LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5507 03.04.2014 Datum des Originals: 03.04.2014/Ausgegeben: 08.04.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2065 vom 23. Februar 2014 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/5141 Wie intensiv erfolgte die vorgeschriebene und wesentliche Prüfung für die Erteilung der Erlaubnisse für die Felder Falke, Adler und Falke-South zwecks Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen, die nur mittels Fracking gehoben werden können? Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 2065 mit Schreiben vom 3. April 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Zur ordnungsgemäßen Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen zu gewerblichen Zwecken müssen Unternehmen den Nachweis über die notwendigen finanziellen, personellen und technischen Mittel erbringen. Sofern sämtliche Auflagen erfüllt sind, wird die bergrechtliche Erlaubnis erteilt. Die Bezirksregierung Arnsberg erteilte der BNK Petroleum Incorporated (Vancouver, Kanada & Camarillo, USA) in 2009 die Bergbauberechtigungen zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen zu gewerblichen Zwecken für die Felder Falke (Laufzeitbeginn: 26.11.2009) und Adler (Laufzeitbeginn: 04.12.2009). Zum damaligen Zeitpunkt bestand die BNK Petroleum Incorporated gerade mal ein Jahr (gegründet in 2008 als Nachfolgegesellschaft von Bankers Petroleum Limited) und hatte keinen Sitz in Deutschland. Die Rechtsform Incorporated ist gemäß Art. XXV Abs. 5 Satz 2 Freundschafts-, Handelsund Schifffahrtvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29. Oktober 1954 (BGBl. II 1956, 487 f.) sowohl partei- als auch prozessfähig. Die amerikanischen Gesellschaftsgrundsätze und Haftungsausschlüsse des jeweiligen Gesellschaftsvertrages bleiben allerdings unangetastet und schützen den Einzelnen auch vor deutschen Rechtsansprüchen (begrenzte Durchgriffshaftung). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5507 2 Die BNK Deutschland GmbH, eine 100%ige Tochter der BNK Petroleum Inc. wurde erst am 12.04.2011 gegründet. Ursprünglich firmierte die Gesellschaft unter UNA 183, Equity GmbH, die lediglich die ausschließliche Verwaltung eigenen Vermögens zum Gesellschaftsgegenstand hatte. Die BNK Deutschland ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Das Stammkapital beträgt die gesetzliche Mindesthöhe von 25.000 €. Der BNK Deutschland GmbH wurde – mitten im Dialogprozess und noch vor der Veröffentlichung des vom Land NRW in Auftrag gegebenen „Fracking-Gutachtens“ – in 2012 die Aufsuchungserlaubnis für das Feld Falke-South (Laufzeitbeginn: 18.06.2012) erteilt. In 2013 übertrug die Bezirksregierung Arnsberg alle vormals der BNK Petroleum Inc. bzw. BNK Deutschland GmbH erteilten Bergbauberechtigungen auf die Falke Hydrocarbons GmbH. Die Falke Hydrocarbons GmbH ist eines von mindestens 7 Unternehmen – allesamt GmbHs – welche die BNK Petroleum anscheinend vorsorglich für den Standort Deutschland „geparkt" hat. Alle Unternehmen firmieren unter der Eschenheimer Anlage 1, 60316 Frankfurt am Main. Als Geschäftsführer sind immer jeweils die beiden gleichen Personen eingetragen. Eine dieser Personen ist außerdem Geschäftsführerin von weiteren Unternehmen, die allesamt nichts mit der Erdöl- oder Erdgasbranche zu tun haben. Gemäß § 11 Nr. 6 BBergG muss die Erlaubnis versagt werden, wenn Tatsache die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller oder zur Vertretung berechtigte Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen. In Anbetracht der mit erheblichen Auswirkungen für Mensch und Umwelt verbundenen Fracking-Technik stellt sich die Frage der Zuverlässigkeit und Eignung der Antragsteller. Gemäß § 22 BBergG (Bundesberggesetz) ist die Übertragung der Erlaubnis oder Bewilligung auf einen Dritten oder die Beteiligung Dritter an einer Erlaubnis oder Bewilligung nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde zulässig. