LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5249 17.03.2014 Datum des Originals: 17.03.2014/Ausgegeben: 20.03.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2045 vom 12. Februar 2014 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/5111 Sanierungsbedürftige Städte und reiche kommunale Unternehmen in NRW? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2045 mit Schreiben vom 17. März 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach einer aktuellen Erhebung des Rechnungshofs des Landes Rheinland-Pfalz verfügen die dortigen kommunale Unternehmen wie Stadtwerke oder Wohnungsbaugesellschaften landesweit über mehr als eine Milliarde Euro an liquiden Mitteln. Seit dem Jahr 2008 (rund 750 Millionen Euro) wuchs das Vermögen der kommunalen Unternehmen bis zum Jahr 2011 auf 1,08 Mio. Euro. Das sei gut ein Viertel mehr als noch drei Jahre zuvor. Und auch die liquiden Mittel der kommunalen Unternehmen pro Betrieb sind innerhalb von drei Jahren um 700.000 Euro auf 2,6 Millionen Euro im Jahr 2011 angestiegen. Laut Rechnungshof könnten auch die Wohnungsbaugesellschaften mehr Geld an die jeweiligen Städte ausschütten. In den vergangenen Jahren hätten sie nur halb so viel wie möglich abgeführt. Gleichzeitig befinden sich die Kommunen in Rheinland-Pfalz in einer desolaten finanziellen Lage. Dagegen erklärte der Hauptgeschäftsführer des rheinland-pfälzischen Städtetages, dass man sich die jeweiligen Verhältnisse vor Ort betrachten müsse, denn es sei wichtig, dass den kommunalen Unternehmen ausreichend Mittel für Investitionen verbleiben. Der Landesrechnungshof sieht die Aufsichtsbehörden in der Pflicht. Sie müssten darüber wachen, dass kommunale Unternehmen stärker zur Sanierung der öffentlichen Haushalte beitragen. Auch die nordrhein-westfälischen Kommunen leiden unter einer erheblichen Verschuldung. Zum 31.12.2012 summierten sich die Kredite, Kassenkredite und Wertpapierschulden insgesamt auf mehr als 58 Milliarden Euro, davon 47 Milliarden Euro in den Kernhaushalten und rund 11 Milliarden Euro in Eigenbetrieben oder sonstigen Einrichtungen. Zu den Ausschüt- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5249 2 tungen von kommunalen Beteiligungen an klamme Kommunen berichtete die WAZ im November 2013, dass die Stadt Oberhausen derzeit nicht viel Freude an ihren Töchtern und Beteiligungen habe. Statt dass diese mithelfen, die Finanzlöcher zu stopfen, fließen deren Gewinne, wenn überhaupt, nur noch tröpfchenweise in die Stadtkasse. Und auch von der Stadtsparkasse hat Oberhausen seit Jahren kein Geld gesehen. In der Haushaltsplanung ist eine Gewinnausschüttung von einer Million Euro ab dem Jahr 2017 eingesetzt hat. Oberhausen ist mit 1,8 Milliarden Euro verschuldet, davon rund 1,5 Milliarden Euro an Kassenkrediten . Die Zeiten, in denen die Stadtsparkasse an die Stadt Köln ausgeschüttet hat, liegen laut einer Stadtsprecherin viele Jahre zurück. Dementsprechend werde es auch 2013 keine Ausschüttung geben. Die Sparkasse Duisburg hat laut Medienberichten für 2012 und 2013 an die Stadt Duisburg eine Bruttodividende von zwei Millionen Euro ausgeschüttet. Das Haushaltsvolumen beträgt 1,4 Milliarden, der Schuldenstand liegt bei 1,3 Milliarden Euro. 1. Wie entwickelt sich die Summe der Vermögen der kommunalen Unternehmen in den vergangenen 5 Jahren in Nordrhein-Westfalen (einzelgemeindliche Auflistung )? Der Landesregierung liegen keine umfassenden auf ganz Nordrhein-Westfalen bezogenen Auflistungen über kommunale Beteiligungen, deren Vermögen und an die kommunalen Kernhaushalte erfolgte Gewinnabführungen vor. Im Hinblick auf die Situation in den einzelnen Kommunen ist auf die rechtlich vorgeschriebenen Beteiligungsberichte der Kommunen zu verweisen. 