LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5461 01.04.2014 Datum des Originals: 31.03.2014/Ausgegeben: 04.04.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2057 vom 20. Februar 2014 der Abgeordneten Christina Schulze Föcking und Hendrik Wüst CDU Drucksache 16/5125 Fracking in NRW Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 2057 mit Schreiben vom 31. März 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Thema „Erdgasgewinnung aus unkonventionellen Lagerstätten“ beschäftigt den Landtag Nordrhein-Westfalen und die Öffentlichkeit seit längerer Zeit. So hat die CDULandtagsfraktion bereits im Jahr 2012 im Antrag „Kein Fracking in Nordrhein-Westfalen: Trinkwasserschutz hat Vorrang“ (Drs. 16/866) klargestellt, dass es unter den gegenwärtigen Umständen zu keinem Fracking in Nordrhein-Westfalen kommen darf. Im Gegensatz dazu steht u.a. laut der Zeitung „Die Welt“ vom 25. April 2013 der Vorsitzende der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, dem Fracking positiv gegenüber und fordert offen die Nutzung der deutschen Schiefergas-Reserven. Lt. Gewerkschaft und Industrie bietet Fracking die Möglichkeit "nennenswert den Brücken-Energieträger Erdgas für das Gelingen der Energiewende im eigenen Land zu produzieren." Die Firma ExxonMobil Production Deutschland GmbH erhielt von der Bezirksregierung Arnsberg eine Bergbauberechtigung zur Aufsuchung von Erdgas in Nordwalde, die bis zum März 2014 befristet ist. Es gibt nun Hinweise, dass ExxonMobil eine Verlängerung der Aufsuchungserlaubnis anstrebt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5461 2 1. Hat die Landesregierung Kenntnis von einer geplanten Verlängerung der Aufsuchungserlaubnis durch ExxonMobil? Nach Auskunft der zuständigen Bergbehörde wurde die Aufsuchungserlaubnis der ExxonMobil mit Bescheid vom 12.03.2014 für ein halbes Jahr verlängert. Sofern aus Sicht der Bergbehörde seit Erteilung der bisherigen Aufsuchungserlaubnisse nicht nachträglich Tatsachen eingetreten sind, die gem. § 18 Abs. 1 BBergG zu einer Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen, hat das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie , Mittelstand und Handwerk NRW die Bergbehörde gebeten, kurzfristig zur Verlängerung anstehende Bergbauberechtigungen zunächst nur für ein halbes Jahr zu verlängern. In dieser Zeit soll den Kommunen die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Damit soll zugleich eine Prüfung sichergestellt werden, ob aus deren Sicht ein Widerrufsgrund gem. § 18 BBergG vorliegt. Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens wird die Bergbehörde über den weiteren Vorgang entscheiden. 2. Welche Haltung nimmt die Landesregierung zu einer solchen Verlängerung ein? Die derzeit gültigen Erlaubnisse sind auf höchstens fünf Jahre befristet. § 16 Abs. 4 BBergG sieht vor, Erlaubnisse auf Antrag um jeweils drei Jahre zu verlängern, soweit das Erlaubnisfeld trotz planmäßiger, mit der zuständigen Behörde abgestimmter Aufsuchung noch nicht ausreichend untersucht werden konnte. Die Bergbehörde prüft entsprechend den gesetzlichen Vorschriften, ob seit Erteilung der Aufsuchungserlaubnisse nachträglich Tatsachen eingetreten sind, die gem. § 18 Abs. 1 BBergG zu einer Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen. Dabei beteiligt die Bergbehörde diejenigen Behörden, die aufgrund ihrer Bündelungsfunktion einen Gesamtüberblick über die öffentlichen Interessen vermitteln können (Bezirksregierungen , Geologischer Dienst). Darüber hinaus gibt sie, um die Transparenz behördlicher Entscheidungen und bergbaulicher Vorhaben weiter zu verbessern, seit dem Jahre 2011 auch den Kommunen vor der Erteilung und nunmehr auch vor der Verlängerung von Bergbauberechtigungen Gelegenheit zur Stellungnahme. Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens wird die Bergbehörde über den jeweiligen weiteren Vorgang entscheiden. Bislang sind in NRW lediglich Bergbauberechtigungen zur Aufsuchung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten erteilt worden. Sie gewähren dem Erlaubnisinhaber lediglich eine Art Konkurrentenschutz und haben keinerlei gestattende Wirkung. Für konkrete Untersuchungsvorhaben wären Betriebspläne von der zuständigen Bergbehörde zuzulassen. Aufgrund des gemeinsamen Erlasses des Wirtschafts- und des Umweltministeriums zur Genehmigungsfähigkeit von Bohrungen unterschiedlichster Art vom 18.11.2011 kann die Bergbehörde über eventuelle Anträge auf Betriebsplanzulassung etwa für Bohrungen, aus denen potenziell Fracking-Maßnahmen folgen, durchgeführt oder vorbereitet werden könnten, nur dann entscheiden, wenn der Erlaubnisinhaber eine Erklärung vorlegt, aktuell und zukünftig im gesamten Aufsuchungsfeld auf den Einsatz von Fracking-Maßnahmen zu verzichten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5461 3 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Haltung des Vorsitzenden der Gewerkschaft IG BCE zu Fracking? Der nationale Erdgasverbrauch wird derzeit zu ca. 85% mit steigender Tendenz über Importe z. T. aus geopolitisch instabilen Regionen gedeckt. Daher begrüßt die Landesregierung grundsätzlich Aktivitäten, die zu einer Minderung der Importabhängigkeit beitragen können. Bisher liegen jedoch noch keine konkreten Kenntnisse über wirtschaftlich gewinnbare Erdgasvorräte in unkonventionellen Lagerstätten in NRW vor. Dazu wäre eine Erkundung der Lagerstättenverhältnisse erforderlich. Die Landesregierung hat ein „Gutachten mit Risikostudie zur Exploration und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten in Nordrhein -Westfalen und deren Auswirkungen auf den Naturhaushalt insbesondere die öffentliche Trinkwasserversorgung“ in Auftrag gegeben. Das Ergebnis des Gutachtens bestätigt die risikobewusste Haltung der Landesregierung Nordrhein-Westfalens zum Einsatz dieser Technik und empfiehlt, Zulassungen solange nicht auszusprechen, bis die umfangreich aufgeworfenen Fragen beantwortet sind. Der bereits vor Veröffentlichung des Gutachtens ergangene Erlass an die Bezirksregierung Arnsberg, mit dem Entscheidungen über entsprechende Anträge ausgesetzt waren, gilt weiterhin. Die Landesregierung hat entschieden, zunächst in einem Dialogprozess mit allen Beteiligten (Unternehmen, Behörden, Wissenschaft und den an der Thematik interessierten Bürgerinnen und Bürger) zu klären, welche Erkenntnisse die weitere Erkundung liefern muss, um die in verschiedenen Gutachten erkannten Wissens- und Informationsdefizite zu beseitigen.