LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5193 06.03.2014 Datum des Originals: 05.03.2014/Ausgegeben: 11.03.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1948 vom 29. Januar 2014 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/4934 „Ruhr-Anleihe“ als Lösung für Kreditprobleme der Kommunen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1948 mit Schreiben vom 5. März 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Immer mehr Kommunen müssen die Differenz zwischen laufenden Einnahmen und laufenden Ausgaben durch Liquiditätssicherungskredite, sogenannte Kassenkredite, schließen. Kassenkredite sollen eigentlich nur der kurzfristigen Sicherung der Liquidität dienen. Aber die als Ausnahme gedachte Aufnahme von Kassenkrediten ist zur Regel geworden. Die Summe der kommunalen Kassenkredite der Kommunen in Nordrhein-Westfalen belief sich zum 30.09.2013 auf die traurige „Rekordmarke“ von 25,670 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr (31.12.2012) ist dies ein Anstieg von fast 2 Milliarden Euro. Auf Nordrhein-Westfalen entfiel mit 52 % mehr als die Hälfte aller bundesweiten Kassenkredite, obwohl lediglich 24% aller Bewohner in NRW wohnen. Die Kommunen werden auch in Zukunft auf eine Kreditfinanzierung angewiesen sein. Durch Basel III und durch die kommunale Finanzkrise erwarten viele Kämmerer eine Verknappung des Kreditangebots. Insbesondere der Bedarf an Liquiditätssicherungskrediten ist weiter konstant hoch, was sich auch in der Entwicklung der Höhe der Kassenkredite der nordrhein-westfälischen Kommunen spiegelt. Bislang ist die Fremdfinanzierung fast ausschließlich über Kredite gedeckt. Durch die verschärften Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen für Banken im Zuge von Basel III suchen Kommunen nach Möglichkeiten ihre Investorenbasis zu verbreitern. Der Finanzierungsmarkt für Kommunen befindet sich im Umbruch . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5193 2 Vielen Städten in NRW werden bereits von immer weniger Banken Liquiditätskredite angeboten oder zu teils höheren Zinsen. Entweder liegt der Zinssatz deutlich höher als vorher oder finanzschwache Kommunen bekommen gar keine Kredite mehr angeboten. Höhere Zinsen, bedeuten mehr Kosten für die Kommunen. Das wiederum beinhaltet ein erhebliches Risiko für die Haushaltssanierungspläne, Haushaltssicherungskonzepte etc. Nachdem im März vergangenen Jahres die Stadt Dortmund erstmals einen Schuldschein am Kapitalmarkt platzierte, berichtet das Handelsblatt am 29. Januar 2014 über Pläne zu einer sog. „Ruhr-Anleihe“. Dortmund, Essen, Herne Remscheid, Solingen und Wuppertal wollen sich über eine gemeinsame Anleihe 500 Millionen Euro bei Investoren leihen. Dem Bericht des Handelsblatt nach, sei dies die größte kommunale Gemeinschaftsanleihe. Abgewickelt werden solle die Transaktion in der ersten Februarwoche 2014 von der Deutschen Bank, der Landesbank Hessen-Thüringen und der HSBC. Die Stadt Wuppertal will mit der Anleihe 100 Mio. Euro generieren, Remscheid 90 Millionen Euro, Solingen 30 Millionen Euro. 1. Wie beurteilt die Landesregierung den derzeitigen Finanzierungsmarkt der Kommunen, angesichts weiter steigenden Kassenkredite in Nordrhein-Westfalen und eines geringeren Angebots an Kreditgebern? Das Wachstum der Liquiditätskredite, die am 31.12.2012 einen Stand von 23,5 Mrd. Euro erreichten, hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verlangsamt. Während im Jahr 2010 noch ein Schuldenanstieg von rund 2,97 Mrd. Euro zu verzeichnen gewesen ist, verringerte sich die Neuverschuldung bei den kommunalen Liquiditätssicherungskrediten in 2012 auf 1,37 Mrd. Euro. Für das Jahr 2013 liegen der Landesregierung die Zahlen noch nicht vor. Die Kommunen sind für die Beschaffung der notwendigen Finanzierungsmittel im Rahmen ihrer Selbstverwaltung eigenverantwortlich zuständig und unterliegen dabei weder einer Anzeige - noch einer Genehmigungspflicht. Belastbare Hinweise auf ein nicht ausreichendes Angebot an Kreditgebern sind der Landesregierung nicht bekannt. 