LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5099 19.02.2014 Datum des Originals: 19.02.2014/Ausgegeben: 24.02.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1892 vom 20. Januar 2014 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/4800 Aufwendungen des Landes für die Einführung des neuen SEPA-Zahlungsverkehrs – Wieso hat das Land die Umstellung nicht wie zahlreiche Wohlfahrtsverbände effizient und kostengünstig mit einer sogenannten Ein-Cent-Überweisung realisiert? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1892 mit Schreiben vom 19. Februar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit Herbst vergangenen Jahres gibt es wohl in Nordrhein-Westfalen kaum einen Bürger, der nicht von einem Verein, einer Versicherung, seiner Hausbank oder einer anderen Institution bezüglich der Umstellung auf das sogenannte SEPA-Zahlungsverfahren für Überweisungen und Lastschriften kontaktiert worden ist. Da Umstellungen auf den Europazahlungsverkehr nicht mit alten Einzugsermächtigungen ohne Wissen der Betroffenen erfolgen dürfen, ist eine zumindest nachrichtliche Bekanntgabe rechtlich zwingend. Auch wenn etliche Adressaten bis dahin mit dem SEPA-Verfahren noch nicht vertraut gewesen sind, ist hierdurch das neue Verfahren inzwischen in weiten Teilen der Bevölkerung bekannt. Die Bundesbank erläutert die SEPA-Einführung in Deutschland auf einem Faltblatt wie folgt, dass auch auf der Internetpräsenz www.sepadeutschland.de zum Download angeboten wird: „Die Welt wächst mehr und mehr zusammen. Im Zahlungsverkehr dominieren jedoch nach wie vor nationale Verfahren. Selbst im Euro-Raum sind Überweisungen und Lastschriften derzeit noch unterschiedlich geregelt. Um dieser Zersplitterung ein Ende zu bereiten, haben Politik und Kreditwirtschaft einheitliche Regelungen für den nationalen und europäischen Zahlungsverkehr eingeführt. SEPA heißt dieses Projekt. Das Wort steht für Single Euro Payments Area (Einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum) und hat die Vereinheitlichung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in Europa zum Ziel. Die neuen einheitlichen Verfahren sind für Euro-Zahlungen in den 28 EU-Staaten, Island, Liechtenstein, Norwegen sowie Monaco und der Schweiz nutzbar.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5099 2 Veränderungen für Verbraucher ergeben sich konkret aus der Kennziffer IBAN und dem Bank Identifier Code (BIC). Die IBAN (International Bank Account Number, internationale Bankkontonummer) ersetzt künftig in Deutschland Kontonummer und Bankleitzahl und hat bei uns immer 22 Stellen. Sie ist in allen betroffenen Staaten gleich aufgebaut und besteht aus dem Länderkennzeichen und der Prüfziffer sowie einem nationalen Teil, der individuelle Kontodetails enthält. Bei inländischen Überweisungen und Lastschriften und später auch bei grenzüberschreitenden Zahlungen muss darüber hinaus der BIC angegeben werden. Es handelt sich dabei um einen international standardisierten Bank-Code, der vergleichbar mit der heutigen Bankleitzahl ist. Am 16. Januar 2014 berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter der Überschrift „Die Umstellung auf Sepa war schlimm“, dass die Neuregelungen gerade für Vereine und kleinere Unternehmen besonders aufwendig gewesen sei, und führt aus: „Ihnen bringt die Umstellung zwar höhere Kosten, aber keine Vorteile, da sie kaum in den internationalen Zahlungsverkehr eingebunden sind.“ Dies gilt auch für etliche Wohlfahrtsverbände, die finanziell ohnehin wenig Spielraum zur Verfügung haben und jegliche Zusatzausgaben schmerzhaft an anderer Stelle merken, aber dennoch verpflichtet sind, ihre Mitglieder und Förderer über diese im Grunde automatisch ablaufende Veränderung zu unterrichten. Wie immer dort, wo sich finanzielle Mittel nicht unbegrenzt aus sprudelnden Steuerquellen schöpfen oder über Staatsverschuldung abdecken lassen, führen auch hier Überlegungen, wie die Informationen verlässlich, aber möglichst kostengünstig transportiert werden können, zu einer effizienten Lösung. Etliche Wohlfahrtsverbände auch in Nordrhein-Westfalen haben die sogenannte „Ein-CentÜberweisung “ zur Anwendung gebracht. Die Ein-Cent-Überweisung bietet eine Möglichkeit der unkomplizierten