LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4975 11.02.2014 Datum des Originals: 07.02.2014/Ausgegeben: 13.02.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1888 vom 16. Januar 2014 der Abgeordneten Angela Freimuth FDP Drucksache 16/4785 Geplante Novelle des Hochschulgesetzes: Nur Mittel zum Zweck – Werden die Landesmittel für unsere Hochschulen gekürzt? Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 1888 mit Schreiben vom 7. Februar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In einem Rechtfertigungsversuch der umstrittenen rot-grünen Pläne, die Hochschulfreiheit rückabzuwickeln, hat Wissenschaftsministerin Schulze gegenüber der WELT am 14. Januar 2014 geäußert, dass mit Blick auf die Schuldenbremse 2020 alle Institutionen ihren Beitrag leisten müssten. Auch die Hochschulen würden nicht ausgenommen und müssten den Sinn ihrer Ausgaben nachweisen. Diese Einlassungen der Ministerin lassen erahnen, dass es nicht nur um mehr Eingriffe in die Freiheit der Forschung, Wissenschaft und Lehre, sondern auch um Mittelkürzungen für die Hochschulen gehen wird. Mit diesen Äußerungen werden nicht nur die unzureichende Grundfinanzierung der Hochschulen und die bislang ebenfalls unzureichenden Kompensationsmittel für die weggefallenen Studienbeiträge in Frage gestellt, sondern auch eine Absenkung der Mittel angekündigt. Das Hochschulbevormundungsgesetz soll diesen Prozess offensichtlich einleiten. Es geht nicht um die behauptete Transparenz, die auch auf der Grundlage des geltenden Gesetzes erreicht werden kann, sondern um Eingriffsoptionen. Politik nach Kassenlage lässt sich demnach durchsetzen, wenn umfangreiche Durchgriffsmöglichkeiten installiert werden. Es drängt sich auf, dass die Ministerin den Hochschulen detailliert vorgeben will, was diese mit den immer weniger werdenden Mitteln anzubieten haben: Wie viele Studierende in welchen Fächern leistungsunabhängig aber nach Quoten einen Abschluss zuerkannt bekommen müssen, wie viele Promotionen noch zugelassen werden dürfen und in welchen Bereichen und Themen noch gelehrt und geforscht werden darf. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4975 2 Bereits jetzt ist absehbar, dass ein solches Klima und solche Rechtsgrundlagen – von möglichen Klagen vor dem Verfassungsgerichtshof abgesehen – dem Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen erheblichen Schaden zufügen werden. Unsere Hochschulen leisten mit den knapp bemessenen Landesmitteln eine gute Arbeit, nutzen die Hochschulfreiheit und die Haushaltsmittel effektiv, um die Qualität der Hochschulbildung und -ausbildung möglichst hoch zu halten. Darüber hinaus sind die Behauptungen der Ministerin, sie hätte aufgrund der Hochschulfreiheit keine Kenntnis darüber, wofür die Hochschulen ihre Mittel verwenden haltlos: Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen berichten bereits heute auf der Grundlage des Hochschulfreiheitsgesetz dem zuständigen Ministerium ausführlich über ihr Wirtschaften und die Verwendung der Mittel aus dem Landeshaushalt . Zudem bietet das derzeit geltende Hochschulfreiheitsgesetz dem Ministerium bereits heute Möglichkeiten, etwaige Fehlverwendungen zu korrigieren. Die Landesregierung könnte , wenn sie den Hochschulen eine falsche Mittelverwendung unterstellt, diese nutzen. Bis heute ist aber nichts dergleichen unternommen worden. Die Rechtfertigungsversuche der Ministerin offenbaren zunehmend, dass von einem Dialogprozess nicht mehr die Rede sein kann, auch wenn SPD-Fraktionschef Römer in seiner Pressemeldung vom 14. Januar 2014 anderes glauben machen möchte. Rot-Grün setzt auf Eingriffsbefugnisse, auf Wissenschaftspolitik nach Kassenlage, auf Diktat der Mittelverwendung und tiefe Eingriffe in die Freiheit von Forschung, Wissenschaft und Lehre. Nach den Beamten drohen damit auch die Hochschulen, ihre Beschäftigten, die Studierenden und die verfassungsrechtlich geschützte Forschungs- und Wissensfreiheit zu den nächsten prominenten Opfern der desaströsen rot-grünen Finanzpolitik ohne sinnvolle nachhaltige und generationengerechte Prioritäten zu werden. Derzeit studieren an unseren Hochschulen 684.000 junge Menschen, so viele wie noch nie. Hier die Mittel zu kürzen, hätte unabsehbare Folgen und wäre unverantwortlich. Vorbemerkung der Landesregierung Freiheit und Wettbewerb ändern nichts daran, dass die Hochschulen öffentlich finanzierte Einrichtungen sind. Mehr als 90 Prozent der Mittel des Hochschulbereichs sind öffentliche Mittel des Landes, des Bundes oder der Europäischen Union. Die Verausgabung öffentlicher