LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5235 17.03.2014 Datum des Originals: 14.03.2014/Ausgegeben: 20.03.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1962 vom 6. Februar 2014 der Abgeordneten Kai Abruszat, Henning Höne und Marc Lürbke FDP Drucksache 16/4966 Stromtrasse durch OWL – was sagt die Landesregierung? Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1962 mit Schreiben vom 14. März 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin, dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Zu den wesentlichen Projekten bei der Umsetzung der Energiewende zählt der Bau von Stromtrassen. Ausweislich der Presseberichterstattung vom 6.2.2014 (Westfalen Blatt, Neue Westfälische, Mindener Tageblatt) soll eine zentrale Stromtrasse für Deutschlands größtes Stromnetzprojekt auch durch den Regierungsbezirk Detmold führen. Nach den von den Netzbetreibern Tennet und Transnet BW vorgestellten Vorschlägen ist das Gebiet des Landes NRW im Hinblick auf eine geplante Stromtrasse mit einer Länge von etwa 50 Kilometern betroffen. Der Kreis Höxter mit den Kommunen Höxter, Warburg und Beverungen steht hierbei besonders im Fokus. Zeitungsberichten zu Folge haben die Grünen in NRW bereits die Streckenführung befürwortet . Die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger zur Gestaltung der Energiewende ist besonders wichtig. Von daher ist es bedauerlich, dass bereits eine vorgesehen Informationsveranstaltung , die am 12. Februar stattfinden sollte, verschoben worden sein soll. Der Kreis Höxter ist derzeit dabei, den Verlauf der Trasse zu überprüfen. Eine besondere Verantwortung kommt der Bundesnetzagentur zu. Die Gesamttrasse soll mit rund 10 Milliarden Euro veranschlagt worden sein. Die Höhe der Strommasten soll bis zu 70 Meter betragen. Insofern ist LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5235 2 es von Bedeutung, zu wissen, wie die Landesregierung zu diesem Projekt steht, welchen Einfluss sie auf Planung und Durchführung des Projektes nimmt und wie die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und zahlreicher einzubindender Akteure sichergestellt werden kann. Vorbemerkung der Landesregierung Die Übertragungsnetzbetreiber Tennet und TransnetBW haben am 5. Februar das Projekt „SuedLink“ öffentlich vorgestellt, eine rund 800 km lange Leitungsverbindung von Wilster bei Itzehoe nach Grafenrheinfeld bei Schweinfurt in HGÜ-Technik (HochspannungsGleichstrom -übertragung). Es soll der Versorgung Süddeutschlands mit Windstrom aus dem Norden dienen, wenn süddeutsche Kernkraftwerke im nächsten Jahrzehnt außer Betrieb gegangen sein werden. Das Vorhaben ist als Projekt Nr. 4 im Bundesbedarfsplan enthalten, den der Deutsche Bundestag im April 2013 als Gesetz beschlossen hat. Damit sind die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf zur Gewährleistung eines sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs durch Entscheidung des Gesetzgebers verbindlich festgestellt. Die EU-Kommission hat gleichfalls im April 2013 die Verordnung über Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur (TEN-E-Verordnung) beschlossen und damit einen unmittelbar geltenden europarechtlichen Rahmen für Trassenprojekte von europäischer Bedeutung geschaffen. Sie hat Anfang Oktober auf der Basis einer Meldung der Übertragungsnetzbetreiber eine Liste der Vorhaben von gemeinschaftlichem Interesse (Projects of Common Interest - PCI) veröffentlicht. Danach kommt allen HochspannungsgleichstromProjekten in Deutschland eine europäische Bedeutung und damit der europäische Rechtsstatus samt Realisierungsfristen zu (s. BR-Drs. 730/13). Damit sind die vom Bundestag beschlossenen Nord-Süd-Verbindungen auch europarechtlich abgesichert und Deutschland gegenüber der EU verpflichtet, diese umzusetzen. Dies gilt auch für das Projekt SuedLink. Mit der Vorstellung des Projekts haben Tennet und TransnetBW einen Vorschlag für einen Trassenkorridor veröffentlicht, der auf einer Strecke von etwa 50 km auch nordrheinwestfälisches Gebiet in Ostwestfalen-Lippe berührt. 