LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/573 13.08.2012 Datum des Originals: 10.08.2012/Ausgegeben: 16.08.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 124 vom 12. Juli 2012 des Abgeordneten Peter Biesenbach CDU Drucksache 16/241 Lukratives Geschäft der Kommunen mit Adresshandel nach bisherigem Meldegesetz? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 124 mit Schreiben vom 10. August 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Aachener Nachrichten berichten in ihrer Ausgabe vom 10.Juli 2012 vom Adresshandel der Städte Aachen und Düren nach dem bislang geltenden Meldegesetz. Nach der noch geltenden Gesetzeslage geben die Meldeämter Auskunft über die Anschrift, sofern die Anfrage Vor- und Nachname und eine weitere Information enthalte. Nicht entscheidend sei es, ob es sich um eine private oder eine kommerzielle Anfrage handelt. Nach dem Pressebericht berechnen die Einwohnermeldeämter in Aachen für jede angefragte Adresse sechs Euro, die Ämter in Düren sieben Euro. 100.000 Anfragen erreichten die Einwohnermeldeämter in Aachen, in Düren seien es rund 20.000 gebührenpflichtige Melderegisteranfragen . Insgesamt mache dies für die Stadt Aachen ein Gewinn von knapp 600.000 Euro, für die Stadt Düren von rund 100.000 Euro pro Jahr. In seiner Pressmitteilung vom 9. Juli 2012 zum neuen Meldegesetz des Bundes erklärt der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger, dass dadurch dem Handel mit privaten Daten der Bürgerinnen und Bürger Tür und Tor geöffnet werde. Das bisher geltende Meldegesetz in Nordrhein-Westfalen sehe vor, dass die Bürgerinnen und Bürger der Weitergabe von Daten an den Adresshandel ausdrücklich zustimmen müssten Nach Auskunft des Aachener Presseamtes sind bei der bisherigen gesetzlichen Regelung nach dem nordrhein-westfälischen Meldegesetz aber 30 Prozent der jährlichen 100.000 Anfragen solche von kommerziellen Adresshändlern. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/573 2 1. In welcher Höhe fallen Verwaltungsgebühren für eine Melderegisteranfrage in jeder einzelnen Kommunen in Nordrhein-Westfalen an? Nach § 2 Abs. 1 Gebührengesetz NRW (GebG NRW) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Allgemeine Verwaltungsgebührenordnung Tarifstelle 5.1.1 und 5.1.1.1 beträgt die Gebühr 7,00 EUR für eine einfache Melderegisterauskunft (§ 34 Abs. 1 Meldegesetz NRW - MG NRW -) und 4,00 EUR, wenn diese durch Abruf über Internet erteilt wird (§ 34 Abs. 1b MG NRW). Die Gemeinden können nach § 2 Abs. 3 GebG NRW abweichende Gebührensätze durch eigene Gebührenordnungen (Satzungen) erlassen. Eine landesweite Übersicht, inwieweit die Gemeinden von diesem Recht Gebrauch gemacht haben, liegt nicht vor. Die Erstellung einer solchen Übersicht würde der verwaltungsaufwändigen Abfrage bei den Gemeinden bedürfen . 2. Wie hoch sind die Einnahmen aus Verwaltungsgebühren für Melderegisteranfragen in jeder einzelnen Kommune in Nordrhein-Westfalen? Eine landesweite Übersicht über die Höhe der Einnahmen aus Verwaltungsgebühren für Melderegisteranfragen in jeder einzelnen Kommune wird nicht geführt. Die Erstellung einer solchen Übersicht würde der verwaltungsaufwändigen Abfrage bei den Gemeinden bedürfen . Eine solche Abfrage wäre allerdings auch nicht zielführend, weil in sehr vielen Kommunen die Einnahmen nicht explizit ausgewiesen werden. Für die in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage genannten Städte gilt Folgendes: Die Stadt Aachen hat mitgeteilt, dass weder in dem benutzten Fachverfahren noch bei der Verbuchung der Einnahmen der Grund "Melderegisterauskunft" statistisch erhoben wird. Die Einnahmen auf Grund der Erteilung von Melderegisterauskünften werden auf ca. 210.000 EUR für das Jahr 2011 geschätzt. Das Gebührenaufkommen der Stadt Düren im Jahre 2011 für die Erteilung einfacher Melderegisterauskünfte beträgt 129.639 EUR. 3. Wie hoch ist der Anteil an kommerziellen Melderegisteranfragen in den jeweiligen Kommunen? Eine landesweite Übersicht über den Anteil kommerzieller Melderegisteranfragen in den jeweiligen Kommunen wird nicht geführt. Die Erstellung einer solchen Übersicht würde der verwaltungsaufwändigen Abfrage bei den Gemeinden bedürfen. Eine solche Abfrage wäre allerdings auch nicht zielführend, weil in sehr vielen Kommunen keine Statistiken geführt werden. Die Stadt Aachen hat mitgeteilt, dass weder in dem benutzten