Kommunikation mit einem Kontoinhaber. So nutzen etliche Hilfsorganisationen diese Möglichkeit beispielsweise schon bislang häufig in den Fällen, bei denen ihnen die Adresse eines Spenders für die Spendenquittung nicht bekannt ist. Im Verwendungszweck wird dann der Dank für diese Spende mit der Bitte um Adressangabe untergebracht. Bei der automatischen Umstellung von bestehenden Einzugsermächtigungen auf das SEPA-Zahlungsverfahren kann ebenfalls das Textfeld für den Verwendungszeck genutzt werden. Dies ist nicht nur um ein Vielfaches schneller und kostengünstiger als der Druck und Versand Hunderttausender Briefe per Post, sondern sichert darüber hinaus auch zuverlässig die garantierte Zustellung der Information. Das nordrhein-westfälische Finanzministerium kommuniziert auf seiner Internetpräsenz, dass seit Anfang September letzten Jahres seitens der Finanzverwaltung entsprechende Informationsschreiben zur Umwidmung der bestehenden Lastschrifteinzugsermächtigungen in sogenannte SEPA-Mandate an Steuerpflichtige versendet werden. Es ist hierbei davon auszugehen, dass nahezu alle anderen Ressorts und deren nachgeordnete Landesbehörden ähnlich verfahren sind. Insofern ist es für das Parlament von Interesse, welche Kosten für die SEPA-Umstellung für das Land Nordrhein-Westfalen im Einzelnen durch die seitens der Landesregierung gewählte Vorgehensweise entstanden sind. Da die Aussendung von SEPA-Benachrichtigungen von den betroffenen Ressorts und Dienststellen anlassspezifisch für jeden Sachverhalt gezielt veranlasst worden sein muss, sind zumindest die Fallzahlen und die damit direkt verbundenen Aufwendungen sicherlich dokumentiert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5099 3 1. Für jeweils welche Sachverhalte, bitte unter jeweiliger Angabe der Fallzahlen differenziert nach den einzelnen Ressorts inklusive aller nachgelagerten Behörden, kommt das Land seiner Informationspflicht im Rahmen der SEPAUmstellung nach? Alle Zahlungspflichtigen, die den Ministerien bzw. den nachgelagerten Behörden Lastschrifteinzugsermächtigungen zum Einzug von Beträgen erteilt haben, wurden über die Umstellung auf das neue SEPA-Lastschriftverfahren informiert. Die Information erfolgte durch Versendung gesonderter Benachrichtigungsschreiben. Die Fallzahlen sind der Anlage zu entnehmen. 2. Welche Kosten sind dem Land, differenziert nach den einzelnen Ressorts, insgesamt für die Umstellung auf das SEPA-Zahlungsverfahren entstanden? Die Gesamtkosten für die Umstellung auf das SEPA-Zahlungsverfahren belaufen sich in Nordrhein-Westfalen auf insgesamt 5.022.932,- €. Darüber hinaus sind Kosten entstanden, die nicht konkret beziffert werden können. Die Einzelheiten sind der gesonderten Anlage zu entnehmen. 3. Wie setzen sich diese Aufwendungen differenziert nach direkten Kosten (zum Beispiel für Software, Druck, Versand und Honorare für externe Dienstleister) sowie den indirekten Kosten (Personalaufwand oder Zahlungsausfall / - verzögerung etc.) in den jeweiligen Ressorts zusammen? Siehe gesonderte Anlage. 4. Aus welchen einzelnen rechtlichen oder sachlichen Erwägungen heraus ist das Land seiner Informationspflicht im Rahmen der SEPA-Umstellung nicht mittels einer „Ein-Cent-Überweisung“ nachgekommen? Aus guten Gründen hat die überwiegende Mehrzahl von Firmen, Versicherern, Versorgern etc. ebenfalls die Briefform zur Information gewählt. Für die Entscheidung, die Bürgerinnen und Bürger mittels Brief über die SEPA-Umstellung zu informieren haben verschiedene Erwägungen eine Rolle gespielt: Nach den Bedingungen des Bankgewerbes für den Lastschrifteinzug ist die Weiternutzung einer Lastschrifteinzugsermächtigung alter Art als SEPA-Lastschriftmandat durch eine Umdeutung möglich. Hierzu hat die Gläubigerin bzw. der Gläubiger die Zahlerin bzw. den Zahler über den Wechsel vom Einzug mittels Einzugsermächtigungslastschrift auf den Einzug mittels SEPA-Lastschrift unter Angabe von Gläubiger-Identifikationsnummer und Mandatsreferenznummer schriftlich zu unterrichten. Auf Anforderung der Bank hat die Gläubigerin bzw. der Gläubiger die Unterrichtung der Zahlerin bzw. des Zahlers in geeigneter Weise nachzuweisen. Durch eine Mitteilung über den Kontoauszug oder einer Anlage hierzu können die Anforderungen