LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5251 17.03.2014 Datum des Originals: 17.03.2014/Ausgegeben: 20.03.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2068 vom 20. Februar 2014 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/5144 Entbürokratisierung im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 2068 mit Schreiben vom 17. März 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Durch das mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts neu eingeführte Verfahren der gesonderten Feststellung nach § 60 a Abgabenordnung werden zahlreiche (ehrenamtliche) Vereinsvorstände in der Praxis vor Probleme gestellt. Betroffene, die sich sowohl mit der Struktur und Arbeitsweise ehrenamtlich geführter Vereine als auch im Steuerrecht auskennen, befürchten, dass das neue Verfahren für viele Vereinsvorstände nur schwer nachzuvollziehen ist. Nach der Erfahrung dieser Betroffenen sind gesonderte Feststellungen als solche bereits für den steuerlich nicht vorgebildeten Steuerbürger schwer verständlich. Hinzu kommt die Komplexität des Vereins- und Gemeinnützigkeitsrechtes mit seinen vielfältigen Anforderungen an die Satzung und die tatsächliche Geschäftsführung. Der personelle Feststellungsbescheid ist nach ihrer Einschätzung wenig übersichtlich und führt deshalb oftmals zu Rückfragen, insbesondere da zukünftig mit dem Körperschaftsteuerbescheid ein zweiter Verwaltungsakt erlassen wird, der auf dem Feststellungsbescheid aufsetzt. Nach der Einschätzung dieser Experten werden viele Vereinsvorstände vermutlich die Wirkung beider Bescheide zueinander nicht verstehen. Hier wurde nach ihrem Dafürhalten zwar ein Verwaltungsakt geschaffen, der gemeinnützigen Vereinen Rechtssicherheit und Anfechtungsmöglichkeiten verschafft. Durch die weitere Bürokratisierung des Gemeinnützigkeits- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5251 2 rechtes wird allerdings die grundsätzlich begrüßenswerte verbesserte Rechtssicherheit überlagert . Die bisherige vorläufige Bescheinigung und der anschließende Freistellungsbescheid waren in der Praxis aufgrund der langjährigen Erfahrung der Kassierer bekannt und akzeptiert. Das Verfahren ist aus praktischer Sicht einfach handhabbar gewesen. Aus der Sicht Betroffener wäre ein einfaches maschinelles Verfahren, das in einem übersichtlichen und optisch „ansprechenden“ maschinellen Bescheid endet, wünschenswert. Aus einem solchen Bescheid sollten sich auch für steuerliche Laien die entscheidenden Informationen in gebündelter Form ergeben. Die Veranlagung zur Körperschaftsteuer könnte dann später wie bisher die Anerkennung der Gemeinnützigkeit und die steuerliche Freistellung regeln, damit der jeweils aktuelle Steuerbescheid alle Informationen für die steuerliche Situation des Vereins enthält. Darüber hinaus sollte nach den Wünschen der Betroffenen zur Unterstützung der Vereinsvorstände auch weiter die gute Verwaltungspraxis einer unkomplizierten und unbürokratischen Prüfung eines Satzungsentwurfes vor der Gründungsversammlung durch die Verwaltung außerhalb des Feststellungsverfahrens erfolgen, damit im negativen Falle Möglichkeit zur Überarbeitung vor Beschlussfassung besteht und keine zweite Versammlung erforderlich wird. Zudem wird befürchtet, dass die Einführung der elektronischen Abgabepflicht auch für Vereine zu praktischen Problemen führt. Viele langjährige Vereinsvorstände sind sich ihrer Pflichten nicht ausreichend bewusst. Hier wäre eine bessere Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit seitens der Verwaltung „auf Augenhöhe“ wünschenswert. Eine einfachere, transparente und noch bessere Zusammenarbeit zwischen Vereinsvorständen und Finanzverwaltung würde sicherlich auch dazu führen, dass die Nachwuchsgewinnung für ehrenamtliche Vorstandsmitglieder in gemeinnützigen Vereinen unterstützt wird und somit sowohl die Arbeit der Vorstände wie auch der Verwaltung vereinfacht wird. Vorbemerkung der Landesregierung Durch das „Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes“ vom 21.03.2013, das im Gesetzgebungsverfahren zunächst unter der Bezeichnung „Gesetz zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts “ lief, wurde mit § 60a der Abgabenordnung (AO) ein neues Verfahren eingeführt , in dessen Rahmen die Finanzämter prüfen, ob die Satzung einer gemeinnützigen Einrichtung die gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen einhält. Die Prüfung findet auf Antrag der Einrichtung oder von Amts wegen bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer statt und mündet in einem rechtsmittelfähigen Feststellungsbescheid. 