LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5554 09.04.2014 Datum des Originals: 09.04.2014/Ausgegeben: 14.04.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2085 vom 4. März 2014 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/5188 Erst Stromtrasse, jetzt Salzpipeline – setzt sich die Landesregierung für die Belange in OWL wirklich ein? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2085 mit Schreiben vom 9. April 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Mittelstand und Handwerk und der Ministerpräsidentin beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Region Ostwestfalen-Lippe rückt vermehrt in den Fokus im Hinblick auf bedeutsame überregionale Planungsvorhaben. Erst vor kurzem wurden Planungen des Netzbetreiber Tennet veröffentlicht, die u.a. eine Stromtrasse vorsehen, die auch durch Gebiete des Kreises Höxter führen soll. Bereits jetzt wächst vor Ort die Besorgnis gegen diese Planung. Zugleich formieren sich entsprechende Initiativen. Aktuell schlägt ein – wie die Neue Westfälische in ihrer Ausgabe vom 04.03.2014 wörtlich nennt – „weiteres gigantisches Leitungsprojekt“ in der Region OWL hohe Wellen: Eine sogenannte Pipeline vom Düngemittelproduzenten K+S (Kali und Salz) soll Salzlauge aus der Produktion mittels einer solchen Pipeline in Richtung Nordsee ableiten. Diese Pipeline hat zum Ziel, jährlich rund 4 Mio. Tonnen an Salzlauge in unterirdisch verlegten Rohren zu transportieren. Bislang sind unterschiedliche Trassenkorridore im Gespräch. Bei nahezu sämtlichen Trassenverläufen , die bislang bekannt geworden sind, sind die Kreise in OWL und die kreisfreie Stadt Bielefeld betroffen. Ein Trassenverlauf führt mitten durch die Kreise Paderborn und Gütersloh und den Teutoburger Wald. Eine andere Variante verläuft durch die Kreise Höxter und Lippe und die Stadt Bielefeld sowie anschließend durch die Kreise Herford und MindenLübbecke . Lediglich ein Trassenverlauf betrifft das Gebiet des Regierungsbezirk Detmold nicht, sondern lediglich Flächen der Bundesländer Hessen und Niedersachsen. Dieser Tras- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5554 2 senkorridor verläuft östlich von Kassel und östlich von Hameln, westlich an Hannover sowie nordöstlich am Kreis Minden-Lübbecke vorbei in Richtung Norden. Vorbemerkung der Landesregierung Seit den 1890er Jahren werden im Grenzgebiet von Hessen und Thüringen entlang der Werra hochwertige Düngesalze bergmännisch gewonnen. Aus der Produktion fallen Salzlösungen als Abfall an, von denen ein Teil bereits seit etwa 100 Jahren in die Werra entsorgt wird. Die Menge der in die Werra eingeleiteten hochkonzentrierten Salzabwässer beträgt bis zu 10 Mio. m³/a. In der Folge kann weder in der Werra noch in der Weser ein guter Gewässerzustand erreicht werden. Am 22.06.2012 hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eröffnet, weil sie der Auffassung ist, Deutschland sei den Verpflichtungen nach Artikel 4 der Wasserrahmenrichtlinie nicht nachgekommen, weil es nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, um die Ziele gemäß Artikel 4 Absatz 1 WRRL im Flussgebiet von Werra und Weser zu verwirklichen. Die EU-Kommission erwartet im 2. Bewirtschaftungsplan , der bis 2015 zu erstellen ist, eine Konkretisierung der Maßnahmen. 1. Seit wann hat die Landesregierung Kenntnis von den unterschiedlichen, jetzt kon- kret bekannt gewordenen Planungsvarianten des Düngemittelproduzenten K+S, eine „Nordseepipeline“ durch Ostwestfalen-Lippe bauen zu wollen? Der aktuelle Düngemittelproduzent K+S verfolgt bezüglich der Situation, die Entsorgung der im osthessischen/thüringischen Kalibergbau anfallenden Abwässer neu zu regeln, drei Strategien – Verbesserung der Entsorgung vor Ort, Ableitung der Abwässer über eine Pipeline durch Hessen mit Einleitung in die Oberweser und als dritte Variante den Bau einer „Nordseepipeline “. Über die Vorbereitung von Verfahrensschritten für das letztgenannte Projekt hat die Bezirksregierung Detmold als zuständige Raumordnungsbehörde zeitgleich sowohl die Öffentlichkeit als auch die Landesregierung vor einigen Wochen informiert. Im Rahmen einer Antragskonferenz am 09.04.2014´wird ein Raumordnungsverfahren vorbereitet. Für diese behördeninterne Antragskonferenz hat K+S als Vorhabensträgerin vier aus ihrer Sicht mögliche Trassenkorridore vorgestellt. Vom Vorhaben sind potentiell mehrere Bundesländer betroffen (Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen). Das Raumordnungsrecht obliegt im Wesentlichen den Ländern. Die Frage, ob und wie Raumordnungsverfahren durchgeführt werden, ist in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt. Deshalb war im