LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5508 04.04.2014 Datum des Originals: 04.04.2014/Ausgegeben: 09.04.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2059 vom 19. Februar 2014 der Abgeordneten Marie-Luise Fasse CDU Drucksache 16/5127 Greift die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten in die Rechte von Eigentümern und Kommunen ein? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2059 mit Schreiben vom 4. April 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Bezirksregierung Düsseldorf plant durch ordnungsbehördliche Verordnung die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten auf dem Xantener Stadtgebiet im Bereich des Entwässerungssystems Xantener Altrhein/Schwarzer Graben. Dies hat besondere Schutzvorschriften gemäß §76 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) zur Folge. Insbesondere ist es gemäß § 78 WHG untersagt, dass neue Baugebiete ausgewiesen, bauliche Anlagen errichtet oder erweitert oder Mauern, Wälle und ähnliche Anlagen quer zur Fließrichtung des Wassers bei Überschwemmungen errichtet werden. Ausnahmen von dieser strikten Untersagung kann die zuständige Behörde zulassen. Die Stadt Xanten hat bereits erhebliche Investitionen in den Hochwasserschutz geleistet, insbesondere durch den Bau von Schutzanlagen wie Deiche oder Pumpanlagen. So wurde im Jahr 1998 eine Hochwasserpumpanlage installiert, die für extreme und seltene Hochwasserereignisse ausgelegt ist. Deshalb ist die geplante Ausweisung von Überschwemmungsgebieten unverhältnismäßig. Vorbemerkung der Landesregierung: Die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten ist eines der wichtigsten Instrumentarien der Hochwasservorsorge. Die Hochwasserereignisse in den großen Flussgebietseinheiten des Rheins in den Jahren 1993 und 1995, der Oder in den Jahren 1997 und 2010, der Elbe LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5508 2 in den Jahren 2002, 2006 und jetzt im Juni 2013, der Donau in den Jahren 1999, 2002, 2005 und 2013 sowie anderer deutscher Flussgebiete zeigen, dass weitere Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Hochwasservorsorge voranzutreiben. Die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten, insbesondere das damit verbundene Verbot der Ausweisung von neuen Baugebieten, verhindert, dass relevantes weiteres Schadenspotential entsteht. Wenn bestehendes Baurecht genutzt wird, wird über die Genehmigungspflicht nach Wasserrecht jedem Bauherrn verdeutlicht, dass er im Überschwemmungsgebiet baut. Durch die Anforderungen an die neue Bebauung wird soweit wie möglich das neue Schadenspotential gesenkt. Ohne solche Regelungen würde das Schadenspotential weiter wachsen und damit auch die Inanspruchnahme des Staatshaushalts und damit der Allgemeinheit, die bei Schäden bei großen Hochwasserereignissen in die Pflicht genommen wird. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Einschränkung der Eigentumsrechte der betroffenen Grundstückseigentümer durch die ordnungsbehördliche Verordnung zur Festsetzung des Überschwemmungsgebietes in Xanten? Nach § 78 Abs. 1 WHG sind bis zum 22. Dezember 2013 mindestens die Gebiete als Überschwemmungsgebiet festzusetzen, in denen ein Hochwasserereignis statistisch mindestens einmal in 100 Jahren zu erwarten ist. Das genannte Überschwemmungsgebiet betrifft nur diesen Mindest-Bereich. Die im festgesetzten Überschwemmungsgebiet geltenden Regelungen ergeben sich aus § 78 WHG sowie § 113 LWG. Weitergehende Regelung sind in der Verordnung nicht getroffen. Es ist nicht erkennbar, dass die bundesgesetzliche Regelung des § 78 WHG sowie § 113 LWG die Eigentumsrechte über das verfassungsrechtlich Zulässige hinaus einschränkt. 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Auswirkung von o.g. Verordnung auf die Stadtentwicklung? Im Überschwemmungsgebiet ist nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 BauGB die Ausweisung von neuen Baugebieten (ausgenommen Bauleitpläne für Häfen und Werften) untersagt. Die Regelung des § 78 Abs. 2 WHG gibt die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen, sofern keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden, auch im Überschwemmungsgebiet neue Baugebiete auszuweisen. Das MKULNV hat auf der Sonderministerkonferenz am 2. September 2013 zu Protokoll gegeben, dass die Aufhebung des § 78 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz, der in Ausnahmefällen noch immer die Ausweisung neuer Baugebiete in Überschwemmungsgebieten erlaubt, ein wesentliches Element auch zur finanziellen Schadensprävention bei Hochwasser sei. 3. Wie bewertet die Landesregierung den Vorwurf, dass durch die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten ein Eingriff in die kommunale Planungshoheit vorliege? Das Verbot der Bauleitplanung in Überschwemmungsgebieten folgt Erkenntnissen aus den schwerwiegenden Überschwemmungen in den letzten Jahrzehnten, die zu erheblichen volkswirtschaftlichen Schäden geführt haben. Im übrigen kann eine Kommune auch ohne Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes in dieses, sofern es bekannt ist, nur unter den engen Voraussetzungen des § 77 WHG planen, also bei Vorliegen von überwiegenden Gründen des Wohls der Allgemeinheit. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5508 3 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Berücksichtigung erfolgter Hochwasserschutzmaßnahmen bei der Festsetzung von Überschwemmungsgebieten durch die Bezirksregierung, wenn gemäß § 76 Absatz 2 Nr. 1 WHG die Flächen an Gewässern zu ermitteln und auszuweisen, auf denen statistisch mindestens einmal in 100 Jahren mit einem Hochwasser zu rechnen ist? Erfolgte Hochwasserschutzmaßnahmen sind zu berücksichtigen, wenn sie sich auf das Gebiet auswirken, in dem ein Hochwasserereignis statistisch mindestens einmal in 100 Jahren zu erwarten ist, das also festzusetzen ist. Die Stadt Xanten beanstandet, dass die Auswirkungen einer in 1998 errichteten Hochwasser – Pumpanlage nicht berücksichtigt worden seien. Diese Beanstandung ist nach den Ausführungen der Bezirksregierung Düsseldorf, denen ich folge, in der Sache nicht richtig. Die angesprochene Hochwasser – Pumpanlage für das Gewässersystem Xantener Altrhein/Schwarzer Graben ist bei der Ermittlung des Überschwemmungsgebietes mit ihrer maximalen Förderleistung berücksichtigt worden. 5. Wie bewertet die Landesregierung die Berücksichtigung der Rechte der Grundstückseigentümer in den bebauten angrenzenden Ortslagen? Es wird auf Antwort 1 verwiesen.