LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5178 04.03.2014 Datum des Originals: 27.02.2014/Ausgegeben: 07.03.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1957 vom 5. Februar 2014 der Abgeordneten Henning Höne, Christof Rasche und Kai Abruszat FDP Drucksache 16/4953 Ist es das primäre Ziel von stationären Radargeräten, Kommunen zusätzliche Einnahmequellen zu ermöglichen und Autofahrer zur Kasse zu bitten? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1957 mit Schreiben vom 27. Februar 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen , Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In vielen Kommunen werden neben mobilen Geschwindigkeitskontrollen auch stationäre Radargeräte verwendet, um Geschwindigkeitsüberschreitungen zu erfassen und entsprechend zu sanktionieren. Das ZDF-Magazin WISO hat in seiner Sendung vom 3. Februar 2014 jedoch ein fragwürdiges Verhalten des Anbieters German Radar GmbH, ein Unternehmen mit Sitz in Brandenburg, das stationäre Radargeräte deutschlandweit vertreibt, hinterfragt . Natürlich müssen Geschwindigkeitsüberschreitungen entsprechend erfasst und geahndet werden. Ursprünglich sollten stationäre Messgeräte an Gefahrenquellen, wie beispielsweise an Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser implementiert werden, um Einfluss auf das Fahrverhalten an diesen besonders schutzwürdigen Orten zu nehmen. Ein Bürgermeister aus Hessen bestätigt in dem o.g. Beitrag jedoch, dass der Erlass aus dem hessischen Ministerium Formulierungen wählt, dass diese Geräte de facto überall zum Einsatz kommen können. So befinden sich auf der B 252 in Hessen auf einer Strecke von 23 km bereits 16 stationäre Blitzeranlagen. Auch viele NRW-Kommunen befinden sich in Finanznot. Demnach zeigen sich vielerorts Kommunen besonders offen, verstärkt stationäre Messstationen zu verwenden, und zwar ausschließlich zum Zwecke der Verbesserung der Einnahmesituation der Kommunen und nicht aufgrund des ursprünglichen Zwecks des Schutzes an Gefahrenschwerpunkten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5178 2 Das Unternehmen German-Radar GmbH befindet sich auf Expansionskurs, wie die Umsatzsteigerungen belegen (2010: 156.000 €; 2013: 2,7 Mio. €), und wirbt auf der Homepage mit besonders flexiblen, innovativen Finanzierungsmöglichkeiten der Messgeräte. So können sich insbesondere finanzschwache Kommunen das Aufstellen weiterer stationärer Messstationen leisten, da diese Geräte bei diesem Anbieter von den Kommunen lediglich geleast werden und so finanzierbar für jede Kommune erscheinen. Das Unternehmen verdient so an jeder Geschwindigkeitsüberschreitung etwa fünf bis zehn Euro mit. Darüber hinaus hat das Unternehmen zum Beispiel in Niddatal versucht, Einfluss auf die Standortwahl der Messgeräte in den Kommunen zu nehmen, an denen die Geschwindigkeitsüberschreitungen an den ausgewählten Standorten nicht zu den erhofften Einnahmen für das Unternehmen führte. Die Einhaltung und Durchsetzung der Geschwindigkeitskontrolle ist Hoheitsaufgabe des Staates und darf nicht als attraktives Geschäftsmodell privatwirtschaftlicher Unternehmen missbraucht werden. Vorbemerkung der Landesregierung Für die Landesregierung hat die Verbesserung der Verkehrssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen eine sehr hohe Priorität. Seit Verabschiedung des Verkehrssicherheitsprogramms 2004 verfolgen alle Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen in Übereinstimmung mit den europäischen Beschlüssen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit („Vision Zero“) ein klares Ziel: Die Zahl der Verkehrsunfälle, insbesondere derjenigen mit Personenschaden, und die Schwere der Unfallfolgen sollen soweit wie möglich verringert werden. Hohe Bedeutung kommt dabei auch der repressiven Verkehrsüberwachung zu. Alle in Nordrhein-Westfalen eingerichteten stationären und mobilen Geschwindigkeitsmessstellen dienen der Gewährleistung der Verkehrssicherheit. Vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen mit der veränderten polizeilichen Fachstrategie zur Verkehrsunfallbekämpfung wurde am 15.07.2013 die Verwaltungsvorschrift zu § 48 Absatz 2 des Ordnungsbehördengesetzes, die die kommunale Geschwindigkeitsüberwachung regelt, geändert. Zu weiteren Einzelheiten verweise ich auf den Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales und des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr zur kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung und zur Änderung der Verwaltungsvorschrift zu § 48 Absatz 2 des Ordnungsbehördengesetzes vom 15.07.2013 (Vorlagennummer 16/1040). 1. Welche Vorgaben macht das nordrhein-westfälische Verkehrsministerium mit Blick auf den Zweck und die Standortwahl von stationären Geschwindigkeitsmessgeräten ? Die Voraussetzungen, die für die Einrichtung einer Geschwindigkeitsmessstelle erfüllt sein müssen, sind ausschließlich an der Verkehrssicherheit orientiert. Nur an Gefahrenstellen und nur im Benehmen mit der Polizei sind kommunale Geschwindigkeitskontrollen zulässig. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den in der Vorbemerkung benannten Bericht verwiesen. 2. Wie bewertet die Landesregierung das Geschäftsmodell der German-Radar GmbH in Brandenburg bzw. sieht sie eine Einflussnahme auf die hoheitliche Aufgabe des Staates? Die Überwachung der Einhaltung von Verkehrsvorschriften und die Verfolgung von Verstößen zählen zu den staatlichen Aufgaben und sind daher grundsätzlich den Angehörigen des LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5178 3 öffentlichen Dienstes vorbehalten. Allerdings dürfen die Kommunen bei der Verkehrsüberwachung die Unterstützung durch private Unternehmen in Anspruch nehmen. Entscheidend ist hierbei, dass die allein hoheitlich vorzunehmenden Handlungen nicht von Privaten durchgeführt werden. Für die in der Anfrage angesprochenen stationären Radargeräte bedeutet dies, dass die Entscheidung über die Verfolgung der durch die Geschwindigkeitsmessgeräte erfassten Verstöße und alle sich hieran anschließenden Maßnahmen durch die Kommunen zu treffen sind. 3. In welchen Städten in NRW sind Geräte der Firma German-Radar GmbH im Ein- satz? Es liegen keine Erkenntnisse über den Einsatz von Geräten dieser Firma in NordrheinWestfalen vor. 4. Wie haben sich die Bußgeldeinnahmen aus Geschwindigkeitsüberschreitungen in diesen Kommunen in den letzten zehn Jahren entwickelt? (Bitte nach Kommunen angeben.) Die Landesregierung hat hierzu keine Kenntnisse. 5. Welche Städte in NRW stehen in Kontakt zu dem brandenburgischen Unterneh- men und planen, Geräte dieses Anbieters zur Geschwindigkeitsüberwachung möglicherweise einzusetzen? Die Landesregierung hat keine Kenntnis darüber, ob nordrhein-westfälische Kommunen den Einsatz von Geräten dieses Anbieters beabsichtigen.