LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4962 10.02.2014 Datum des Originals: 07.02.2014/Ausgegeben: 12.02.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1878 vom 11. Januar 2014 der Abgeordneten Christian Lindner und Ralf Witzel FDP Drucksache 16/4767 Globale Mehreinnahmen im Landeshaushalt des Landes Nordrhein-Westfalen – Wie will die Landesregierung diese Einnahmen tatsächlich erwirtschaften? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1878 mit Schreiben vom 7. Februar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Land Nordrhein-Westfalen plant im Jahr 2014 eine Nettokreditaufnahme von fast 2,7 Milliarden Euro ein. Der Schuldenstand des Landes wird sich damit voraussichtlich auf nahezu 140 Milliarden Euro erhöhen. Die aufgenommenen Kredite schließen die Finanzierungslücke zwischen den Einnahmen und den höheren Ausgaben des Landes. Jedoch fehlt in dieser Betrachtung, dass das Haushaltsgesetz 2014 des Landes NordrheinWestfalen große globale Positionen vorsieht: Diese reduzieren die Deckungslücke zwischen Einnahmen und Ausgaben des Landes deutlich um insgesamt 1,265 Milliarden Euro. Die Ausgaben des Landes werden durch globale Minderausgaben in Höhe von 865 Millionen Euro reduziert. Die Einnahmen des Landes mit 300 Millionen Euro globale Mehreinnahmen erhöht (nach 160 Millionen im Haushaltsgesetz 2013). Übersicht globale Positionen 2006 bis 2014 im HHG NRW 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 GME 0 0 0 0 0 1300,0 0 160,0 300 GMA 388,4 306,2 115,2 273,2 281,4 620,5 730,2 817,6 865 Summe 388,4 306,2 115,2 273,2 281,4 1920,5 730,2 977,6 1165 in Mio. Euro; Globale Mehreinnahmen ohne Titel 371 10; 2008 ohne Nachtrag. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4962 2 Globale Minderausgaben sind zwar aus Sicht der Haushaltsklarheit und -wahrheit ab einer bestimmten Höhe nicht wünschenswert. Wie obige Übersicht in der Zeitreihe belegt, ist es bei früheren Landesregierungen ohne weiteres möglich gewesen, einen deutlich geringeren Anteil an globalen Mehreinnahmen im Haushalt vorzusehen. Jedoch liegt es tatsächlich in der Hand der Landesregierung, diese Minderausgaben auch faktisch zu erwirtschaften – beispielsweise durch Haushaltssperren im Haushaltsvollzug. Anders gestaltet es sich bei den globalen Mehreinnahmen. Anders als im Bund, stehen den Ländern nur geringe Möglichkeiten zur Verfügung, ihre Einnahmen aktiv zu beeinflussen. Eine denkbare Begründung für eine globale Mehreinnahme können konkret angekündigte Steuererhöhungen durch die Bundesebene sein, die das Land zu entsprechenden GMEAnnahmen veranlassen. Aktuell gibt es hierfür jedoch mittlerweile keinen Anhaltspunkt von der neuen Bundesregierung, die Mehrausgaben auf Bundesebene durch einen Griff in die Sozialkassen und laut dem Bundesfinanzminister durch eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme um 2 Milliarden Euro im Vergleich zur Finanzplanung der schwarz-gelben Bundesregierung anstatt durch Steuererhöhungen finanzieren will. Auf Landesebene lassen sich Mehreinnahmen in relevanter Größe durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer erzielen – letztmalig wurde diese durch die rot/grüne Landesregierung im Oktober 2011 von damals 3,5 Prozent auf heute 5 Prozent erhöht. Presseberichten aus dem letzten Jahr ist zu entnehmen, dass dieser Weg zur Erbringung der globalen Mehreinnahme auf Koalitionsseite erneut in Erwägung gezogen worden sein soll. Eine Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes von 5 Prozent um 1,0 oder 1,5 Prozentpunkte auf dann neue 6,5 Prozent würde aller Voraussicht nach die Lücke bei den Einnahmen schließen können. Das Land wäre dann zusammen mit dem Land Schleswig-Holstein negativer Spitzenreiter bei der Besteuerung von Immobilienerwerb oder -veräußerung. Dadurch würden dann insbesondere diejenigen geschädigt, die den Erwerb einer Immobilie als wertbeständige Altersvorsorge sehen oder als junge Familien ihr erstes Wohneigentum erwerben wollen. Dieses Vorgehen kann politisch nicht sinnvoll sein. Die Schuldenbremse im Jahr 2020 muss daher durch echte Haushaltskonsolidierung erreicht werden, der Pfad dorthin darf nicht durch spekulative Finanzpolitik verschleiert werden. Auch in den Jahren bis einschließlich 2016 plant die Landesregierung jeweils mit globalen Mehreinnahmen von 300 Millionen Euro (LT-Vorlage 16/527). Vor diesem Hintergrund ist es für das Parlament von hohem Interesse zu erfahren, wie die Landesregierung mit der hohen globalen Minderausgabe im Haushalt 2014 bei der faktischen Erwirtschaftung umzugehen gedenkt. 