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn bei einer Übertragung eine der Voraussetzungen des § 11 Nr. 4 bis 10, auch in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 1 vorliegt. Die Zustimmung bedarf der Schriftform. Die BNK Deutschland GmbH hat in Ihrer Präsentation am 19. Januar 2012 beim Landkreis Höxter klargestellt, dass mindestens eine „Stimulations-/Frack-Bohrung“ ein wesentlicher Teil des Arbeitsprogramms im Rahmen der Aufsuchung ist, weil sonst nicht festgestellt werden kann, ob ausreichend wirtschaftlich förderbare Volumina im Untergrund vorhanden sind. Trotzdem wurde – entgegen den Vorgaben des sogenannten Bohrerlasses – die Aufsuchungserlaubnis erteilt. Neben der Außerachtlassung der Vorgaben des Erlasses wird auch klar, dass die oftmals getroffene Aussage, dass Fracking nicht Gegenstand der Erlaubnisanträge ist, nicht stimmt. Fracking ist als technische Maßnahme wesentlicher Bestandteil des Arbeitsprogramms im Rahmen der Aufsuchung und somit auch Gegenstand der Prüfung im Rahmen des § 11 Nr. 3 BBergG. Damit kommen wir zur Vorprüfungspflicht gem. § 11 Nr. 10 i.V.m. § 15 BBergG, denn das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, dass keine Bergbauberechtigungen verliehen werden sollen, die nicht die Erwartung rechtfertigen, jemals ausgeübt werden zu können (BVerwG, Beschl. v. 15.10.98, Az.: 4 B 94/98). Aufgrund ungünstiger geologisch-hydrogeologischer Standortsituationen und/oder besonderer wasserwirtschaftlicher Schutzbedürfnisse ist ein Großteil der vermuteten Schiefergaspotenzialflächen für die Aufsuchung und Gewinnung unter Einsatz der Fracking- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5507 3 Technik im Einzugsgebiet der Ruhr auszuschließen, so die Aussage des IWW RheinischWestfälisches Instituts für Wasser. Weiter heißt es, dass z.B. für eine potenzielle Schiefergasgewinnung im Einzugsgebiet der Ruhr nach eine Potenzialfläche von ca. 54 km² verbleibt; dies entspricht weniger als 3 % der Aufsuchungsflächen „Ruhr“ und „Falke-South“. Darüber hinaus lägen auf einem Großteil der verbleibenden Potenzialflächen vielfältige konkurrierende Flächennutzungen vor, die teilweise mit hohen bzw. sehr hohen Raumwiderständen zu bewerten seien. Vor dem Hintergrund der vorgenannten Chronik der Erteilung bzw. der Übertragung von Bergbauberechtigungen an die BNK Petroleum Inc., der BNK Deutschland GmbH und der Falke Hydrocarbons frage ich die Landesregierung: 1. Wie hat die BNK Petroleum Inc. nachgewiesen, dass sie über die notwendigen finanziellen, technischen und personellen Mittel verfügt, um ein ordnungsgemäßes Aufsuchen von Kohlenwasserstoffen, die nur mittels Hydraulic Fracturing gewonnen werden können, zu garantieren? Die Inhaberin der Erlaubnisfelder Adler, Falke und Falke-South, die Firma Falke Hydrocarbons GmbH, hat hier eine Bürgschaftserklärung ihrer alleinigen Muttergesellschaft BNK Inc. vorgelegt. Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Firma BNK Inc. wurde über eine Kreditzusage einer Investmentbank glaubhaft nachgewiesen. Mit einer Beschreibung der bergbaulichen Tätigkeiten in den letzten Jahren ihrer alleinigen Muttergesellschaft BNK Inc., auf deren technische und personelle Unterstützung die Firma Falke Hydrocarbons GmbH zurückgreifen kann, wurde nachgewiesen, dass die erforderlichen technischen und personellen Mittel für eine ordnungsgemäße Aufsuchung zur Verfügung stehen. 2. Wie hat die BNK Petroleum Inc. nachgewiesen, dass sie über die notwendigen finanziellen, technischen und personellen Mittel verfügt, um in einem Schadensfall Ersatzansprüche, die leicht in die Millionenhöhe gehen können, begleichen zu können? Die Versagungsgründe für eine Erlaubnis sind abschließend in § 11 BBergG aufgeführt. Demnach sind die in der Frage aufgeführten Nachweise bei der Erteilung einer Bergbauberechtigung nicht vorzulegen. Schließlich werden mit Bergbauberechtigungen keine Eingriffe in den Untergrund genehmigt, die Schäden mit sich bringen könnten. Bergbauberechtigungen dienen lediglich dem Konkurrenzschutz. 