LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5436 28.03.2014 Datum des Originals: 28.03.2014/Ausgegeben: 02.04.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2075 vom 26. Februar 2014 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/5168 Bürgschaften des Landes Nordrhein-Westfalen aus Sicht der Haushaltskontrolle – Art und Umfang von gewährleisteten Bürgschaften für Sportvereine. Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 2075 mit Schreiben vom 28. März 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut einer Unterrichtung des Unterausschusses „Landesbetriebe und Sondervermögen“ des Haushalts- und Finanzausschusses wurden im Jahr 2012 insgesamt 23 Landesbürgschaften bewilligt, deren Volumen sich auf rd. 105,1 Millionen Euro belief. Bürgschaftsübernahmen von Seiten des Landes erfolgen dabei immer gegenüber dem Kreditgeber , womit die Parteien Unternehmen, Gläubiger und Land in einem Dreiecksverhältnis zueinander stehen. Kann das Unternehmen die Kredite beim Gläubiger nicht mehr bedienen, wird letztlich das Land den Kredit zu weiten Teilen bedienen müssen. Das Land Nordrhein-Westfalen übernimmt die Bürgschaften dabei im Rahmen der Richtlinie für die Bewilligung von Landesbürgschaften. Diese sehen unter anderem vor, dass nur Bürgschaften für Kredite übernommen werden, deren Rückzahlung durch den Kreditnehmer bei normalem wirtschaftlichem Ablauf erwartet werden können. Die Pleite des Fußballvereins Alemannia Aachen, für den das Land Nordrhein-Westfalen - nach Angaben der taz - Bürgschaften in zweistelliger Millionenhöhe übernahm, zeigt, dass Bürgschaften solcher Art mit einem erheblichen Risiko für das Land behaftet sind. Ein ähnliches finanzielles Fiasko kann nun dem Land Nordrhein-Westfalen beim Konkurs des MSV LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5436 2 Duisburg drohen. Nach Angaben der Badischen Zeitung vom 03. August 2013 wurden den Duisburgern im Jahr 2003 Landesbürgschaften in Höhe von insgesamt 25,7 Millionen Euro bewilligt. Am 18 Februar 2014 berichtet die Rheinische Post, dass nachdem der nordrheinwestfälische Fußballverein MSV Duisburg aufgrund finanzieller Turbulenzen in die dritte Liga absteigen musste, nun die Stadt Duisburg die mehrheitlichen Anteile für die SchauinslandReisen -Arena des Vereins erwarb. Jedoch steht die Stadt Duisburg – ähnlich wie das Land NRW – vor dem Problem leerer Kassen und einem scheinbar hohem finanziellen Risiko. Das Land musste also bereits den Kredit für das Stadion in Aachen bedienen und in Duisburg drohte zumindest der Eintritt des Bürgschaftsfalls. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob Bürgschaften an Sportvereine für die Errichtung ihrer Sportstätten prinzipiell mit zu hohen Risiken für den Landeshaushalt verbunden sind. Vorbemerkung der Landesregierung Das Land Nordrhein-Westfalen übernimmt im Rahmen der Ermächtigung des § 18 Haushaltsgesetz 2014 Bürgschaften zur Wirtschaftsförderung. Die Übernahme der Bürgschaften erfolgt regelmäßig im Rahmen der durch den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages gebilligten Bürgschaftsrichtlinien (Runderlass des Finanzministers vom 11.08.1988, zuletzt geändert durch Runderlass vom 30. Januar 2008). Ziffer 10 der Bürgschaftsrichtlinien begründet das Bürgschaftsgeheimnis , wonach alle Verhandlungen, Beratungen, Unterlagen und Auskünfte vertraulich zu behandeln sind. Dies gilt mithin auch für Landesbürgschaften, deren Zweck die Begleitung von Fußballvereinen ist und schließt auch die Angabe mit ein, ob überhaupt eine Landesbürgschaft beantragt worden ist. Vor diesem Hintergrund ist eine Beantwortung der gestellten Fragen nur eingeschränkt möglich. Die Behandlung von Einzelfällen kann lediglich in vertraulicher Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses des Landtages NordrheinWestfalens erfolgen. Daneben ermächtigt § 20 Haushaltsgesetz 2014 das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport zur Förderung des Sportstättenbaus im Einvernehmen mit dem Finanzministerium Bürgschaften und Gewährleistungen zu Gunsten der NRW.BANK für Darlehen an gemeinnützige Sportvereine zu übernehmen. 