2. Wie entwickelt sich die Summe der Ausschüttungen kommunaler Beteiligungen an die Kommunen in den vergangenen 5 Jahren in Nordrhein-Westfalen (einzelgemeindliche Auslistung)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Sieht die Landesregierung Möglichkeiten, kommunale Beteiligungen ausschüt- tungsfähiger zu machen? Das Landesrecht sieht einen Beitrag kommunaler Unternehmen zur Stärkung der kommunalen Haushalte vor. Gemäß § 109 Absatz 1 Satz 2 GO NRW sollen Unternehmen einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen, soweit dadurch die Erfüllung des öffentlichen Zwecks nicht beeinträchtigt wird. Nach dem Stärkungspaktgesetz sind die teilnehmenden Gemeinden verpflichtet, sämtliche möglichen Konsolidierungsbeiträge der verselbständigten Aufgabenbereiche der Gemeinde in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form zu prüfen und in den Haushaltssanierungsplan einzubeziehen. Auch haushaltssicherungspflichtige Kommunen prüfen die Einbeziehung ihrer Ausgliederungen, denn sie sind zu einem Haushaltsausgleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt verpflichtet. Darüber hinausgehende Verpflichtungen zur Einbeziehung kommunaler Unternehmen in die Haushaltskonsolidierung stoßen unabhängig davon, ob sie wünschenswert sind, an rechtliche Grenzen. Dies folgt aus dem Umstand, dass die privaten Rechtsformen durch Bundesrecht (Gesellschaftsrecht, Genossenschaftsrecht, Vereinsrecht) abschließend geregelt sind. Dies setzt landesrechtlichen Regelungen eine deutliche Schranke. Daher können wegen Fehlens einer entsprechenden Gesetzgebungskompetenz keine landesrechtlichen Regelun- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5249 3 gen geschaffen werden, die einen unmittelbaren Zugriff, beispielsweise mit Beanstandungsund Rügerechten oder Abführungspflichten an die kommunalen Kernhaushalte, auf die privatrechtlich organisierten Unternehmen und Einrichtungen zum Inhalt hätten. Aus diesem Grund erstreckt sich auch die Kommunalaufsicht nicht auf die kommunalen Unternehmen und Einrichtungen in einer Rechtsform des privaten Rechts. Eine rechtliche Möglichkeit, kommunale Beteiligungen - ggf. stärker als bislang - in die Konsolidierung kommunaler Kernhaushalte einzubeziehen, wird in einer verstärkten Wahrnehmung des dem Rat gemäß § 113 Absatz 1 Satz 2 GO NRW obliegenden Weisungsrechts gegenüber dem von ihm in die jeweiligen Gesellschaftsgremien entsandten Vertreter der Gemeinde gesehen, da in diesen Gesellschaftsgremien die Entscheidungen über die Verwendung des Jahresergebnisses getroffen werden. 4. Wie beurteilt die Landesregierung den Vorwurf, dass Vermögen aus dem städti- schen Kernhaushalt in kommunale Gesellschaften und Eigenbetriebe ausgegliedert werden? Als Bestandteil der verfassungsrechtlich verankerten kommunalen Selbstverwaltungshoheit ist von den kommunalen Gebietskörperschaften im Rahmen der rechtlichen Vorgaben eigenständig darüber zu befinden, ob und in welchem Umfang sie von der Möglichkeit von Ausgliederungen Gebrauch machen. Hierbei kann es sich um Ausgliederungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit wie Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnliche Einrichtungen oder um Ausgliederungen mit eigener Rechtspersönlichkeit in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Rechtsform handeln. Es ist nicht nachvollziehbar, worin der Vorwurf bestehen soll, wenn die kommunalen Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverantwortung von bestehenden rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen. 5. Wie beurteilt die Landesregierung Forderungen, wonach die Aufsichtsbehörden in Nordrhein-Westfalen stärker darüber zu wachen hätten, dass auch kommunale Unternehmen verstärkter zur Konsolidierung der Kommunal-finanzen herangezogen werden? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.