LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/570 10.08.2012 Datum des Originals: 10.08.2012/Ausgegeben: 15.08.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 113 vom 10. Juli 2012 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/212 Bauaufsicht und Brandgefahr bei Windrädern – Was tut die Landesregierung für die Kommunen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 113 mit Schreiben vom 10. August 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft , Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die von der Landesregierung gestartete „Aufholjagd bei der Windenergie“ hat die Rahmenbedingungen für den Bau von Windenergieanlagen grundlegend verändert. Mit dem neuen „Windenergieerlass“ wurden Höhenbeschränkungen für Windkraftanlagen aufgehoben, der Mindestabstand zur Wohnbebauung verkürzt und neue Flächen für den Bau von Windkraftanlagen definiert, so dass nun auch der Bau von Windenergieanlagen in Waldgebieten möglich ist. Gleichzeitig wurden in der Vergangenheit immer wieder Brände von Windrädern gemeldet, zuletzt war am 07.07.2012 in Beckum der Generator eines Windrades in einer Höhe von 70 Metern in Brand geraten. Die gerufenen Feuerwehrkräfte konnten den Brand nicht löschen , weil es – so ein Sprecher gegenüber dem Westfalen Blatt – keine Feuerwehr im Kreis Warendorf gebe, die in einer solchen Höhe löschen könne, da weder entsprechend lange Leitern vorhanden seien, noch ein ausreichender Wasserdruck erzeugt werden könne (Westfalen Blatt vom 09.07.2012, Seite 3). Nicht nur die Feuerwehren im Kreis Warendorf sind bei Bränden von Windenergieanlagen großen Herausforderungen ausgesetzt. Der Deutsche Feuerwehrverband empfiehlt in seiner Fachempfehlung Nr. 1 vom 7. März 2008 zu Einsatzstrategien an Windenergieanlagen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/570 2 Löschversuche nur zu unternehmen, wenn sich der Brand im Turmfuß oder Übergabehäuschen einer Windenergieanlage befände. Ansonsten sei „das kontrollierte Abrennen lassen indiziert“, wobei um das Brandobjekt ein Sicherheitsabstand von 500m, in Windrichtung auch mehr, einzuhalten sei. Letztere Empfehlung dient dem Schutz vor herabfallenden Trümmerteilen, aber auch vor möglicherweise freigesetzten Flüssigkeiten wie Hydraulik- oder Getriebeöl und Kühlflüssigkeit , die in einer Windenergieanlage verwendet werden. Der vom Deutschen Feuerwehrverband empfohlene Sicherheitsabstand von 500m beim kontrollierten Abbrennen lassen einer Windenergieanlage stammt allerdings aus dem Jahr 2008. Aufgrund der WindenergieOffensive des Landes ist ausdrücklich gewollt, dass in Zukunft Windkraftanlagen in erheblich größerer Dimension vorkommen werden. Dieses dürfte ein größeres Gefahrenpotential darstellen , dem alle Beteiligten in Land und Kommunen Rechnung tragen müssen. 1. Kann die Landesregierung mit Sicherheit aussagen, dass die kommunalen Feuerwehren in allen Teilräumen Nordrhein-Westfalens personell und infrastrukturell dazu in der Lage sind, brennende Windenergieanlagen in Waldgebieten oder in Siedlungsnähe ohne nennenswerte Schädigung von Flora, Fauna und Menschenleben unter Kontrolle zu bringen (ja oder nein)? Eine nennenswerte Schädigung von Menschen, Tieren oder der Umwelt ist - soweit planbar - ausgeschlossen. Brände an Windenergieanlagen stellen individuelle Anforderungen an die Einsatzkräfte. Hier gelten besondere Einsatzregeln im Hinblick auf Taktik und Eigenschutz. Höchste Priorität haben dabei der Schutz von Menschenleben, Fauna und Flora. Im Hinblick auf mögliche Gefährdungen für Einsatzkräfte wird die Aus- und Fortbildung auf kommunaler Ebene und am Institut der Feuerwehr Nordrhein-Westfalen in Münster laufend angepasst. Die ständige Gefährdungsbeurteilung findet – wie bei allen bekannten oder neuartigen Gefahren an Einsatzstellen – ihren Niederschlag in Handlungs- und Ausrüstungshinweisen und aktualisierten Taktikregeln. 