des § 126b BGB zur Wahrung der Textform nicht hinreichend gewährleistet werden, da  für den Mitteilungstext nur eine begrenzte Zeichenzahl zur Verfügung steht  die Informationen am Kontoauszugsdrucker u.U. nicht vollständig ausgedruckt werden LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5099 4  nicht sichergestellt werden kann, wann die Kenntnisnahme des Zahlers erfolgt. Der Nachweis mittels eines archivierten Zahlungsdatenträgers bei der „Ein-CentÜberweisung “ erfüllt damit nicht die SEPA-Vorgaben und könnte die 13-monatige Rückrufbarkeit auslösen. Über den SEPA-Lastschrifteinzug eingezogene Beträge stünden dem Land somit nicht mehr zuverlässig zur Verfügung. Die Versendung von Schreiben stellt dagegen den Nachweis über die Unterrichtung der Zahlerin bzw. des Zahlers sicher. Die Unterrichtung mittels Brief ist außerdem die bürgerfreundlichere Vorgehensweise. Dagegen wäre eine umfängliche Information der Bürgerinnen und Bürger mittels Überweisung aufgrund des eng begrenzten Mitteilungstextes (teilweise nur 27 Zeichen) nicht möglich. Außerdem ist die Darstellung durch die spezielle Aufbereitung in Kontoauszügen unübersichtlich. Die separate schriftliche Mitteilung hat zudem den Vorteil, dass zum einen die Anschrift validiert werden und zum anderen die Zahlerin bzw. der Zahler gebeten werden kann, die in IBAN und BIC umgewandelte Kontoverbindung auf Korrektheit überprüfen. 5. Welche Personen, Stellen oder Projektteams sind bei der Landesregierung an der Spitze sowie in den jeweiligen Ressorts die Verantwortlichen für eine reibungslose, effiziente und kostengünstige Umsetzung der Umstellung auf den SEPA-Zahlungsverkehr? Die Umsetzung erfolgte durch die Ressorts in eigener Verantwortung im Rahmen der Zuständigkeiten nach den Geschäftsverteilungsplänen. Kleine Anfrage 1892 Direkte Kosten (Porto, Versand, Druck, Software) Direkte Kosten (Externes Personal) Indirekte Kosten (Internes Personal) Indirekte Kosten (Sonstige) Ministerpräsidentin 0* 0 € 0 € 0 € 0 € 0 € Ministerium für Schule und Weiterbildung 0* 0 € 0 € 0 € 0 € 0 € Finanzministerium 9.429.588 4.344.105 € 2.871.400 € 276.300 € 1.196.405 € 0 € Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk 0* 0 € 0 € 0 € 0 € 0 € Ministerium für Inneres und Kommunales 0* 98.744 € 3.616 € 2.369 € 92.759 € 0 € Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales 0* 1.800 € 0 € 0 € 1.800 € 0 € Justizministerium 55.000 452.398 € 430.835 € 2.612 € 18.951 € 0 € Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz 0* 420 eigene Schreiben **7485 € 0 € **4485 € **3000 € 0 € Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr 3960 118.400 € 2.300 € 105.000 € 11.100 € 0 € Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung 0* 0 € 0 € 0 € 0 € 0 € Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport 0* 0 € 0 € 0 € 0 € 0 € Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter 0* 0 € 0 € 0 € 0 € 0 € Summe 9.488.968 5.022.932 € 3.308.151 € 390.766 € 1.324.015 € 0 € *Die Erstellung und Versendung der Benachrichtigungs- schreiben erfolgte zentral durch das FM. Die Schreiben wurden teilweise über interne Postwege verteilt. ** Neben den benannten Kosten sind auch Kosten (insbesondere Personalkosten) entstanden, die nicht genau beziffert werden können. "Aufwendungen des Landes für die Einführung des neuen SEPA-Zahlungsverkehrs – Wieso hat das Land die Umstellung nicht wie zahlreiche Wohlfahrtsverbände effizient und kostengünstig mit einer sogenannten Ein-Cent- Überweisung realisiert?" Behörde Frage 1: Für jeweils welche Sachverhalte, bitte unter jeweiliger Angabe der Fallzahlen differenziert nach den einzelnen Ressorts inklusive aller nachgelagerten Behörden, kommt das Land seiner Informationspflicht im Rahmen der SEPA- Umstellung nach? Anzahl erstellter Benachrichtigungsschreiben: Frage 2: Welche Kosten sind dem Land, differenziert nach den einzelnen Ressorts, insgesamt für die Umstellung auf das SEPA- Zahlungsverfahren entstanden? Frage 3: Wie setzen sich diese Aufwendungen differenziert nach direkten Kosten (zum Beispiel für Software, Druck, Versand und Honorare für externe Dienstleister) sowie den indirekten Kosten (Personalaufwand oder Zahlungsausfall / -verzögerung etc.) in den jeweiligen Ressorts zusammen?