LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5146 25.02.2014 Datum des Originals: 21.02.2014/Ausgegeben: 28.02.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1904 vom 22. Januar 2014 der Abgeordneten Ralph Bombis und Dietmar Brockes FDP Drucksache 16/4860 Was unternimmt die Landesregierung zur Verbesserung der Unternehmensnachfolge? Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1904 mit Schreiben vom 21. Februar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) entwickelt sich das Thema "Unternehmensnachfolge" zu einer der größeren Herausforderung für den Mittelstand . Zwar seien das Bewusstsein für die Notwendigkeit und der Wille zur Übergabe eines Unternehmens größtenteils vorhanden, allerdings gestalte es sich neben mangelnder Vorbereitung und politischen Hürden wie der Erbschaftssteuer immer schwieriger, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Nach Berechnungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) kann von ca. 22.000 jährlich anstehenden Unternehmensübergaben ausgegangen werden, etwa ein Viertel davon in Nordrhein-Westfalen. Betroffen sind davon jährlich knapp 300.000 Arbeitsplätze. IfM bzw. DIHK rechnen damit, dass jährlich 5.500 Unternehmen mit 32.000 Arbeitsplätzen den Betrieb einstellen, weil es zu keiner tragfähigen Nachfolgeregelung kommt. Auf Nordrhein-Westfalen bezogen würde das 8.000 jährlich aus diesem Grund verlorene Arbeitsplätzen bedeuten. Ein besseres Klima für erfolgreiche Unternehmensnachfolgen kann durch eine Entbürokratisierung der Übergabereglungen geschaffen werden. Der DIHK fordert etwa eine stärkere Einbindung des Betriebsrates zur Reduzierung von Informationspflichten an einzelne Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Auch in der Erbschaftssteuer ist eine Hürde für erfolgreiche Unternehmensnachfolgen zu sehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5146 2 Darüber hinaus könnte aber auch die Übernahme des Betriebes im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungen eine erfolgreiche Nachfolgeregelung darstellen. Viele mittelständische Unternehmen bieten zwar bereits heute ihren Mitarbeitern eine Beteiligung an, was zu einer noch höheren Motivation bei den Beschäftigten sowie stärkerer Teilhabe an wirtschaftlichem Erfolg und somit besseren Einkommenschancen führen kann. Allerdings scheint es bei der Mitarbeiterbeteiligung als Modell für eine Unternehmensnachfolge noch größere Vorbehalte bzw. mangelnde Kenntnisse zu geben. 1. Welche gegenwärtigen Probleme und Herausforderungen sieht die Landesregierung bei Unternehmensnachfolgen in Nordrhein-Westfalen? Zu den größten Herausforderungen bei Unternehmensnachfolgen gehört nach wie vor die Gewinnung der Einsicht bei älteren Unternehmerinnen und Unternehmern, sich frühzeitig auf den Übergabeprozess vorzubereiten. Hinzu kommt das Matching-Problem, d.h. für die abgebende Unternehmerin und den abgebenden Unternehmer die Identifizierung einer geeigneten Nachfolgerin oder eines geeigneten Nachfolgers bzw. für die Übernehmerin und den Übernehmer das Finden eines passenden Unternehmens. 2. Welche Zahlen zu auf fehlende Nachfolgeoptionen zurückgehende Betriebsein- stellungen liegen der Landesregierung für Nordrhein-Westfalen vor? Die in der Kleinen Anfrage genannten Angaben zur Anzahl der Unternehmen, die den Betrieb einstellen, weil es zu keiner tragfähigen Nachfolgeregelung kommt, gehen auf eine mittlerweile überholte Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) zurück. Das IfM Bonn hat zwischenzeitlich sein Verfahren zur Abschätzung der zur Übergabe anstehenden Unternehmen modifiziert. Nach Angaben des Instituts werden alle Unternehmen, die der Anforderung an die Übernahmewürdigkeit genügen, aller Voraussicht nach eine Übernehmerin oder Übernehmer finden. Wie viele Unternehmen dieser Anforderung nicht genügen und trotzdem eine Übergabe anstreben, sei jedoch unbekannt und auch nicht bestimmbar. 