1. Teilt die Landesregierung die Befürchtung der Überforderung ehrenamtlicher Vereinsvorstände durch das neu eingeführte Verfahren der gesonderten Feststellung nach § 60a Abgabenordnung? 2. Hätte es nach Einschätzung der Landesregierung „vereinsfreundlichere“ Alter- nativen zur Regelung in § 60a AO gegeben? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5251 3 3. Wieso wurde das in § 60a AO geregelte Verfahren gewählt und nicht eine möglicherweise „vereinsfreundlichere“ Ausgestaltung? Die damalige Bundesregierung hat im Jahr 2012 den Entwurf eines „Gesetzes zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts“ vorgelegt. Darin enthalten war unter anderem die Einführung eines gesonderten Feststellungsverfahrens nach § 60a AO. Zum Gesetzentwurf stellte die Landesregierung den Antrag, auf die Einführung eines gesonderten Feststellungsverfahrens nach § 60a AO zu verzichten. Zur Begründung wurde ausgeführt: „Mit § 60a – neu – AO wird ein neues Verfahren eingeführt, in dessen Rahmen geprüft werden soll, ob die Satzung einer Körperschaft den Anforderungen der AO genügt. Damit soll das bisherige Verfahren der „vorläufigen Bescheinigung“ durch ein neues Verfahren mit Verwaltungsaktcharakter abgelöst werden. Das bisherige Verfahren hat sich in der Praxis bewährt, so dass ein Änderungsbedarf nicht ersichtlich ist. Die Prüfung der Satzung durch das Finanzamt erfolgt im Rahmen der steuerlichen Aufnahme einer gemeinnützigen Einrichtung bzw. in späteren Jahren im Rahmen der Veranlagung zur Körperschaftsteuer. Letztgenanntes Verfahren schließt mit einem Verwaltungsakt ab, der einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist. Ein zusätzliches Feststellungsverfahren mit deckungsgleichen Prüfungsinhalten verbessert die Rechtsposition von gemeinnützigen Einrichtungen nicht. Der nicht erforderliche Wechsel des Verfahrens führt – entgegen dem Titel des Gesetzes – nicht zu weniger, sondern vielmehr zu mehr Bürokratie. So wird dann auch im allgemeinen Teil der Begründung zum Erfüllungsaufwand für die Steuerverwaltungen der Länder ausgeführt :…“ Der Bundesrat folgte diesem Antrag in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf vom 14.12.2012 (BR-DrS 663/12). Daraufhin kündigte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung an, den Vorschlag des Bundesrates zu prüfen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren hielt die Bundesregierung jedoch an der Einführung des gesonderten Feststellungsverfahrens nach § 60a AO fest. 4. Plant die Landesregierung Initiativen, um die derzeitige Regelung des § 60a AO „vereinsfreundlicher“ zu gestalten? Angesichts des Umstands, dass das gesonderte Feststellungsverfahren nach § 60a AO erst jüngst und trotz der Bedenken der Landesregierung eingeführt wurde, misst die Landesregierung Initiativen zur Änderung der Norm derzeit wenig Erfolgsaussichten bei. 5. Plant die Landesregierung, die Finanzbehörden zu einer „vereinsfreundlichen“ Behandlung von Anliegen der Vereine (z.B. Vorab-Prüfung von Satzungsentwürfen ) anzuhalten? Neu gegründete Vereine oder sonstige Körperschaften, die die Förderung gemeinnütziger Zwecke anstreben, konnten bislang schon ihrem Finanzamt den Satzungsentwurf zwecks Vorabprüfung und Abstimmung zuleiten. Gleiches galt für bereits bestehende gemeinnützige Vereine, die ihre Satzung ändern wollten. Diese Angebote bleiben von der Einführung des gesonderten Feststellungsverfahrens nach § 60a AO unberührt bestehen.