1. In welchem Umfang hat das Land Nordrhein-Westfalen seit dem Jahr 2000 Bürg- schaften für Kredite an Sportvereine übernommen? (bitte detaillierte Auflistung unter Angabe der Höhe der Bürgschaft sowie dem jeweiligen Sportverein) Auf der Grundlage der seit 2008 bestehenden Ermächtigung gemäß § 20 Abs.1 Haushaltsgesetz hat das Land bis heute (28.02.2014) bei 411 Sportstättenbauvorhaben eine Landesbürgschaft für Kredite an gemeinnützige Sportvereine und Sportverbände übernommen. Das Gesamtvolumen dieser Kreditbürgschaften beläuft sich auf insgesamt rund 73 Mio. € bei einem Investitionsvolumen der gemeinnützigen Sportvereine bzw. Sportverbände von rund 138 Mio. €. Landesbürgschaften an Vereine im Rahmen des § 18 Haushaltsgesetz 2014 wurden nicht vergeben. Allerdings wurden im Zusammenhang mit der Errichtung von Fußballstadien im Bereich des professionellen Fußballsports seit dem Jahr 2000 insgesamt 10 Landesbürg- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5436 3 schaften in Höhe von ursprünglich insgesamt 126.704.647,92 € zu Krediten an gewerbliche Stadionbesitzgesellschaften übernommen. Aufgrund des Bürgschaftsgeheimnisses sind Angaben zu einzelnen Sportvereinen bzw. Stadionbesitzgesellschaften sowie zu den einzelnen Sportstättenbaumaßnahmen der gemeinnützigen Sportvereine bzw. Sportverbände nicht möglich. 2. Welche Kosten würden dem Land Nordrhein-Westfalen bei einer Insolvenz der MSV Duisburg Stadion GmbH & Co. KG im Detail entstehen? Aufgrund des Bürgschaftsgeheimnisses ist eine Beantwortung der Frage nicht möglich. 3. Wie hoch waren die Ausfälle für Bürgschaften bei Krediten an Sportvereine, wel- che das Land Nordrhein-Westfalen seit dem Jahr 2000 übernommen hat? Bis heute (28.02.2014) gab es keine Ausfälle für Bürgschaften im Rahmen der Bürgschaftsermächtigung gemäß § 20 Abs. 1 Haushaltsgesetz. Im Zusammenhang mit Landesbürgschaften gemäß § 18 Haushaltsgesetz wurde das Land in einem Umfang von rund 10 % der in Antwort 1 genannten Bürgschaftssumme in Anspruch genommen. Einzelheiten können wegen des Bürgschaftsgeheimnisses nicht mitgeteilt werden. 4. Sieht die Landesregierung die finanziellen Konsequenzen, welche sich durch einen (Zwangs-) Abstieg ergeben, als eine normale wirtschaftliche Entwicklung eines Sportvereines an? (wenn nein: Warum nicht?) Auch bei der Vergabe von Landesbürgschaften im Bereich Profifußball gilt der Grundsatz gemäß § 18 Abs. 3 Haushaltsgesetz 2014, wonach Landesbürgschaften nur dann übernommen werden dürfen, wenn die Rückzahlung der zu verbürgenden Kredite bei normalem wirtschaftlichem Ablauf erwartet werden kann. Die wirtschaftliche Abhängigkeit der Stadionbesitzgesellschaft vom sportlichen Erfolg der Fußballmannschaft wurde im Rahmen der Prüfung von Bürgschaftsanträgen berücksichtigt. Die unterschiedlichen Szenarien, welche sich durch einen Auf- oder Abstieg ergeben, sowie die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines solchen Szenarios wurden im Rahmen der Prüfung intensiv gewürdigt. Trotz dieser umfassenden Prüfungen kann die wirtschaftliche Entwicklung – wie bei jedem anderen Kreditnehmer auch - jedoch nie mit absoluter Sicherheit vorhergesagt werden. 5. Wie lässt es sich erklären, dass die Bürgschaft für die Finanzierung des Stadi- onbaus in Duisburg übernommen wurde, obwohl die Richtlinien für die Bewilligung von Landesbürgschaften vorsieht, dass Bürgschaften nur übernommen werden, wenn die Rückzahlung der Kredite bei normalen wirtschaftlichen Abläufen erwartet werden kann? Eine Beantwortung dieser Frage ist aufgrund des Bürgschafts-geheimnisses nicht möglich. In jedem Einzelfall gelten die in Antwort 4 beschriebenen Grundsätze.