3. Wenn die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BBergG für einen landesweiten Genehmigungsstopp vorliegen (wie dies in Nordrhein-Westfalen der Fall ist) und der Antragsteller bereits im Vorfeld der Erteilung der Aufsuchungserlaubnis für das Feld Falke-South klargestellt hat, dass er mindestens eine Stimulations- /Fracking-Bohrung im Rahmen der Aufsuchung durchführen will, wie könnten dann im Stadium der Erlaubnisprüfung für die Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen im Feld Falke-South (in einem Teilgebiet des Landes Nordrhein-Westfalen) die Versagungsgründe des § 11 Nr. 3 bzw. § 11 Nr. 10 BBergG nicht gegeben sein? Die Tatsache, dass im Land Nordrhein-Westfalen die Durchführung von Bohrungen mit nachfolgenden Fracking-Arbeiten zur Zeit als nicht entscheidungsfähig angesehen wird, bedeutet nicht, dass der Versagungsgrund des § 11 Nr. 3 BBergG gegeben ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5507 4 Die Prüfung des Versagungsgrunds des § 11 Nr. 10 BBergG hat unter anderem mit Hilfe der umfangreich eingegangenen Stellungnahmen im Falle des Felds Falke-South ergeben, dass die vorgebrachten Be-denken bei dem relevanten Verfahrensstand nicht zur Versagung der Erlaubnis führen. Es sind zwei Ebenen – die Berechtsamsebene (Erlaubnis der Aufsuchung) und die Betriebsplanungsebene (Genehmigungen für weitere Untersuchungen) – zu unterscheiden. Eine Aufsuchungserlaubnis verleiht lediglich das Recht, Bodenschätze aufzusuchen. Sie gibt damit einen Abwehranspruch gegen Konkurrenten, gestattet jedoch keinerlei konkrete betriebliche Maßnahmen, wie beispielsweise das Niederbringen von Bohrungen. Denn Aufsuchungsbetriebe dürfen wie auch Gewinnungsbetriebe nur aufgrund von Betriebsplänen errichtet, geführt und eingestellt werden. Dafür müssen die Unternehmen einen Antrag auf Zulassung eines Betriebsplans stellen, der von der zuständigen Behörde geprüft und beschieden wird. § 48 Absatz 2 BBergG kommt erst auf dieser Ebene zur Anwendung. So verhält sich auch der Erlass des Wirtschafts- und des Umweltministeriums NordrheinWestfalen u.a. zu betriebsplanpflichtigen Aufsuchungsmaßnahmen, wie Erkundungsbohrungen, steht aber in keinerlei Zusammenhang mit den lediglich Konkurrenzschutz gewährenden Aufsuchungserlaubnissen. 4. Wie konnte der BNK GmbH und der mit ihr eng verknüpften Falke Hydrocarbons GmbH bei den zuvor beschriebenen Strukturen die Zuverlässigkeit bescheinigt werden? Bei der Erteilung und bei der Übertragung einer Erlaubnis ist u. a. gemäß § 11 Nr. 6 BBergG die Zuverlässigkeit des künftigen Rechtsinhabers zu überprüfen. Da über die die Firma Falke Hydrocarbons GmbH vertretenden Personen hier nichts Nachteiliges bekannt ist, ist davon auszugehen, dass von dieser Firma den sich aus dem BBergG ergebenden Verpflichtungen ordnungsgemäß nachgekommen wird. Die Zuverlässigkeit ist somit als gegeben anzusehen. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 5. Wird die Bezirksregierung Arnsberg – auch auf Grund der Erkenntnisse der IWW- Studie – die Aufsuchungserlaubnis für das Feld „Falke-South“ gemäß § 18 Abs. 1 BBergG widerrufen, weil im Nachhinein Tatsachen eingetreten sind, die zur Versagung hätten führen müssen? Die zuständige Behörde ist grundsätzlich gehalten, in gewissen Abständen oder anlassbezogen zu prüfen, ob Tatsachen eingetreten sind, die zu einer Versagung hätten führen müssen. Diese Prüfung wird von der Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Bergbehörde vorgenommen. Wenn die Bergbehörde einen solchen Widerrufsgrund nach § 18 Abs. 1 BBergG erkennen sollte, wäre die Erlaubnis zu widerrufen.