LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5652 24.04.2014 Datum des Originals: 23.04.2014/Ausgegeben: 29.04.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2120 vom 20. März 2014 der Abgeordneten Kai Abruszat, Ralph Bombis und Christof Rasche FDP Drucksache 16/5350 Pflicht zur Fahrerqualifizierung am Beispiel des Getränkefachhandels – setzt sich die Landesregierung für eine praktikable Lösung ein? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 2120 mit Schreiben vom 23. April 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Fahrer, die Werk- oder Güterkraftverkehr auf öffentlichen Straßen durchführen, müssen eine besondere Qualifizierung nachweisen, um in diesen Bereichen selbstständig oder abhängig tätig sein zu dürfen. Betroffen sind Fahrer von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen im Güterkraft- und Werkverkehr. Die Pflicht zur Aus- und Weiterbildung betrifft alle LKW-Fahrer, unabhängig von der Führerscheinausbildung. Berufskraftfahrer, deren Führerscheine vor dem 10. September 2009 (Güterkraftverkehr) ausgestellt worden sind, müssen bis zum 10. September 2014 (Güterkraftverkehr) eine Weiterbildung nachweisen. Eine solche Weiterbildung ist im Abstand von fünf Jahren zu absolvieren . Führerscheinneulinge, die ab diesen Stichtagen einen Führerschein erwerben, müssen zusätzlich eine Grundqualifikation nachweisen. Die Vorschriften finden auf alle Kraftfahrer Anwendung, die im Güterverkehr Beförderungen mit Fahrzeugen durchführen, für die ein Führerschein der Klasse C, C1, CE, C1E erforderlich ist (Fahrzeuge über 3,5t). Grundsätzlich sind alle Fahrten im gewerblichen Verkehr fahrerqualifizierungs- nachweispflichtig . Eine Ausnahme gilt für bestimmte Handwerker (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 BKrFQG). Voraussetzung dafür ist, dass es sich bei dem beförderten Material um Material oder Ausrüstung handelt, welches der Fahrer/die Fahrerin benötigt, um seiner handwerklichen Hauptbeschäf- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5652 2 tigung nachzugehen. Die Ausnahmen betreffen damit Handwerksbetriebe, bei denen nicht die Lieferung im Vordergrund steht. Doch auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel im Getränkefachhandel, kann es sinnvoll sein, über Ausnahmeregelungen nachzudenken. Nach der derzeit geltenden Rechtslage muss ein Getränkehändler, der mit einem Fahrzeug über 3,5 t beispielsweise eine Kiste Bier ausliefert, eine Berufskraftfahrerqualifikation haben. Vor dem Hintergrund, dass jede Privatperson mit Führerschein ohne zusätzliche Qualifikationen einen LKW bis 7,5 t steuern darf, erscheint dies unverhältnismäßig. Zwar hat der Bund-Länder-Fachausschuss Straßenpersonenverkehr die Erweiterung der Handwerker-Regelung für den angesprochenen Getränkefachhandel im November 2013 diskutiert und mehrheitlich abgelehnt, das Bundesland Baden-Württemberg hält aber eine abweichende Auslegung der Handwerkerregelung zugunsten des Getränkefachhandels für vertretbar und angemessen, soweit es sich um Kurzstreckenfahrten von Kleingewerbetreibenden mit Getränkefachgeschäft im Rahmen eines örtlichen Getränkelieferservices an Privatkunden innerhalb Baden-Württembergs handelt. 1. Welche Position hat die Landesregierung in der Sitzung des Bund-Länder- Fachausschusses Straßenpersonenverkehr in der Sitzung im November 2013 hinsichtlich der Erweiterung der Handwerker-Regelung auf den Getränkefachhandel vertreten? Im zuständigen Bund-Länder Arbeitskreis Berufskraftfahrerrecht (BLAK) hat NordrheinWestfalen den mehrheitlich gefassten Beschluss, wonach es sich bei der Auslieferung von Getränken grundsätzlich um keinen Ausnahmetatbestand gemäß § 1 Absatz 2 Nr. 5 des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes (BKrFQG) handelt, mitgetragen. 2. Wie bewertet die Landesregierung die in Baden-Württemberg getroffene Rege- lung, nach der eine abweichende Auslegung der Handwerkerregelung zugunsten des Getränkefachhandels für vertretbar und angemessen gehalten wird, soweit es sich um Kurzstreckenfahrten von Kleingewerbetreibenden mit Getränkefachgeschäft im Rahmen eines örtlichen Getränkelieferservices an Privatkunden innerhalb Baden-Württembergs handelt. Das Land Baden-Württemberg hat sich dem mehrheitlichen Meinungsbild auf Bund-LänderEbene im Interesse eines einheitlichen Vollzugs angeschlossen. Der BLAK geht – wie in Baden-Württemberg gehandhabt – davon aus, dass in einer Einzelfallbetrachtung ein anderes Ergebnis möglich ist als bei der grundsätzlichen Betrachtung. Die Nachweispflicht liegt dabei immer beim Betroffenen. 3. Liegen der Landesregierung und der ihr nachgeordneten Behörden beziehungs- weise Dienststellen Erfahrungsberichte vor, wonach es aufgrund eines Verstoßes gegen die Fahrerqualifizierungspflicht im Getränkefachhandel zu einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Sicherheit und Ordnung im Straßenverkehr gekommen ist? Der Landeregierung und den nachgeordneten Behörden liegen keine Erfahrungsberichte über mögliche Auswirkungen von Verstößen gegen die Qualifizierungspflicht vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5652 3 4. Sofern sich die Landesregierung für eine wie in Baden-Württemberg praktizierte Regelung gegenüber aufgeschlossen zeigt: Wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, eine abweichende Auslegung der bestehenden Handwerkerregelung zugunsten des Getränkefachhandels im Rahmen zum Beispiel eines Pilotprojektes begrenzt auf das Gebiet eines Regierungsbezirks in NRW zu erproben? Ein Abweichen von der Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 5 BKrFQG in Form eines Pilotprojektes ist nicht möglich, da das Berufskraftfahrerqualifizierungsgesetz keine entsprechende Ermächtigung enthält. Angesichts der in der Antwort zu Frage 2 genannten Möglichkeit einer Einzelfallbetrachtung ist dies auch nicht nötig.