LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5346 21.03.2014 Datum des Originals: 21.03.2014/Ausgegeben: 26.03.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1895 vom 22. Januar 2014 des Abgeordneten Kai Schmalenbach PIRATEN Drucksache 16/4843 Schmutzige Kraftwerke – Läuft auch in NRW etwas falsch und was unternimmt die Landesregierung? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1895 mit Schreiben vom 21. März 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie , Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 07.01.2014 um 10:48 äußerte sich Minister Johannes Remmel über den Kurznachrichtendienst Twitter wie folgt: „#Braunkohle Wenn d. schmutzigsten Kraftwerke d. meiste Geld verdienen, läuft was falsch. EU & #GroKo müssen Emissionshandel reformieren- JR“ In den darauf folgenden Tagen wurde er in verschiedenen Medien, darunter die WELT und die Frankfurter Rundschau, mit den folgenden Worten zitiert: „Wenn die schmutzigsten, ältesten und klimaschädlichsten Kraftwerke den größten Gewinn abwerfen und gleichzeitig hochmoderne, klimafreundlichere Gaskraftwerke vom Netz gehen, läuft etwas grundlegend falsch.“ Vor dem Hintergrund des NRW-Klimaschutzplans und des NRW-Klimagesetzes, bzw. den darin festgelegten Verpflichtungen den CO2 Ausstoß im Land NRW zu senken, ist es zweifellos geboten eine Änderung des benannten Missstandes herbeizuführen. Dies ist auch, sofern es ihr möglich ist, Aufgabe der Landesregierung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5346 2 1. Welche Kriterien verwendet die Landesregierung für die Festlegung der Rangfolge der schmutzigsten Kraftwerke? Grundsätzlich kann zur Beurteilung und Einordnung von Kraftwerken die Gesamtheit der relevanten emittierten Luftschadstoffe herangezogen werden wie insbesondere Feinstaub, Stickoxid und Schwermetalle wie etwa Quecksilber und deren jeweilige Auswirkung auf die Umwelt und die Gesundheit Diese Beurteilung findet im Rahmen der Vorgaben des BundesImmissionsschutzgesetzes statt. Darüber hinaus kann bei der Beurteilung der Klimaschädlichkeit von fossilen Brennstoffen unterschieden werden zwischen den absoluten und spezifischen Emissionen (g/kWh) eines Kraftwerks. Die spezifischen CO2-Emissionen kennzeichnen die Klimaschädlichkeit in Relation zu der Menge der erzeugten Energie. Sie sind abhängig vom Heizwert des eingesetzten Primärenergieträgers und dem Wirkungsgrad der Anlage: Braunkohle ca. 969 – 1190 g/kWh, Steinkohle ca. 898 – 952 g/kWh, Erdgas ca. 398 – 544 g/kWh (Quelle BWK Bd.59 Nr. 10). Insoweit ist der Einsatz von Braunkohle klimaschädlicher als der von Steinkohle und Steinkohle klimaschädlicher als Erdgas. 2. Welche der nach diesen Kriterien definierten schmutzigsten Kraftwerke stehen in NRW? (Die Nennung des schmutzigsten Dutzends reicht aus.) Siehe Antwort auf Frage 1. Darüber hinaus ist beispielsweise eine Auflistung der Emissionen unter anderem aller Großkraftwerke ist im Internet unter www.thru.de allgemein verfügbar . Diese Seite wurde vom Umweltbundesamt auf der Basis der Angaben zum internationalen PRTR-Protokoll erstellt. 3. Sieht die Landesregierung Möglichkeiten eine Reform des Emissionshandels durch eigene Initiativen zu beschleunigen? Zur Reform des Emissionshandels ist eine Änderung der bestehenden Emissionshandelsrichtlinie erforderlich. Diese muss vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union beschlossen werden. Die Landesregierung hat im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz vom 21.03.2013 festgestellt , dass der europäische Emissionshandel zeitnah gestärkt werden soll, um damit einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und zur Stabilisierung des Strompreises zu leisten. Entsprechend setzt sich die Landesregierung auf allen Ebenen für die Stärkung des Emissionshandels ein. Laut Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz soll „der europäische Emissionshandel zeitnah gestärkt werden, um einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und zur Stabilisierung des Börsenstrompreises zu leisten.“ Der Bundesrat wird zum Entwurf einer Richtlinie zur Reform des Emissionshandels eine an die Bundesregierung gerichtete Stellungnahme abgeben. Hieran ist Nordrhein-Westfalen beteiligt und bringt so seine Interessen ein. 4. Welche Handlungsmöglichkeit sieht die Landesregierung um zu verhindern, dass hochmoderne und effiziente Gaskraftwerke vom Netz gehen? Die Landesregierung sieht gemäß §§ 13 a, b, c Energiewirtschaftsgesetz eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten bei der Bundesnetzagentur. Danach kann zur Aufrechterhaltung der Systemstabilität im Stromnetz ein Betreiber von systemrelevanten Anlagen zur Erzeugung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5346 3 elektrischer Energie durch Anordnung verpflichtet werden, konventionelle Kraftwerkskapazitäten , somit also auch hochmoderne und effiziente Gaskraftwerke, am Netz zu halten. Dies gilt insbesondere für die gemäß § 13 c Energiewirtschaftsgesetz für das Elektrizitätsversorgungssystem systemrelevanten Gaskraftwerke. Die Landesregierung weist auf den Bericht an den Wirtschaftsausschuss im Landtag dazu unter Vorlagen-Nr. 16/1243 hin. Im Koalitionsvertrag wird bezüglich der Bedeutung von Gaskraftwerken ausgeführt: „Parallel zum Ausbau der Erneuerbaren Energien brauchen wir neben Speichern und Lastmanagement vor allem hochflexible und –effiziente fossile Kraftwerke. Besonders dann, wenn diese Anlagen in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden können, sind sie ein wichtiger Beitrag für Klimaschutz und Ressourcenschonung. Gaskraftwerken kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.“ 5. Welche Maßnahmen auf Landesebene plant die Landesregierung das, was falsch läuft, zu ändern? Die Landesregierung plant mit dem Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung in Verbindung mit dem Ausbau der Fernwärmenetze die Energieeffizienz in der Bereitstellung von Strom und Wärme zu erhöhen. Hierzu hat sie ein KWK-Impulsprogramm mit einem Volumen von 250 Mio. Euro auf den Weg gebracht. Der bestehende Strommarkt ist derzeit nicht in der Lage, die erforderlichen Anreize im Sinne der Energiewende zu setzen. Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, den Strommarkt an die veränderten Anforderungen eines Energiesystems anzupassen, das gemäß der Zielsetzung des Klimaschutzgesetzes auf Erneuerbaren Energien, gesteigerter Ressourcenund Energieeffizienz und auf mehr Energieeinsparung basiert und für eine Übergangsphase durch flexible und emissionsarme Kraftwerke flankiert wird.