LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5135 24.02.2014 Datum des Originals: 21.02.2014/Ausgegeben: 27.02.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1919 vom 24. Januar 2014 der Abgeordneten Karlheinz Busen und Henning Höne FDP Drucksache 16/4879 Tierlose Landwirtschaft, Verbot der Jagd, Einschränkung privater Tierhaltung – Teilt die Landesregierung Ansichten radikaler Tierrechtler? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1919 mit Schreiben vom 21. Februar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Justizminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Gegen großen Widerstand hat die rot-grüne Landesregierung im vergangenen Jahr das umstrittene Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände in Nordrhein-Westfalen beschlossen. Durch das Verbandsklagerecht bekommen Tierschutzverbände die Möglichkeit ohne eigene Betroffenheit gegen Landwirte, Pferdehöfe, Tierhalter und wissenschaftliche Versuchslabore zu klagen. In der Antwort auf eine kleine Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Busen und Henning Höne vom 20. September 2013 (Drucksache 16/4073) stellte Minister Remmel den Verbänden für diese Klageaktivität sogar finanzielle Unterstützung aus Steuermitteln in Aussicht. Der öffentlichen Empörung über diese Praxis begegnete das Ministerium mit der Aussage, das Gesetz stelle sicher, dass nur seriöse Organisationen anerkannt würden. In dieser Woche veröffentlichte Minister Remmel die Namen der ersten sieben Vereine, die in Zukunft die Tierhalter und Nutzer in NRW mit Klagen überziehen dürfen. Darunter auch radikale Tierrechtler, deren Ziel nicht bessere Haltungsformen sondern ein komplettes Verbot der Tierhaltung und Nutzung in NRW ist. Konkret werden dabei benannt:  Ausstieg aus der Nutztier-Haltung mit dem Ziel der tierlosen Landwirtschaft  Verbot der Jagd LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5135 2  Etablierung einer veganen Lebensweise  Einschränkung der Haltung von Hunden und Katzen  Einschränkung der Haltung von Pferden  Verbot von Wildtieren in Zoo und Zirkus  Absolutes Verbot von Tierversuchen auch in der medizinischen Forschung Das sind radikale Forderungen, die mit der Lebensrealität und gutem Tierschutz nichts gemein haben. Weiterhin fordern die Tierrechtler den völligen Verzicht auf Lederwaren wie Schuhe, Handtaschen und Portmonees sowie auf Wolle und Seide. 1. Decken sich die Ziele der Tierrechtler mit den Zielen der Landesregierung? Nein. Die Tierschutz-Ziele der Landesregierung decken sich nicht mit den von den Fragestellern zitierten Zielen privater Tierschutzvereine. Das ist allerdings unabhängig davon, ob die Vereine gemäß dem Gesetz über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine (TierschutzVMG) anerkannt sind oder nicht. Die Gewährleistung und Verbesserung des Tierschutzes in NRW ist ein wichtiges Ziel der Landesregierung. Tiere sind Lebewesen und als solche zu respektieren und zu schützen. Insofern soll die in Artikel 20a des Grundgesetzes enthaltene Staatszielbestimmung Tierschutz in NRW konsequent umgesetzt werden. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass Tiere artgerecht leben können und ihnen Schmerz und Leid erspart bleiben. Dazu müssen beispielsweise Nutztiere artgerecht und qualfrei gehalten, Transportzeiten für Nutztiere verkürzt und der Handel mit nicht domestizierten exotischen Tieren, insbesondere auf Börsen , verboten werden. Auf der europäischen Ebene setzt sich die Landesregierung für eine Reduzierung der Tierversuche ein. Um die Tierversuchszahlen in NRW wirksam zu senken, wird die Landesregierung die konsequente Anwendung bestehender Alternativmethoden zur Tierversuchsforschung und die Entwicklung neuer alternativer Forschungsmethoden unterstützen. Diese und andere Tierschutzziele der Landesregierung sind geboten und werden auf der Grundlage des geltenden Rechts sowie unter ausgewogener und verantwortungsvoller Abwägung widerstreitender Interessen verfolgt. 2. Werden radikale Tierrechtler in NRW zukünftig mit Steuermitteln unterstützt? Tierschutzvereine, die ihre Aktivitäten in rechtsverletzender Weise betreiben, werden von der Landesregierung nach § 3 Absatz 1 Satz 2 des TierschutzVMG NRW nicht anerkannt. Soweit entsprechende Aktivitäten nachträglich bekannt werden, würde dies zum Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen führen und es würde ein Verfahren zum Widerruf der Anerkennung eingeleitet. Zur Frage der finanziellen Unterstützung anerkannter Vereine wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 1553 (Landtags-Drucksache 16/4073) verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5135 3 3. Sieht die Landesregierung keinen Interessenkonflikt zwischen dem offiziellen Ziel die Haltungsbedingungen zu bessern und dem Ziel der Klageberechtigten Organisationen, die Tierhaltung komplett zu verbieten? Nein. Das geltende Recht schließt aus, dass ein Klagebegehren, etwa gerichtet auf das Ziel, die Tierhaltung komplett zu verbieten, Aussicht auf Erfolg hätte. Die von dem TierschutzVMG NRW im Interesse der Tiere den anerkannten Tierschutzvereinen eröffneten Mitwirkungsund Klagerechte ermöglichen allein, dem geltenden Tierschutzrecht zur Durchsetzung zu verhelfen. Tierschutzpolitische Ziele, die außerhalb des geltenden Tierschutzrechts liegen, können nicht eingeklagt werden. 4. Könnten die nun klageberechtigten Tierrechtler mit Steuermitteln gegen die Hal- tungsbedingungen von nordrhein-westfälischen Polizeihunden klagen? Siehe Antworten zu Frage 2 und 3. 5. Welche konkreten Kriterien legt die Landesregierung an, um die Seriösität eines Verbandes zu prüfen? Der Landesgesetzgeber hat die Kriterien für die Anerkennung festgelegt. In § 3 Absatz 1 Satz 2 des TierschutzVMG NRW ist geregelt, dass die Anerkennung zu erteilen ist, wenn der Tierschutzverein 1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Tier- schutzes fördert, 2. seinen Sitz in Nordrhein-Westfalen hat und sich der satzungsgemäße Tätigkeitsbereich auf das gesamte Gebiet des Landes erstreckt, 3. im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens fünf Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist, 4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; dabei sind Art und Umfang seiner bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit des Vereins zu berücksichtigen, 5. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftssteuer befreit ist und 6. den Eintritt als Mitglied, das in der Mitgliederversammlung volles Stimmrecht hat, jedem ermöglicht, der die Ziele des Vereins unterstützt.