LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5654 25.04.2014 Datum des Originals: 24.04.2014/Ausgegeben: 30.04.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2110 vom 17. März 2014 der Abgeordneten Rainer Deppe und Jens-Peter Nettekoven CDU Drucksache 16/5324 Sachstand der Umsetzung des Waldrettungspunkte-Konzepts für die Wälder in Nordrhein -Westfalen Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2110 mit Schreiben vom 24. April 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Februar 2011 haben der Gemeindewaldbesitzerverband NRW, die Arbeitsgemeinschaft der großstädtischen Kommunalforstbetriebe sowie der Verband der Feuerwehren in NRW (VdF-NRW) ein Rettungspunkte-Konzept für die Wälder in Nordrhein-Westfalen vorgestellt, das es Rettungskräften ermöglicht, schnellstmöglich den Einsatzort im Wald zu erreichen. Parallel zu diesem Rettungspunkte-Konzept, das als Hagener Modell bekannt ist, gibt es innerhalb von Nordrhein-Westfalen weitere lokale Lösungsansätze - beispielsweise in Bonn, Köln, Aachen. Über das Rettungspunktesystem in der Region des Regionalforstamts Rureifel -Jülicher Börde sagt der Leiter des zuständigen Regionalforstamtes, Konrad Hecker: „Das System ist so einfach wie genial.“ Letztlich verfolgen alle Systeme denselben Zweck, sind allerdings technisch unterschiedlich konzipiert. In anderen Bundesländern werden wiederum andere Systeme verwendet, beispielhaft genannt seien Bayern mit „Rettungskette Forst in Bayern“, Hessen mit der seit 1997 existierenden „Rettungskette Forst“ oder das auf den Topographiekartenblättern basierende System in Rheinland-Pfalz. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5654 2 Allen Rettungspunkte-Systemen liegt das Bemühen um die Verbesserung der die Sicherheit der Bevölkerung zugrunde: Durch einfache und schnelle Zuordnung des Standortes von Personen, die sich in Waldgebieten und Freiflächen aufhalten und sich in einer Notsituation befinden oder eine solche beobachten, ist eine schnellere Hilfeleistung durch bekannte Anfahrtswege und vordefinierte Sammelplätze von Einsatzfahrzeugen möglich. Durch den hohen Verbreitungsgrad von Mobiltelefonen ist es Hilfesuchenden fast immer möglich, einen Notruf abzusetzen. Allerdings erweist sich die räumliche Zuordnung bei in Not geratenen Personen sowohl aufgrund mangelnder Ortskenntnis als auch durch die akute Notsituation als problematisch. Die metergenaue Ermittlung der Position des Notfallorts durch Ortung des Mobiltelefons ist durch den teilweise mehrere Kilometer langen Durchmesser der Funkzellen vor allem in ländlichen Gebieten so unzureichend, dass die üblichen Hilfsfristen nicht eingehalten werden können. Das Befahren von unbefestigten Wegen kann zu weiteren Einsatzverzögerungen führen, da dem Rettungspersonal die Anfahrtswege in Waldgebieten – besonders auch bei Dunkelheit – oft unbekannt sind. Das Konzept der Rettungspunkte versetzt in Not geratene Menschen in die Lage, eine genaue Standortangabe an das Leitstellenpersonal abgeben zu können. Durch große, einheitliche und gut sichtbare Schilder an Wegkreuzungen und markanten Stellen im Wald können in Sekunden der genaue Standort des Anrufers und der Ort der Notsituation bestimmt werden. Dabei wirken diese Schilder wie eine Adresse: Die Kartensysteme in den Einsatzleitrechnern zeigen dem Leitstellenpersonal den Standort, den ein Hilfesuchender am Schild ablesen kann, als georeferenziertes Objekt unmittelbar an. Eine Buchstaben-/Zahlenkombination definiert den genauen Standort eines Schildes, wobei das Konzept einen maximalen Abstand von einem Kilometer zwischen den