LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/569 10.08.2012 Datum des Originals: 10.08.2012/Ausgegeben: 15.08.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 98 vom 5. Juli 2012 des Abgeordneten Marcel Hafke FDP Drucksache 16/182 Welche Ansprüche stehen Eltern bei Nichterfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Unterdreijährige zu? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 98 mit Schreiben vom 10. August 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Viele kommunal Verantwortung tragende Experten und unter anderem auch der Städte- und Gemeindebund NRW gehen davon aus, dass in Nordrhein-Westfalen der Rechtsanspruch für Eltern auf einen Betreuungsplatz für Unterdreijährige nicht erfüllt werden kann. Die Nachfrage , vor allem in den Ballungsgebieten, übersteigt schon jetzt deutlich das vorhandene Angebot. Rechtsexperten sind sich sicher, dass Eltern ab 2013 Ersatzansprüche gegenüber den Kommunen geltend machen können, wenn sie für ihr Kind keinen Betreuungsplatz bekommen . Erst am 10. Mai 2012 gab das Verwaltungsgericht Mainz in erster Instanz einer Mutter Recht, die die Kosten für Privatbetreuung gegenüber der Stadt als Aufwendungsersatz geltend machte, weil sie von der Stadt trotz Rechtsanspruches keinen Betreuungsplatz für ihr Kind erhalten hatte (vgl. Az. 1 K 981/11.MZ). Viele Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen haben vor dem Hintergrund des ab dem Sommer 2013 geltenden Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Unterdreijährige die Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit Sorge zur Kenntnis genommen. Sie befürchten , dass im kommenden Jahr eine Klagewelle und dementsprechend hohe Kosten auf sie zukommen werden. Denn vielerorts ist die Einlösung des Rechtsanspruchs völlig unklar, da tausende Plätze fehlen. Vor allem in Nordrhein-Westfalen ist die Lage prekär. Mit einer LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/569 2 Betreuungsquote von 15,9 Prozent für Unterdreijährige ist Nordrhein-Westfalen bundesweites Schlusslicht und hinkt dem geplanten Ausbauziel von 32 Prozent weit hinterher. 1. Ist in Nordrhein-Westfalen die Erfüllung des Rechtsanspruchs realistisch? Ja. Der Rechtsanspruch verpflichtet den örtlichen Träger der Jugendhilfe zu einem bedarfsgerechten Angebot. Die Landesregierung unterstützt die Kommunen beim U3-Ausbau seit 2010 mit oberster Priorität sowohl durch zusätzliche finanzielle Mittel des Landes in Höhe von insgesamt 400 Mio. Euro als auch durch den kontinuierlichen Dialog mit den Beteiligten. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Jugendämter vor Ort alles dafür tun, Eltern ein bedarfsgerechtes Angebot zu unterbreiten, um den Rechtsanspruch zu erfüllen. 2. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus dem oben genannten Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz? Das Urteil ist die Entscheidung eines Einzelfalls vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs auf einen beitragsfreien Krippenplatz für Zweijährige in Rheinland-Pfalz. Im Hinblick auf den bundesweiten Rechtsanspruch für die Ein- und Zweijährigen ab 01.08.2013 unterstützt die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen die Kommunen seit 2010 massiv beim Ausbau der U3-Plätze. 3. Welche Ansprüche neben dem erwähnten Aufwendungsersatz könnten Eltern nach Einschätzung der Landesregierung bei Nichterfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für ihr unterdreijähriges Kind ab dem Sommer 2013 darüber hinaus noch zustehen? 4. Geht die Landesregierung davon aus, dass neben den Kosten für einen privat organisierten Betreuungsplatz Kommunen gegebenenfalls auch Schadensersatz aus Amtshaftung wegen Einkommensverlusten aufgrund fehlender Betreuungsmöglichkeiten leisten müssen? Ab dem 01.08.2013 haben Kinder gemäß § 24 Absatz 2 SGB VIII (zukünftige Fassung) ab dem Alter von einem Jahr einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. Dieser Anspruch richtet sich dabei – wie bei den über dreijährigen Kindern auch – an den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, das örtliche Jugendamt. Dieser subjektive Anspruch auf Sozialleistung kann bei Nichterfüllung durch die Eltern evtl. eingeklagt werden. Amtshaftungsansprüche und auch verschiedene Schadensersatz-ansprüche, die sich gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe richten, könnten möglich sein. Hierzu ist die Rechtsprechung im Einzelfall abzuwarten. 5. Welche Erfolge weist die von der Landesregierung Anfang des Jahres eingerich- tete „U3-Ausbau-Task-Force“ vor? Die Task Force wurde am 1. Februar 2012 der Öffentlichkeit vorgestellt. Seitdem haben sich über 400 Personen, Einrichtungen und Behörden bei der Task Force gemeldet. Die Arbeit der Task Force besteht darin, Ansprechpartner für alle Probleme zu sein, die im Kontext des U3-Ausbaus bestehen. Neben der Beschaffung und Weitergabe von Informationen geht es LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/569 3 insbesondere auch darum, bei Problemen das Gespräch mit allen Beteiligten zu führen, um nach konkreten Lösungen für einzelne Problemlagen zu suchen. Die Task Force trägt dazu bei, dass Ausbauhemmnisse beseitigt werden, und dokumentiert damit ihre außerordentlich ertragreiche Arbeit. Schon jetzt konnte bei über 80 % aller Anfragen geholfen werden. Die Task Force führt zudem Gespräche mit den Jugendämtern vor Ort, um diese bei ihrer Arbeit beim U3-Ausbau zu unterstützen.