2. Welche Gefahrenpotenziale sieht die Landesregierung hinsichtlich möglicher (Flächen-)Brände durch Windenergieanlagen in Waldgebieten oder in Siedlungsnähe vor dem Hintergrund ihrer Neuregelungen im Windenergie-Erlass 2011? Windenergieanlagen mit einer Höhe von mehr als 30 m sind Sonderbauten gem. § 68 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BauO NRW, für die ein Brandschutzkonzept zu erstellen ist. Es ist mit den Bauvorlagen bei der Genehmigungsbehörde einzureichen (§ 69 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW). Das Brandschutzkonzept hat dabei besondere Risiko- und Standortfaktoren zu berücksichtigen und die erforderlichen vorbeugenden Brandschutzmaßnahmen festzulegen. Der Windenergieerlass 2011 weist aufgrund einer möglichen Inanspruchnahme des Waldes als Standort für Windenergieanlagen in Nr. 5.2.3.2 auch auf die spezifischen Erfordernisse des präventiven Brandschutzes bei Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen im Wald oder in Waldesnähe hin. Weitere Ausführungen zu brandschutztechnischen Vorkehrungen enthält Nr. III.10 des Leitfadens „Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen auf Waldflächen in Nordrhein-Westfalen“. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/570 3 3. Welche konkreten Vorgaben und Leitlinien, zum Beispiel eine durch die Windkraft-Offensive der rot-grünen Landesregierung veranlasste Novellierung bauordnungsrechtlicher Vorschriften, wird die Landesregierung den kommunalen Bauaufsichtsämtern hinsichtlich der Ausweisung von WindenergieStandorten in Waldgebieten und in der Nähe von Siedlungsbereichen gemäß Windenergie-Erlass 2011 erteilen? Siehe auch Antwort zu Frage 2. Weitergehende Regelungen oder Hinweise sind aus bauordnungsrechtlicher Sicht nicht erforderlich. Die bauplanungsrechtliche Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung unterliegt der kommunalen Planungshoheit. 4. Mit welchen konkreten Maßnahmen wird die Landesregierung den kommunalen Feuerwehren dabei helfen, den gestiegenen Anforderungen an den Brandschutz und die Gefahrenabwehr durch den Windenergie-Erlass 2011 gerecht zu werden? Die Annahme, dass durch den Windenergieerlass 2011 Anforderungen an den (präventiven) Brandschutz gestiegen seien, ist nicht nachvollziehbar. Aufgabe des präventiven Brandschutzes ist es, den in jeder baulichen Anlage vorhandenen Gefahrenpotenzialen angemessen zu begegnen. Den Inhalt der Annahme hinsichtlich einer möglichen Überforderung der kommunalen Feuerwehren macht sich die Landesregierung nicht zu Eigen. Die Novellierung des Erlasses bedingt keine steigenden Anforderungen an die Gefahrenabwehr oder die Brandschutzinfrastruktur. Eine offizielle Statistik zu Brandfällen an Windenergieanlagen wird nicht geführt. Nach Aussagen in Fachpublikationen kommt es bei über 21.000 Windenergieanlagen bundesweit im Jahr zu sechs bis acht Brandfällen, dies sind ca. 0,3 Promille des gesamten Anlagenbestandes. Eine signifikante Erhöhung der Gefährdung ist auch in Anbetracht dieser Zahlen nicht erkennbar. 5. Inwieweit beabsichtigt die Landesregierung, die Kommunen hinsichtlich der gestiegenen Anforderungen durch den Windenergie-Erlass 2011 beim Erwerb und beim Ausbau ihrer Brandschutz-Infrastruktur finanziell zu unterstützen? Siehe auch Antwort zu Frage 4. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Antworten und bei dem guten Ausbildungs- und Ausrüstungsstand der Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen sieht die Landesregierung keinen Handlungsbedarf zur Ausstattung mit zusätzlicher Ausrüstung oder zu einer veränderten Brandschutzinfrastruktur.