Vorfeld der Raumordnungsverfahren der Länder ein fachbezogener, raumordnerischer Informationsaustausch zwischen den für Raumordnung zuständigen Länderstellen erforderlich. Der erste raumordnerische Informationsaustausch fand am 02.04.2012 statt. Beteiligt waren die Länder Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Von nordrhein-westfälischer Seite waren am Informationsaustausch regelmäßig die Regionalplanungsbehörde bei der Bezirksregierung Detmold und die Landesplanungsbehörde beteiligt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5554 3 2. Was unternimmt die rot-grüne Landesregierung, um der schwarz-grünen Landesregierung in Wiesbaden und der rot-grünen Landesregierung in Hannover deutlich zu machen, dass angesichts der erheblichen Belastungen durch die diskutierte Tennet-Stromtrasse in OWL der Verlauf der sogenannten „Nordseepipeline“ ausschließlich auf dem Gebiete Hessens und Niedersachsens erfolgen sollte? Für die „Nordseepipeline“ ist ein Raumordnungsverfahren erforderlich. Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens ist zu prüfen, ob und wie ein Vorhaben mit den Zielen der Raumordnung vereinbar ist bzw. vereinbar gemacht werden kann. , Im Rahmen der Antragskonferenz werden vom Antragsteller auch Varianten für Trassenkorridore benannt. Im Rahmen der Erarbeitung der eigentlichen Raumordnungsverfahrensunterlagen – Verfahrensbeginn wird nicht vor Mitte 2015 sein – wird der Vorhabensträger aus den jetzt bekannten Varianten eine Vorzugstrasse herausarbeiten müssen. Die fachlichen Kriterien, wie K+S zu dieser Vorzugstrasse kommen soll, wird unter den drei Bundesländern gemeinsam abgestimmt und ist eine zwingende Vorgabe. 3. Wäre aus Sicht der Landesregierung eine „Nordseepipeline“, insbesondere vor dem Hintergrund eines Trassenverlaufs zum Beispiel im Bereich des Teutoburger Waldes oder im Bereich von landschaftlich schützenswerten Flächen auf dem Gebiete des Kreises Minden-Lübbecke, überhaupt mit den Zielen der Raumordnung, Landesplanung und des Naturschutzes vereinbar? Diese Frage wird im Zuge des Raumordnungsverfahrens durch die zuständige Raumordnungsbehörde geprüft. 4. Sofern die Landesregierung, welches der Fragesteller voraussetzt, in enger Ab- stimmung mit den schwarz-grünen und rot-grünen Landesregierungen in Hessen und Niedersachsen handelt: Welchen Trassenverlauf präferieren nach Einschätzung der Landesregierung die zuständigen Behörden in Hessen und Niedersachsen ? K+S hat um die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens für die „Nordseepipeline“ gebeten . Im Zuge des Raumordnungsverfahrens wird auf der Grundlage der einschlägigen Ziele der Raumordnung und nach fachlichen Kriterien geprüft werden, ob raumordnerische Aspekte dem geplanten Bau einer Salzpipeline entgegen stehen, ob dies generell gilt oder für einzelne Trassenkorridore oder Trassenabschnitte. 5. In welcher konkreten Form werden Kommunen, Verbände, Flächeneigentümer und Bürgerinnen und Bürger in den Planungsprozess eingebunden (bitte die konkreten Verfahrens- und Zeitabläufe schildern)? Zur raumordnerischen Abstimmung der Trassenführung der „Nordseepipeline“ werden in Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen parallel Raumordnungsverfahren durchgeführt . Zuständig in NRW ist die BR Detmold. Zur Vorbereitung der Raumordnungsverfahren werden sogenannte Antragskonferenzen durchgeführt. Hierzu lädt die BR Detmold alle Kommunen, Kreise und Behörden zur Antragskonferenz am 09.04.2014 ein. Die Planungsabsichten der K+S werden dann vorgestellt. Zur Vorbereitung auf die Antragskonferenz hat K+S der BR Detmold Unterlagen vorgelegt, in denen mögliche Korridor-Varianten dargestellt sind. Die Unterlagen sind über die Internetseite der BR Detmold öffentlich zugänglich. Nach Durchführung der Antragskonferenz erarbeitet der Vorhabenträger die Unterlagen für das LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5554 4 Raumordnungsverfahren. Nach Einschätzung der Bezirksregierung Detmold wird das Raumordnungsverfahren nicht vor Mitte 2015 formal in Gang gesetzt. Auf der Grundlage dieser Unterlagen wird dann das eigentliche Raumordnungsverfahren durchgeführt. Für das Raumordnungsverfahren wird der Vorhabenträger eine Vorzugstrasse bestimmen. Im Raumordnungsverfahren findet ein umfassendes Beteiligungsverfahren – auch der Öffentlichkeit - statt. Parallel zum Raumordnungsverfahren können ggf. weitere raumordnerische Verfahren (Regionalplanänderung oder Zielabweichungsverfahren) erforderlich werden. Eine Genehmigung zum Bau der Pipeline würde nicht im Raumordnungsverfahren, sondern ggf. erst im nachfolgenden fachgesetzlichen Zulassungsverfahren erteilt werden.