Mittel muss transparent und nachvollziehbar erfolgen. Nach dem Referentenentwurf zum Hochschulzukunftsgesetz soll das MIWF daher künftig eine für die gesamte Hochschullandschaft verbindliche, strategische Planung des Landes in Gestalt eines Landeshochschulentwicklungsplans vorlegen, deren Eckpunkte vom Landtag beschlossen werden. Mit dieser engen Rückkopplung des Hochschulentwicklungsplans und seiner Fortschreibungen an den Landtag als Haushaltsgesetzgeber soll jenes hohe Maß an Transparenz für das Parlament geschaffen werden, welches in der Struktur des derzeitigen Hochschulgesetzes gerade nicht angelegt ist. Das derzeitige Hochschulgesetz koppelt die Hochschulen informatorisch vom Landtag praktisch ab. Mit der geplanten Rückkoppelung der Hochschulen an das Parlament, die über den Prozess der Landeshoch-schulentwicklungsplanung hergestellt wird, gelingt es erstmals, das Parlament gesetzlich strukturiert in die Planungsprozesse und die damit verbundenen Informationen über die Mittelverwendungsentscheidungen der Hochschulen einzubeziehen. Eine derartig gesetzlich klar geregelte Rückkoppelung fehlt derzeit. Sie ist demokratisches Gebot LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4975 3 und sichert den Hochschulen in Zeiten angespannter öffentlicher Haushalte eine breite Legitimationsbasis . Nach dem Referentenentwurf des Hochschulzukunftsgesetzes soll zudem ermöglicht werden , dass das Ministerium, beispielsweise auf Vorschläge des Landesrechnungshofes hinsichtlich der Mittelverwendung in den Hochschulen, reagieren kann. Anders als dies in der Kleinen Anfrage suggeriert wird, bietet das derzeitige Hochschulgesetz dem Ministerium keine Möglichkeiten, etwaige Fehlverwendungen in der Mittelverausgabung zu korrigieren. Das geltende Hochschulgesetz ist hier erkennbar defizitär. 1. Welchen von Ministerin Schulze angesprochenen Beitrag zur Schuldenbremse 2020 werden die Hochschulen leisten müssen? Die finanziellen Mittel für die Hochschulen machen mit Abstand den größten Teil des Einzelplans 06 aus. Im Kontext der Schuldenbremse werden die Hochschulen, wie alle anderen Einrichtungen, den Sinn ihrer Ausgaben nachweisen müssen. Der angesprochene Beitrag bezieht sich deutlich auf eine Ausweitung der Transparenz in der Hochschulfinanzierung und nicht auf etwaige Kürzungen. 2. Inwieweit plant die Landesregierung den Hochschulen die Landeszuweisungen (bspw. die Grundfinanzierung und/oder die Kompensationsmittel für die weggefallenen Studienbeiträge unabhängig vom Studierendenaufkommen) perspektivisch zu kürzen? Die Finanzplanung der Landesregierung sieht keine derartigen Kürzungen vor. 3. Welche Hochschulen verwenden derzeit die ihnen vom Land zugewiesenen Mittel nicht im Sinne des Haushaltsgesetzgebers (bitte mit detaillierter Auflistung der Fehlverwendung und deren Höhe)? Die Zunahme parlamentarischer Anfragen zur Finanzsituation und zum Finanzgebaren der Hochschulen deutet auf ein Transparenzdefizit beim Parlament hin. Das Parlament als Haushaltsgesetzgeber besitzt offenbar - wie jüngste Kleine Anfragen zeigen – beispielsweise zu geringe Kenntnisse über die Bezüge von Hochschulleitungen, über die Rücklagen der Hochschulen oder über das Gebaren der Hochschulen als Arbeitgeber. Auf diese Kleinen Anfragen bezogene Rückfragen des Ministeriums werden bisweilen von den Hochschulen eher zögerlich beantwortet. 4. Bedeuten die Pläne der Landesregierung zur Hochschulgesetznovelle neben dem Aus der Hochschulautonomie auch ein Aus der Globalhaushalte noch in dieser Legislaturperiode? Die Landesregierung plant weder ein Aus der Hochschulautonomie noch ein Aus der Globalhaushalte . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4975 4 5. Unter dem Hochschulfreiheitsgesetz haben die Berichte über die Verwendung der Landesmittel zugenommen, hat sich die Drittmittelstärke der Universitäten von 2006-2011 um mehr als 50 Prozent gesteigert, die Absolventenquoten haben sich erhöht, die Hochschulen haben den Aufwuchs der Studienanfänger im Zuge des doppelten Abiturjahrgangs gemeistert und die Studien-bedingungen verbessert: Inwieweit sind das in den Augen der Landesregierung Fehlentwicklungen? Die Landesregierung stellt den Hochschulen derzeit so viele Mittel zur Verfügung wie keine Landesregierung zuvor. Die in der Frage genannten Fakten belegen eindrucksvoll, dass der Erfolg der Hochschulen die finanziellen Anstrengungen des Landes rechtfertigt. Umso erfreulicher ist es, dass der gemeinsame Einsatz von Hochschulen und der Landesregierung auch seitens der Opposition Anerkennung erhält.