3. Wie viele Arbeitsplätze sind dadurch in Nordrhein-Westfalen jährlich betroffen? Siehe Antwort zur Frage 2. 4. Welche Maßnahmen werden von der Landesregierung ergriffen, um Unterneh- mensnachfolgen zu erleichtern? Gemeinsam mit den Partnern der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern und der kommunalen Wirtschaftsförderungen hat die Landesregierung das landesweite „Netzwerk Unternehmensnachfolge NRW“ eingerichtet (www.unternehmensnachfolge.nrw.de). Dieses Netzwerk steht abgebenden und übernehmenden Unternehmerinnen und Unternehmern mit kompetenten Beratern für kostenlose Basisberatungen vor Ort zur Verfügung. Darüber hinaus arbeitet das Netzwerk mit der NRW.BANK, den drei nordrhein-westfälischen Steuerberaterkammern und den Sparkassenverbänden eng zusammen. Ziel der Zusammenarbeit ist es, Unternehmerinnen und Unternehmer frühzeitig für das Thema Nachfolge zu sensibilisieren und mit Hilfe von Aktionen und Veranstaltungen der Partner zu informieren. Die Förderprogramme des Landes behandeln Unternehmensnachfolgerinnen und Unter- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5146 3 nehmensnachfolger genau so wie Unternehmensgründerinnen und Unternehmensgründer. Ihnen stehen also Hilfen für Beratungsleistungen und Förderdarlehen offen. Außerdem können Bürgschaften und Haftungsfreistellungen bei nicht ausreichenden Sicherheiten die Unternehmensübernahme unterstützen. Für die abgebende Unternehmerin und den abgebenden Unternehmer bietet das RWPBeratungsprogramm seit dem 1. Januar 2011 eine anteilige Förderung von Beratungskosten, um sich mit professioneller Hilfe auf den komplexen Nachfolgeprozess vorbereiten zu können . Bei der Suche nach der passenden Nachfolgerin oder dem passenden Nachfolger bzw. dem passenden Unternehmen bieten die Kammern über interne Börsen und „Nachfolger-Clubs“ unterschiedliche Vermittlungsplattformen an. Hinzu kommt die bundesweite Unternehmensnachfolgebörse „nexxt change“, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und der KfW-Bankengruppe gemeinsam mit Partnerorganisationen der Wirtschaft als OnlinePortal angeboten wird. 5. Welche Hilfestellungen gibt die Landesregierung Arbeitgebern und Arbeitneh- mern beim Thema „Mitarbeiterbeteiligungen“? Über eine finanzielle Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Betriebsvermögen eines Unternehmens hinaus (Mitarbeiterkapitalbeteiligungen wie z.B. Belegschaftsaktien oder Genussrechte) gibt es Belegschaftsinitiativen, die darauf gerichtet sind, ein Unternehmen vollständig oder teilweise im Wege einer Nachfolge zu übernehmen. Das Land Nordrhein-Westfalen bietet im Rahmen des RWP-Beratungsprogramms Zuschüsse für die Inanspruchnahme von Beratungsdienstleistungen aus Anlass einer geplanten vollständigen oder teilweisen Übernahme eines Unternehmens an. Gefördert werden zunächst bis zu vier Tagewerke für die Erstellung einer Machbarkeitsstudie und in einer möglichen zweiten Phase bis zu vier weitere Tage für die begleitende Umsetzungsberatung. Statt der grundsätzlichen Förderhöhe von 50 % gilt für Belegschaftsinitiativen hier ein erhöhter Fördersatz von 80 % der gedeckelten Tagessätze des Beratungsunternehmens. Mitarbeiterbeteiligungen als Modell für eine Unternehmensnachfolge können auch Gegenstand einer Beratung im Rahmen des Förderprogramms Potentialberatung (Europäischer Sozialfonds) sein, sofern die Fördervoraussetzungen erfüllt sind.