1. Mit jeweils welchen einzelnen Handlungen plant die Landesregierung nun, die globalen Mehreinnahmen von 300 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2014 konkret zu erwirtschaften ? Konkrete Maßnahmen zur Erwirtschaftung der Globalen Mehreinnahmen sind nicht geplant, da es sich wie der Name schon sagt, um eine Globalposition handelt. 2. Wie hat die Landesregierung die globalen Mehreinnahmen im Jahr 2013 im Einzel- nen erbracht? (bitte detaillierte Berechnung beifügen) Nach den bisher vorliegenden vorläufigen Ergebnissen zum Haushaltsvollzug 2013 - Stand nach dem 1. Zwischenabschluss vom 14. Januar 2014 – liegen die Gesamteinnahmen (ohne Schuldenaufnahmen) um rund 170 Mio. Euro unter den Sollansätzen. Die Steuereinnahmen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4962 3 liegen um rund 165 Mio. Euro unter den veranschlagten Steuereinnahmen. Die übrigen Einnahmen einschließlich der Globalen Mehreinnahmen unterschreiten die maßgeblichen Sollansätze um 5 Mio. Euro. Damit ist die globale Mehreinnahme, die nicht im Bereich Steuern veranschlagt ist, bis auf 5 Mio. € erzielt worden. Ein detaillierter Nachweis der aufgekommenen Globalen Mehreinnahmen ist nicht möglich, da bei dem Einnahmetitel – Einzelplan 20 Kapitel 020 Titel 371 20 - keine Einnahmen verbucht werden. 3. Welche einzelnen Konsequenzen ergeben sich für andere Haushaltspositionen und den Landeshaushalt insgesamt, wenn die beschlossenen Einnahmeerwartungen nicht erfüllt werden? Bei den Globalen Mehreinnahmen in allen Einzelplänen in Höhe von 300 Mio. Euro handelt es sich, wie bei allen übrigen Einnahmeansätzen auch, um allgemeine Deckungsmittel. Es existiert daher, wie bei allen übrigen Einnahmeansätzen – mit Ausnahme von zweckgebundenen Einnahmeansätzen – kein direkter Zusammenhang mit den Ausgabeansätzen des Haushaltsplans 2014. Für den Haushaltsvollzug ist entscheidend, dass das Gleichgewicht zwischen den veranschlagten Einnahmen und Ausgaben gewahrt bleibt. Die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben wird deshalb vom Finanzministerium durch das Haushaltscontrolling fortlaufend beobachtet. 4. Würde die Landesregierung einer weiteren Erhöhung des Grunder- werbsteuersatzes in dieser Legislaturperiode entgegentreten, wenn entsprechende Pläne von Seiten einer oder beider der Koalitionsfraktionen in Erwägung gezogen werden? Die Gesetzgebungskompetenz für eine Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes liegt beim Landtag. Im Übrigen ist die Frage befremdlich. 5. Sieht die Landesregierung Anzeichen dafür, dass das Land Nordrhein-Westfalen in der Finanzkraft im Finanzplanungszeitraum 2015 bis 2017 noch weiter als bisher unterstellt zurückfallen wird und somit Einnahmen aus dem System des bundesstaatlichen Finanzausgleichs zu erwarten sind, die über die bereits angesetzten 800 Millionen Euro jährlich hinausgehen werden? Dem Länderfinanzausgleich im engeren Sinne und den Bundesergänzungszuweisungen, auf die sich die für den Finanzplanzeitraum angesetzten Einnahmen in Höhe von 800 Millionen Euro beziehen, ist die horizontale Umsatzsteuerverteilung vorgelagert. Dabei erhalten steuerschwache Länder vorab sogenannte Umsatzsteuerergänzungsanteile. NordrheinWestfalen erbrachte im Umsatzsteuerausgleich des Jahres 2013 einen Beitrag von rund 2,4 Mrd. Euro. Der Beitrag des Landes macht sich in entsprechend reduzierten Umsatzsteuereinnahmen bemerkbar. In der Summe beider Aus-gleichssysteme erbringt NordrheinWestfalen einen Beitrag von rd. 1,7 Mrd. Euro und finanziert damit 11,5 % des gesamten horizontalen Ausgleichs unter den Ländern in diesen beiden Stufen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4962 4 Die kassenmäßigen Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich im engeren Sinne und den Bundesergänzungszuweisungen werden von der relativen Finanzkraft, der Entwicklung der Steuereinnahmen insgesamt und den abrechnungstechnischen Zahlungsströmen bestimmt. Aufgrund der vielfältigen Einflussfaktoren sind die Schätzungen der Ansätze mit großen Unsicherheiten verbunden. Der Landesregierung liegen derzeit keine Erkenntnisse darüber vor, dass sich die Finanzkraft im Finanzplanungszeitraum wesentlich verändert.