LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5367 25.03.2014 Datum des Originals: 25.03.2014/Ausgegeben: 28.03.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1916 vom 21. Januar 2014 der Abgeordneten Karlheinz Busen und Henning Höne FDP Drucksache 16/4876 Naturschutz vs. Klimaschutz – Wie viele Windräder sollen in den Wäldern NordrheinWestfalens gebaut werden? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1916 mit Schreiben vom 25. März 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr, dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Windenergieanlagen in Wäldern rufen großen Widerstand hervor. Trotzdem hat die rot-grüne Landesregierung mit dem Windenergieerlass 2011 das seit 2005 bestehende grundsätzliche Tabu, auf Waldflächen Windenergieanlagen zu errichten, aufgehoben. Dabei gibt es keinen Zweifel daran, dass Wälder komplexe Ökosysteme, Lebensraum für verschiedene, auch bedrohte Tierarten, sowie wesentliche Grundlage für die menschliche Erholung und Naturerfahrung darstellen. Wälder erbringen viele lebenswichtige Dienstleistungen , deren Bereitstellung vielfach mit ihrer standorttypisch ausgeprägten Biodiversität im Zusammenhang steht. Die Errichtung von Wildkraftanlagen in Wäldern gefährdet diese Funktion der Wälder. Die Windräder in Wäldern verändern nicht nur das Landschaftsbild radikal, sondern vernichten Waldflächen in großem Umfang. Die Flächeninanspruchnahme pro Windrad beträgt nach Berechnungen des Umweltbundesamtes bis zu einem Hektar pro Windrad. Dazu kommen Transport- und Wartungswege in nicht unerheblichem Ausmaß. Weiterhin müssen die Windräder an das Stromnetz angeschlossen werden. Auch für die Stromtrassen müssen große LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5367 2 Schneisen gerodet werden, die aus Wartungsgründen ebenfalls dauerhaft freigehalten werden müssen. Laut dem Umweltbundesamt ist zudem erwiesen, dass es zu zahlreihen Kollisionen von Vögeln und Fledermäusen mit den Windrädern kommt. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung weist darauf hin, dass sie die Rahmenbedingungen zur Planung von Windenergieanlagen unter besonderer Berücksichtigung der Fragen der Bürgerbeteiligung und kommunalen Wertschöpfung im Windenergieerlass vom 11.07.2011 dargelegt hat. Dort finden sich eingehende Ausführungen zur Waldinanspruchnahme in den Kapiteln 3.2.4.2 und 8.2.1.4. Angesichts der aktuellen Rechtsprechung von Bundesverwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, welche besondere Anforderungen an die Abwägung bei Windenergieplanungen in der Bauleitplanung stellt (BVerwG, Urt. vom 13.12.2012, Az. 4 CN 1.11; BVerwG, Urt. vom 11.04.2013, Az. 4 CN 2.12; OVG NRW, Urt. vom 1.07.2013, Az. 2 D 46/12.NE), arbeitet die Landesregierung derzeit an einer Aktualisierung des Windenergieerlasses. Die geplante Novelle soll insbesondere den Kommunen weitere Hilfestellung bei der Planung von Konzentrationszonen für die Windenergie geben. Das MKULNV hat zur Konkretisierung des Windenergieerlasses in Bezug auf Waldflächen im März 2012 den Leitfaden „Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen auf Waldflächen in Nordrhein-Westfalen“ veröffentlicht (abrufbar unter http://www.umwelt.nrw.de/klima/pdf/leitfaden_wind_im_wald.pdf)“. Zur Beantwortung der Fragestellungen der Kleinen Anfrage wurden aktuelle Angaben des für Waldflächen in NRW zuständigen Landesbetriebs Wald und Holz NRW herangezogen. 1. Wie viele Windräder auf Waldflächen wurden in NRW seit 2010 errichtet? Laut Bericht des Landesbetriebs Wald und Holz NRW wurden seit 2010 16 Windenergieanlagen in Wäldern errichtet. 