Fachverfahren noch bei der Verbuchung der Einnahmen der Grund "Melderegisterauskunft" statistisch ausgewertet wird. Nach Schätzung der Meldebehörde der Stadt Aachen erfolgen etwa 100.000 einfache Melderegisterauskünfte durch öffentliche und private Stellen. Hiervon entfallen etwa 30 %, also 30.000, auf private Anfragen. Die Meldebehörde der Stadt Aachen geht davon aus, dass keine der Melderegisterauskünfte dem gewerblichen Adresshandel für Werbezwecke diente. Die Stadt Düren schätzt die Zahl der einfachen Melderegisterauskünfte über den Postweg für 2011 auf 12.000 und hat zusätzlich weitere 8.821 Auskünfte über ihr Online-System EMRA LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/573 3 und über das Meldeportal von d-NRW erteilt. Der Anteil der Melderegisterauskünfte für den gewerblichen Adresshandel kann nicht bestimmt werden. Es sind dort keine Fälle bekannt, in denen ausdrücklich aus dem Auskunftsersuchen hervor ging, dass die anfragende Person oder Firma die Daten zum Zwecke des Adresshandels nutzt. 4. Wie ist die Aussage des Aachener Presseamtes, dass bereits heute 30% der Melderegisteranfragen von kommerziellen Adresshändlern stammen, vereinbar mit der Aussage des Innenministers, dass erst durch das neue Meldegesetz des Bundes der Weitergabe von Daten an Adresshändlern „Tür und Tor geöffnet“ werde? Mit Erlass vom 24. Juli 2008 hatte ich die Meldebehörden in Nordrhein-Westfalen darauf hingewiesen, dass die Erteilung der Melderegisterauskunft nach § 34 Abs. 1 MG NRW im Ermessen der Meldebehörde steht. Bei der Ausübung dieses Ermessens hat die Behörde zu berücksichtigen, dass schutzwürdige Interessen des Betroffen nicht entgegenstehen (§ 7 MG NRW; § 6 Melderechtsrahmengesetz - MRRG -). Bei anfragenden Adressenvermittlern, Auskunfteien etc. könnte dies gegeben sein, wenn diese die übermittelten Daten nicht nur für den benötigten Zweck, z.B. Aktualisierung einer Anschrift, verwenden, sondern zusätzlich in einer eigenen Datenbank speichern und Auskünfte an Dritte erteilen. Vor diesem Hintergrund hatte ich bereits mit Erlass vom 04. Juli 2008 gefordert, bei Auskunftsersuchen von gewerbsmäßigen Adressenhändlern eine Erklärung einzuholen. Hiernach ist von der anfragenden Firma zu erklären, dass diese die übermittelten Daten nur an ihren Auftraggeber weiter gibt und dass die Daten von beiden Stellen nur begrenzte Zeit gespeichert werden. Kommerzielle Adresshändler sind nach dem ausdrücklich bestätigten Verständnis der Stadt Aachen diejenigen, die meinem Erlass vom 24. Juli 2008 zugrunde liegen. Die Stadt Aachen versichert, dass durch die genannte zusätzliche Erklärung die Rechte der Betroffenen grundsätzlich gewährleistet sind. Die Meldebehörde Aachen folgt somit meiner mit Erlass ergangenen Weisung. Der vom Bundestag beschlossene Bundesmeldegesetz-Entwurf (BMG-E) enthält in § 8 BMG-E eine dem § 6 MRRG bzw. dem § 7 MG NRW entsprechende Regelung zu den schutzwürdigen Interessen des Betroffenen. Der angestrebte Schutz wird jedoch durch die neu aufgenommene spezielle Regelung in § 44 Abs. 4 Nummer 2 BMG-E für Fälle der Bestätigung oder Berichtigung von vorhandenen Daten relativiert. Ich sehe insofern meine Auffassung bestätigt, dass durch die Regelungen des vom Bundestag verabschiedeten Bundesmeldegesetzes-Entwurf der bisher in Nordrhein-Westfalen geltende Schutz der Meldedaten der Bürgerinnen und Bürger aufgeweicht wird. 5. Wie beurteilt es die Landesregierung, dass 30% der Auskünfte in Aachen für Adresshändler bestimmt seien, vor dem Hintergrund, dass, nach der Aussage des nordrhein-westfälischen Innenministers Ralf Jäger, das nordrheinwestfälische Meldegesetz ausdrücklich die Einwilligung der Bürgerinnen und Bürger für die Weitergabe an kommerzielle Adresshändler vorsieht? Wie bereits in der Antwort zu Frage 3 ausgeführt, schätzt die Stadt Aachen den Anteil der privaten Anfragen auf ca. 30 %. Ferner geht die Meldebehörde der Stadt Aachen davon aus, LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/573 4 dass keine der Melderegisterauskünfte dem gewerblichen Adresshandel für Werbezwecke diente. Die nach § 35 Abs. 4 MG NRW notwendige Einwilligung für Melderegisterauskünfte an Adressbuchverlage zum Zwecke der Veröffentlichung in gedruckten Adressbüchern wird vom Meldeamt Aachen als sog. Übermittlungssperre automatisch gesetzt. Auf die Ausführungen in der Antwort zu der Frage 4 verweise ich im Übrigen.