einzelnen Schildern vorsieht. Auch ohne Vorkenntnisse über das System der Rettungspunkte können hilfesuchende Personen den Zweck der Rettungsschilder sofort erkennen. Allerdings funktioniert das System nur dann zuverlässig, wenn der uneinheitliche Flickenteppich von Waldrettungspunkten, der sich an jeder kommunalen Grenze im günstigsten Fall mit unterschiedlich aussehenden, im schlimmsten Fall ohne jegliche Rettungsschilder darstellt, vereinheitlicht wird. Da nämlich die Zuordnung eines Funknotrufs von der Position des Mobilfunkmastes , nicht aber von der Position des Anrufenden abhängt, kann es in grenznahen Gebieten (sowohl bei Staats- als auch bei Landes- und Kommunalgrenzen) dazu kommen, dass ein Notruf bei einer für das Einsatzgebiet nicht zuständigen Leitstelle eingeht. Wenn die Leitstelle keine Informationen über das benachbarte Rettungspunktenetz hat, kommt es unweigerlich zu Missverständnissen bezüglich des Standortes und somit zu Verzögerungen. Die Unterstützung bzw. Umsetzung eines flächendeckenden Netzes von Waldrettungspunkten durch die Landesregierung gestaltet sich auf Grund von Berichten vor Ort anscheinend schleppend. Vorbemerkung der Landesregierung Wie von den Fragstellern zutreffend geschildert, wurden in den vergangenen Jahren in einigen Bundesländern Rettungspunkte im Wald eingerichtet. Dabei handelt es sich um nummerierte georeferenzierte Schilder die eine eindeutige Standortbeschreibung ermöglichen und es so den Leitstellen der Kreise und kreisfreien Städte bei einem Notruf ermöglichen, rasch und zuverlässig die verletzte Person zu bergen. Bekannte Schwäche des Systems ist die Abhängigkeit von einem verfügbaren Mobilnetz. In Abhängigkeit vom Mobilnetzbetreiber gibt es gerade in großen zusammenhängenden Waldstücken immer wieder Lücken. Eine Garantie für einen zuverlässigen netzunabhängigen Empfang könnte von dem Betreiber des Rettungspunktnetzes nicht mit vertretbarem Aufwand gegeben werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5654 3 1. Welches Ressort innerhalb der Landesregierung zeichnet für die Umsetzung des Waldrettungspunkte-Konzepts in NRW verantwortlich? Ein einheitliches Waldrettungspunkte-Konzept in NRW besteht nicht. Als Träger des Rettungsdienstes sind die Kreise und kreisfreien Städte nach § 6 Absatz 1 RettG NRW verpflichtet , die Notfallrettung sicherzustellen. Nach § 1 Absatz 1 FSHG NRW unterhalten die Gemeinden den örtlichen Verhältnissen entsprechende leistungsfähige Feuerwehren, um bei Unglücksfällen Hilfe zu leisten. Diese Zuständigkeiten erstrecken sich auch auf den Wald. Einige Kommunen haben eigenverantwortlich verschiedene Konzepte eingeführt. Sofern ein einheitliches Waldrettungspunkte-Konzept in NRW etabliert werden sollte, wären das MKULNV mit der Landesforstverwaltung, das MGEPA als für das Rettungswesen zuständige Ministerium sowie das MIK mit der Zuständigkeit der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr die zuständigen Ressorts in NRW und würden grundsätzlich jede Initiative unterstützen, die der Verbesserung der Rettung im Wald dient. 2. Wie weit ist der Umsetzungsstand des Waldrettungspunktesystems in den 54 nordrhein-westfälischen Kreisen und kreisfreien Städten? (Bitte tabellarische Aufstellung nach Kreisen und kreisfreien Städten.) Stand der Rettungspunktesysteme in Nordrhein-Westfalen Waldrettungspunkte / Rettungspunkte in Naturgebieten Regierungsbezirk Arnsberg Kreisfreie Stadt nicht vorhanden geplant ab/bis im Aufbau vorhanden Bochum (1) + Dortmund + Hagen + Hamm + Herne + Kreis Ennepe-Ruhr + Hochsauerland + Märkischer (2) + Olpe + Siegen-Wittgenstein + Soest + Unna + (1) Seit 2008 Ruhr-Standort-Informationssystem (RuSIS) entlang des Ruhrtals. Bochumer Standort-Informationssystem (BoSIS) außerhalb des Ruhrtals; 217 Schilder an Spielplätzen. (2) Unterschiedliche Lösungen. Regierungsbezirk Detmold Kreisfreie Stadt nicht vorhanden geplant ab/bis im Aufbau vorhanden LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5654 4 Bielefeld + Kreis Gütersloh + Herford + Höxter + Lippe + Minden-Lübbecke + Paderborn + Regierungsbezirk Düsseldorf Kreisfreie Stadt nicht vorhanden geplant ab/bis im Aufbau vorhanden Duisburg + Düsseldorf + Essen + Krefeld + Mönchengladbach + Mülheim an der Ruhr 2015 Oberhausen + Remscheid + Solingen + Wuppertal 2015 Kreis Mettmann + Neuss + Kleve + Viersen +(1) Wesel + (1) Rettungspunkte Forst Regierungsbezirk Köln Kreisfreie Stadt nicht vorhanden geplant ab/bis im Aufbau vorhanden Aachen + Bonn + Köln + Leverkusen + Kreis Städteregion Aachen + Düren 2014/2016 Rhein-Erft 2014/2016 Euskirchen + Heinsberg 2014/2016 Oberbergischer + RheinischBergischer + Rhein-Sieg + Regierungsbezirk Münster Kreisfreie Stadt nicht vorhanden geplant ab/bis im Aufbau vorhanden LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5654 5 Bottrop + Gelsenkirchen + Münster + Kreis Borken + Coesfeld + Recklinghausen Kostenprüfung Steinfurt (1) + Warendorf + (1) Die Gemeinde Saerbeck hat Meldepunkte in ihrem Gemeindegebiet realisiert. Summen (54) 15 9 11 19 3. Welche Regionalforstämter beteiligen sich bisher aktiv an der Umsetzung des von Umweltminister Remmel und Innenminister Jäger anlässlich der Vorstellung des Hagener Modells explizit gutgeheißenen Rettungspunktesystems? Derzeit beteiligen sich die Regionalforstämter Hocheifel-Zülpicher Börde, Rureifel-Jülicher Börde, Rhein-Sieg-Erft, Kurkölnisches Sauerland, Oberes Sauerland und Ruhrgebiet des Landesbetriebs Wald und Holz aktiv an lokalen/regionalen Rettungspunktesystemen Dritter, davon das Regionalforstamt Ruhrgebiet speziell am Hagener Modell. 4. Wie beurteilt die Landesregierung den völlig unzureichenden Ist-Stand in Form eines uneinheitlichen Flickenteppichs von Waldrettungspunkten, der sich an jeder kommunalen Grenze mit unterschiedlichen Rettungsschildersystemen darstellt? Die Antworten zu den Fragen 2 bis 3 zeigen, dass es in vielen Kreisen bzw. Kreisfreien Städten bereits entsprechende Initiativen gibt. Es liegen keine Beschwerden vor, dass durch eine heterogene Beschilderung die Rettung verletzter Personen behindert wird. Es handelt sich um eine Aufgabe der Kommunen; es gibt keine gesetzliche Ermächtigung für eine einheitliche Vorgabe der Landesregierung. Eine Vereinheitlichung der Beschilderung könnte nur im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung erfolgen. Die Landesregierung würde sich einer entsprechenden Initiative des Landkreistages oder des Städte- und Gemeindebundes aber nicht verschließen. Im Übrigen weist die Landesregierung darauf hin, dass durch die rasante Verbreitung von Mobiltelefonen mit GPS –Funktion mittelfristig Rettungs-Apps die stationäre Beschilderung von Punkten im Wald voraussichtlich überflüssig machen werden. Dies würde in Verbindung mit dem bereits verfügbaren navigationsfähigen Waldwegenetz Navlog eine Rettung an beliebigen Orten im Wald ermöglichen und die Kosten für die Einrichtung und Pflege eines Rettungspunktsystems entbehrlich machen. 5. Wird sich die Landesregierung, z.B. über die Fachministerkonferenzen, für ein länderübergreifendes, einheitliches Rettungspunktesystem für Waldgebiete einsetzen ? Aus den zu Frage 4 formulierten Gründen wird die Landesregierung keine Länderinitiative starten.