1. Wie bewertet die Landesregierung das in dieser Kleinen Anfrage genannte Pro- jekt auch vor dem Hintergrund des angedachten Trassenverlaufs? Die Landesregierung hält leistungsstarke Nord-Süd-Verbindungen für notwendig. Bei dem jetzt öffentlich kommunizierten Trassenverlauf handelt es sich um den Vorschlag der beteiligten Übertragungsnetzbetreiber, der aber auch nach ihrer Darstellung nicht „in Stein gemeißelt “ ist (gemeinsame Pressemitteilung von Tennet und TransnetBW vom 05.02.2014). 2. Wie gedenkt die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass die NRW-Grünen dem Projekt offensichtlich bereits zugestimmt haben, dazu beizutragen, eine umfassende Einbindung der Bürgerinnen und Bürger, Kommunen, Naturschutzund Wirtschaftsverbänden und anderen Akteuren zu gewährleisten? Die Bewertung sowohl möglicher Trassenkorridore unter raumordnerischen Gesichtspunkten im Rahmen der Bundesfachplanung als auch eines konkreten Leitungsverlaufs im Rahmen der Planfeststellung obliegt der Bundesnetzagentur. Die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange (TÖB), zu denen auch NRW-Behörden zählen, richtet sich formal nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetze (NABEG). Danach LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5235 3 müsste die zuständige Bundesnetzagentur die TÖB und die Öffentlichkeit erst im eigentlichen Bundesfachplanungs- bzw. Planfeststellungsverfahren einbeziehen. Vor diesem Hintergrund begrüßt die Landesregierung die frühzeitige Kommunikation des Vorhabens durch die Übertragungsnetzbetreiber im Vorfeld ausdrücklich. 3. Inwieweit ist der angedachte Stromtrassenverlauf mit dem von der Landesregie- rung im Entwurf vorgelegten Landesentwicklungsplan vereinbar? Bis zum Inkrafttreten des neuen Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) gelten die Ziele des LEP NRW aus dem Jahre 1995 weiter. Die im Planentwurf formulierten Ziele sind derzeit von öffentlichen Stellen gemäß Raumordnungsgesetz als ‚Erfordernisse der Raumordnung‘ bei anderen Planungen und Entscheidungen mit zu berücksichtigen. Die von der Bundesnetzagentur im Verfahren zu beteiligenden und für Raumordnung zuständigen Stellen in Nordrhein-Westfalen werden die raumordnerischen Fragestellungen nach Vorlage der Antragsunterlagen fachlich prüfen und Stellungnahmen abgeben. 4. Mit welchen Konzepten will die Landesregierung darauf hinwirken, den ange- dachten Stromtrassenverlauf möglichst in Form der Erdverkabelung zu realisieren ? Die Landesregierung hat sich im Rahmen ihrer Beteiligung an der Netzentwicklungsplanung und am Erlass des Bundesbedarfsplangesetzes (BBPlG) stets dafür ausgesprochen, möglichst große Spielräume für Erdverkabelungen zu eröffnen, insbesondere dort wo dies dazu beitragen kann, die notwendige Akzeptanz für ein Leitungsbauvorhaben zu schaffen oder zu verbessern. Nach § 2 Absatz 2 Satz 2 BBPlG kann das Vorhaben Wilster – Grafenrheinfeld unter den Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Satz 1 des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten als Erdkabel errichtet werden, d.h. bei Annäherungen von weniger als 400 m an Siedlungsbereiche oder weniger als 200 m an einzelne Wohngebäude im Außenbereich. Ob unter diesen Maßgaben Teilverkabelungen der konkreten Leitungsführung möglich sind, wird sich erst dann abschätzen lassen, wenn sich der konkrete Leitungsverlauf in den kommenden Planungsschritten abzeichnet . 5. Welche alternativen Überlegungen im Hinblick auf einen anderen Trassenverlauf als bisher bekannt werden bei der Landesregierung angestellt? Es ist Aufgabe der beteiligten Übertragungsnetzbetreiber, den optimalen Trassenverlauf zwischen Anfangs- und Endpunkt des geplanten Leitungsbauvorhabens zu finden. Hierfür haben sie einen ersten Vorschlag vorgelegt. Im nun anstehenden Planungsschritt der Bundesfachplanung werden sie darstellen müssen, ob und ggfs. welche alternativen Trassenverläufe geprüft worden sind. Die von der Bundesnetzagentur im Verfahren zu beteiligenden NRWBehörden werden den beantragten Trassenverlauf nach Vorlage der Antragsunterlagen fachlich prüfen und Stellungnahmen abgeben.