbildungsplätzen. Um die angestrebte Qualitätsverbesserung zu erreichen, soll die Ausbildungszeit je nach Modell auf bis zu 2 Jahre ausgeweitet werden. Die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene Neustrukturierung der Ausbildung könnte entweder durch die Einführung eines entsprechenden Vorbereitungsdienstes (Referendariat) oder durch Verlängerung des berufspraktischen Jahres erfolgen. Die Vergütung soll dann entsprechend angehoben werden. 2. Wie soll im Rahmen der Reform eine abgestimmte und optimierte Ausbildung von Lebensmittelchemikerinnen und Lebensmittelchemikern erzielt werden, wenn nicht alle bisher an der Ausbildung Beteiligten, wie die staatlichen Überwachungsbehörden , Universitäten, Lebensmittelindustrie und Handelslaboratorien , involviert werden? Eine Beteiligung der aufgezählten Einrichtungen und Institutionen ist auch weiterhin vorgesehen bzw. Voraussetzung für diese Zusatzausbildung. Wie bereits ausgeführt verfolgt das Land mit seinem Engagement vorrangig das Ziel, seinen eigenen zukünftigen wissenschaftlichen Nachwuchs an Sachverständigen auszubilden. Der jetzt angestoßene Neustrukturierungsprozess stellt sicher, dass das Berufsbild der Lebensmittelchemikerin und des Lebensmittelchemikers als wissenschaftlichem Sachverständigen in den Kontrollbehörden auf weiterhin hohem Niveau zukunftssicher ausgestaltet wird. 3. Warum soll die bisherige Beteiligung der Lebensmittelindustrie und Handelsla- boratorien in Form von 3-monatigen Industriepraktika ersatzlos gestrichen werden ? Es wird auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen. Zeiten in der Wirtschaft oder freien Handelslaboren sollen nicht mehr Teil der Ausbildung zur staatlich geprüften Lebensmittelchemikerin oder zum staatlich geprüften Lebensmittelchemiker sein. Als Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung wird jedoch ein dreimonatiges Praktikum in der Wirtschaft gefordert werden . 4. Wie soll zukünftig eine ausreichende Zahl an Gegenprobensachverständigen nach §43 LFGB sichergestellt werden? Hierzu wird auf den vorletzten Absatz der Vorbemerkung verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4955 4 5. Wie soll eine wirksame Lebensmittelkontrolle im Sinne der Verbraucher möglich sein, wenn zukünftig nur die staatlichen Behörden über fundiert lebensmittelanalytisch und – rechtlich ausgebildete staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerinnen und Lebensmittelchemiker verfügen? Die Ausbildung und Prüfung zur staatlich geprüften Lebensmittelchemikerin und zum staatlich geprüften Lebensmittelchemiker ist für die Tätigkeit in der Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeüberwachung sowie als Gegenprobensach-verständiger in den Handelslaboren unerlässlich. Sofern über das Hochschulstudium hinausgehender Qualifizierungsbedarf in der privaten Wirtschaft besteht, wäre ggfs. eine Anpassung der Ausbildungskonzeption in Erwägung zu ziehen.