2. Wie fördert die Landesregierung aktuell aktives Schulden- und Zinsmanagement der Kommunen in NRW? Mit dem Krediterlass vom 06.05.2011 (Az.: 34-48.05.01/01-8/11) hat die Landesregierung einen konkretisierenden Rahmen für das Schulden- und Zinsmanagement der Kommunen in NRW vorgegeben. Innerhalb dieses Rahmens betreiben die Kommunen ihr Schulden- und Zinsmanagement in eigener Verantwortung. Nachfragen von Kommunen nach einer darüberhinausgehenden Förderung liegen der Landesregierung nicht vor. 3. Bislang nutzen hauptsächlich größere Kommunen die Möglichkeit von Anleihen oder Schuldscheindarlehen insbesondere auch wegen dem größeren Knowhow vor Ort. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, mittelgroße und kleine Kommunen bei der Nutzung alternativer Finanzierungsformen, wie z.B. Schuldscheindarlehen oder Anleihen, zu unterstützen? Anleihen oder Schuldscheindarlehen sind im Rahmen der kommunalen Finanzmittelbeschaffung grundsätzlich zulässig, sofern ihre konkrete Ausgestaltung nicht gegen kommunal- bzw. bankenrechtliche Vorschriften verstößt. Auch Anleihen oder Schuldscheindarlehen unterliegen dabei dem Gebot einer wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Haushaltswirtschaft nach § 75 Absatz 1 GO NRW und müssen deshalb im Einzelfall auch danach beurteilt wer- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5193 3 den. Unter der Voraussetzung, dass alle rechtlichen Vorgaben eingehalten werden, können Schuldscheindarlehen oder Anleihen als taugliche Finanzierungsinstrumente bzw. als sinnvolle Ergänzung zum klassischen Kommunalkredit angesehen werden. Nachfragen von Kommunen zur Unterstützung bei der Wahl ihrer Finanzierungsinstrumente liegen der Landesregierung nicht vor. 4. Welche Kommunen in Nordrhein-Westfalen finanzieren sich in welcher Höhe über Anleihen Im Rahmen der derzeit vorliegenden finanzstatistischen Erhebungen von IT NRW sind keine Anleihen gemeldet. 5. In anderen Bundesländern (z.B. Thüringen) werden vom Land Bürgschaften für die Kommunen übernommen werden, wenn eine Stadt die Sanierungs- und Sparziele einhält und damit ihren Beitrag leistet. Durch solche Landesbürgschaften würden die Zinssätze wieder ein deutlich niedriges Niveau erreichen. Wie beurteilt die Landesregierung die Übernahme von Bürgschaften für Kommunen zur Senkung der Zinskosten und zur Sicherung der Kreditangebote? Die Landesregierung unterstützt Kommunen in haushaltswirtschaftlich schwieriger Lage mit erheblichen Finanzmitteln. So erhalten beispielsweise die Kommunen im Rahmen des Stärkungspaktgesetzes direkte Finanzhilfen, sofern entsprechende Sanierungspläne eingehalten werden. Eine Unterstützung der Kommunen durch die Übernahme von Bürgschaften hält die Landesregierung angesichts der damit notwendigerweise verbundenen weiteren Einschränkung der kommunalen Finanzhoheit aus rechtlichen und praktischen Erwägungen für nicht tauglich. Hinzu kommt, dass die Zinsbelastungen derzeit im historischen Vergleich als niedrig zu bewerten sind.