2. Wie viele Windräder auf Waldflächen sind in NRW in Planung bzw. genehmigt aber noch nicht errichtet? Über die im Rahmen der kommunalen Planungshoheit in Planverfahren befindlichen Windenergie -Konzentrationszonen besteht keine Meldepflicht. Daher liegt hierfür keine Statistik vor. Für im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren befindliche Windenergieanlagen besteht gleichfalls kein Anlagenregister. Die Landesregierung bietet die freiwillige Eintragung in die sog. ISA-Datenbank an. Nach einer aktuellen Abfrage der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörden werden aktuell 208 immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen durchgeführt. Darüber hinaus sind 150 bevorstehende Genehmigungsverfahren zu projektierten Anlagen bekannt. Die im Genehmigungsverfahren befindlichen und bekannten projektierten Anlagen weisen insgesamt eine Leistung von 3,1 GW auf. Die einzelnen Genehmigungsverfahren beziehen sich i.d.R. jeweils auf mehrere Windenergieanlagen. Laut Bericht des Landesbetriebs Wald und Holz NRW sind 103 Windenergieanlagen in Waldflächen projektiert. 2 Windenergieanlagen sind genehmigt, aber noch nicht errichtet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5367 3 3. Wo sind die Standorte (Stadt und Ortsteil) der geplanten bzw. genehmigten aber noch nicht errichteten Windräder in NRW? Zu den geplanten und im Genehmigungsverfahren befindlichen Windenergieanlagen liegt aus den unter Ziffer 2 ausgeführten Gründen keine amtliche Statistik vor. In der ISADatenbank wird die Lage in Waldgebieten nicht gesondert erfasst. Laut Bericht des Landesbetriebs Wald und Holz NRW werden 63 Anlagen im Bereich der Eifelforstämter in den Gemeinden Dahlem, Hellenthal, Hürtgenwald, Simmerath und den Städten Aachen und Stolberg projektiert. Im Bereich Südwestfalen sind 20 Anlagen in den Gemeinden Neuenrade, Lüdenscheid, Iserlohn, Nachrodt-Wiblingwerde und Bad Laasphe in Planung. Im Bereich Ruhrgebiet und Niederrhein sind 6 Anlagen auf Bergehalden der Städte Marl, Moers, Dinslaken und Grevenbroich projektiert. Im Münsterland sowie OstwestfalenLippe sind insgesamt 14 Anlagen in Olfen (Munitionsdepot) sowie den Städten Porta Westfalica und Lemgo projektiert. 4. Wie viel Waldfläche muss für die geplanten bzw. genehmigten aber noch nicht errichteten Windräder gerodet werden? Die in Anspruch genommene und für die Errichtung von Windenergieanlagen umgewandelte Waldfläche wird nicht in einer amtlichen Statistik erfasst. Die Flächeninanspruchnahme ist zudem abhängig vom gewählten Anlagentyp, der Bauweise (Kranausleger oder Turmbauweise ) und der jeweils nach örtlichen Gegebenheiten nutzbaren vorhandenen Infrastruktur an Waldwegen und der Topographie. Für nähere Informationen und Beispielrechnungen wird auf den dafür im März 2012 veröffentlichten Leitfaden „Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen auf Waldflächen in Nordrhein-Westfalen“ verwiesen. Der Leitfaden enthält auch Angaben zu den notwendigen Kompensationserfordernissen für die Inanspruchnahme von Waldflächen nach Landesforst- und Landschaftsgesetz NRW. Da sich die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald derzeit überwiegend noch im Planungs- oder Genehmigungsstadium befinden, liegen auch dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW keine abschließenden Daten zu daraus resultierenden Waldumwandlungen vor. 5. In welchen Kommunen gibt es Protest wie zum Beispiel Ratsresolutionen gegen im Bau befindliche oder geplante bzw. genehmigte Windräder auf Waldflächen? Der Landesregierung liegen verschiedene Resolutionen zur Windenergieplanung aus zwei ostwestfälischen Landkreisen vor, die sich jedoch allgemein mit dem Ausbau der Windenergie befassen. Ratsresolutionen gegen den Bau von Windenergieanlagen speziell im Wald liegen der Landesregierung nicht vor. Es haben sich einige Bürger gegen die Konzentrationszonen auf Waldflächen im Flächennutzungsplan der Stadt Aachen gewandt. Weiterhin liegt die Kleine Anfrage 1954 vor.